Die Herrschaft Der Seanchane
würde.«
»Sie wird verraten, was ich ihr befehle«, sagte Cadsuane grimmig. »Haltet sie noch bis morgen fest, bis zum späten Nachmittag.« Harine durfte keinen Augenblick lang auf die Idee kommen, dass man ihre Forderungen erfüllte. Das Meervolk war nur ein weiteres Werkzeug, das man bei dem Jungen benutzen musste, nichts weiter. Alles und jeder musste von diesem Standpunkt aus betrachtet werden.
Abseits von Verin schlüpfte Corele in das Sonnengemach und schloss die Tür leise hinter sich, als hoffte sie, niemanden zu stören. Das war nicht ihre Art. Jungenhaft schlank und mit buschigen schwarzen Augenbrauen und einem Schöpf glänzenden schwarzen Haars versehen, das ihr den Rücken hinunterflutete und ihr ein wildes Aussehen verlieh, unabhängig davon, wie ordentlich ihre Kleidung auch war, hätte es eigentlich dem Naturell der Gelben entsprochen, lachend in einen Raum hineinzustürmen. Sie rieb sich die Nasenspitze und sah Cadsuane zögernd an und ihre blauen Augen ließen das gewöhnliche Funkeln vermissen.
Cadsuane winkte sie entschieden heran, und Corele holte tief Luft und rauschte über die Teppiche, wobei sie ihre blauen, gelb gestreiften Röcke mit beiden Händen anhob. Sie warf den Schwestern, die sich am anderen Ende des Raums um Sorilea scharten, und Daigian und Eben, die am entgegengesetzten Ende das Fadenspiel spielten, einen schnellen Blick zu und sprach dann mit leiser Stimme, aus der der trällernde Akzent Murandys zum Vorschein trat.
»Ich habe wunderbare Neuigkeiten, Cadsuane.« Sie klang, als wäre sie sich nicht sicher, wie wunderbar sie tatsächlich waren. »Ich weiß, Ihr habt mir befohlen, Damer hier im Palast beschäftigt zu halten, aber er bestand darauf, sich die Schwestern anzusehen, die sich noch immer im Aiel-Lager aufhalten. So freundlich er auch ist, kann er doch sehr beharrlich sein, wenn er es darauf anlegt, und so sicher, wie die Sonne aufgeht, gibt es nichts, das nicht geheilt werden kann. Und, nun ja, wie dem auch sei, er ist gegangen und hat Irgain geheilt. Cadsuane, es ist, als wäre sie niemals...« Sie verstummte, unfähig, das Wort auszusprechen. Trotzdem stand es im Raum. Gedämpft.
»Wunderbare Neuigkeiten«, sagte Cadsuane tonlos. Das waren sie auch. Tief in ihrem Inneren trug jede Schwester die Furcht mit sich herum, man könnte sie von der Macht abschneiden. Und jetzt war eine Möglichkeit gefunden worden, das zu heilen, was man nicht heilen konnte. Von einem Mann. Bevor dies seinen Abschluss gefunden hatte, würde es Tränen und Beschuldigungen geben. Aber davon einmal abgesehen würde jede Schwester, die davon hörte, es als eine weltbewegende Entdeckung betrachten - in mehr als nur einer Weise: ein Mann! -, aber verglichen mit Rand al'Thor war es nur ein Sturm in einer Teetasse. »Ich nehme an, sie bietet an, sich wie die anderen auch auspeitschen zu lassen?«
»Das braucht sie nicht«, sagte Verin gedankenverloren. Sie betrachtete stirnrunzelnd einen Tintenfleck auf ihrem Finger, schien aber etwas zu untersuchen, das sich jenseits davon befand. »Die Weisen Frauen haben offensichtlich entschieden, dass Rand Irgain und die anderen beiden ausreichend bestraft hat, als er... tat, was er tat. Während sie die anderen wie wertlose Tiere behandelten, haben sie darum gekämpft, diese drei am Leben zu erhalten. Wie ich hörte, wurde davon gesprochen, für Ronaille einen Ehemann zu finden.«
»Irgain weiß über die Eide Bescheid, die die anderen geschworen haben.« Corele klang erstaunt. »Als Damer mit ihr fertig war, fing sie schluchzend an, den Verlust ihrer Behüter zu beklagen, doch auch sie ist zu dem Eid bereit. Aber die Sache ist die: Damer will es auch bei Sashalle und Ronaille versuchen.« Überraschenderweise nahm sie fast trotzig die Schultern zurück. Sie war immer so arrogant wie die meisten Gelben gewesen, aber sie hatte stets genau gewusst, welche Stellung sie bei Cadsuane einnahm. »Cadsuane, ich kann nicht zusehen, wie eine Schwester in diesem Zustand verbleibt, wenn es einen Ausweg gibt. Ich möchte es Damer versuchen lassen.«
»Natürlich, Corele.« Anscheinend war etwas von Damers Beharrlichkeit auf sie abgefärbt. Cadsuane war bereit, es durchgehen zu lassen, solange es nicht zu weit ging. An dem Tag, an dem sie von den seltsamen Vorgängen in Schienar erfuhr, hatte sie damit angefangen, Schwestern um sich zu scharen, denen sie vertraute, jene, die sie begleiteten und andere - ihre Augen-und-Ohren, die jahrelang Siuan Sanche und Moiraine
Weitere Kostenlose Bücher