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Die Herrschaft der Orks

Die Herrschaft der Orks

Titel: Die Herrschaft der Orks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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tanzt und hurt, solange ihr noch könnt! Wenn es erst zu spät ist, werdet ihr …«
    »Genug damit!« Jemand warf einen leeren Tonkrug in Richtung des Predigers. Der Mann mit der Kapuze wich jedoch aus, und so prallte das Geschoss gegen die Ummauerung des Brunnens und zersprang mit dumpfem Klirren.
    »In den Brunnen mit dem verdammten Schwätzer! Stopft ihm das Maul!« Empörtes Geschrei brandete auf, und von allen Seiten drangen die Leute auf den Alten ein, ganz offenbar gewillt, seiner Rede ein Ende zu setzen, indem sie ihn kurzerhand in den Brunnenschacht stießen.
    Der Prediger hob beschwichtigend die Arme und wollte erneut seine Stimme erheben, aber die wütende Menge ließ ihn gar nicht mehr zu Wort kommen und übertönte ihn mit ihrem Geschrei. Schon versuchten die ersten, Hand an ihn zu legen, und angesichts der erdrückenden Übermacht, der sich der Alte ausgesetzt sah, war ziemlich eindeutig, wie die Sache ausgehen würde.
    »Du, Rammar«, meinte Balbok entrüstet.
    » Korr , ich weiß.« Rammar verdrehte die Augen. »Der alte Knacker redet zwar Blödsinn, aber er hat mehr Mumm in den Knochen als das ganze übrige Pack zusammen. Wenn er ein Ork wäre, würde ich ihm vielleicht sogar helfen. Aber was geht uns der Streit der Menschen an? Sollen wir vielleicht …?«
    Er verstummte, als am Brunnen plötzlich Tumult ausbrach. Eben noch hatte der Prediger dort gestanden und versucht, sich seiner Haut so gut wie möglich zu erwehren. Dann, von einem Augenblick zum anderen, war er plötzlich verschwunden. Natürlich hatte Rammar angenommen, dass der Mann in den Brunnen gestürzt wäre und der Vorfall damit erledigt sei, aber das schien nicht der Fall zu sein, denn die Leute brüllten aufgeregt durcheinander.
    »Wo ist er hin?«, kreischte eine Frau.
    »Er ist verschwunden!« schrie eine andere.
    »Nur noch sein Mantel ist übrig geblieben!«
    »Das ist Zauberei! Zauberei …!«
    Rammar machte ein Gesicht, als hätte er einen faustgroßen Stein verschluckt. Er erinnerte sich an den Blick, mit dem der Prediger ihn bedacht hatte, und verspürte ganz plötzlich das dringende Bedürfnis, sich zu verabschieden.
    »Los, weiter«, forderte er seine Gefährten auf, und sie setzten ihren Weg fort, überquerten den Platz und verschwanden auf dessen gegenüberliegender Seite in einer Nebengasse.
    Und weder die beiden Orks noch ihr menschlicher Begleiter nahmen die alte und doch in keiner Weise gebrechliche Gestalt wahr, die oben auf dem Dach stand und sie beobachtete.

16.
    UOCHG UR’RICHG
    Wie lange sie durch Straßen und Gassen gegangen waren, wusste Rammar später nicht mehr zu sagen. Die Füße taten ihm weh, seine kurzen Beine schmerzten von dem Gewicht, das sie zu tragen hatten. Und als wäre das noch nicht schlimm genug, entluden sich die Wolken, die sich schon den ganzen Tag über der Stadt zusammengezogen und mit dem Rauch zu einer teerigen dunklen Masse verbunden hatten, in einem heftigen Regen, der die Orks und ihren menschlichen Begleiter unerbittlich durchnässte.
    In den grauen Schleiern sahen die Fassaden Tirgaslans noch trister aus. Überall plätscherte und troff es von den Dächern. Die wenigen Menschen, die sich noch in den Straßen aufhielten, warfen ihre Kapuzen über, sodass allenthalben vermummte Gestalten anzutreffen waren, die dicht an den Hauswänden entlangschlichen oder in die Nischen drängten. Und die Rinnsale, die sich in den Gossen sammelten und mitunter den Umfang kleiner Bäche annahmen, trugen haufenweise Schmutz und Unrat heran, von fauligen Essensresten und Exkrementen bis hin zu toten Ratten und anderem Getier, von dem es in der Stadt eine Menge zu geben schien.
    »Weißt du, Mensch«, konnte sich Rammar eine bissige Bemerkung nicht verkneifen, »so ganz unrecht hatte der Prediger nicht. Hier sieht’s aus wie in einem Schweinestall. Ist das die Zivilisation, auf die ihr euch so viel einbildet?«
    »Korr« , stimmte Balbok zu, der hinter ihm ging. »Als wir das letzte Mal hier waren, sah’s irgendwie anders aus. Wohin man auch blickt, sieht man nichts als Dreck und Schlamm und Unordnung.«
    »Dann müsste es euch doch gefallen«, stichelte Dag zurück.
    »Willst du uns vershnorshen?« Rammar und sein Bruder wechselten einen entrüsteten Blick. »Irgendwo in der Modermark oder auf einer einsamen Insel in einer modrigen Höhle zu sitzen und sich seines Lebens zu freuen, ist eine Sache – das hier ist etwas völlig anderes. Deinesgleichen ist nicht dafür gemacht, so zu leben, Mensch.

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