Die Herrschaft Der Seanchane
versucht.« Nach all diesen Jahren war der tarabonische Akzent noch immer sehr stark, aber sie trug ihr dunkles Haar streng aus ihrem Gesicht zurückgekämmt. Cadsuane vertraute ihr womöglich mehr als all den anderen. »Was machen wir jetzt, Cadsuane?«
Sorilea starrte die auf dem Bett ausgestreckt liegende Frau ausdruckslos an, sie presste lediglich die Lippen aufeinander. Cadsuane fragte sich, ob sie ihre Allianz noch einmal überdachte. Auch Verin starrte Alanna an und sie sah völlig entsetzt aus. Cadsuane hätte niemals geglaubt, dass etwas Verin so sehr ängstigen könnte. Aber sie verspürte selbst einen Hauch des Entsetzens. Wenn sie jetzt die Verbindung zu dem Jungen verlor...
»Wir setzen uns und warten, dass sie aufwacht«, er klärte sie mit ruhiger Stimme. Es gab nichts, was sie sonst hätten tun können. Gar nichts.
»Wo ist er?«, knurrte Demandred und ballte hinter seinem Rücken die Fäuste. Er stand mit gespreizten Beinen da und war sich bewusst, dass er den Raum dominierte. Das tat er immer. Trotzdem wünschte er sich, Semirhage oder Mesaana waren hier. Ihr Bündnis war zerbrechlich - die simple Übereinkunft, dass sie sich nicht gegeneinander wandten, bis die anderen ausgeschaltet waren -, aber es hatte die ganze Zeit gehalten. Zusammen hatten sie einen Gegner nach dem anderen aus dem Gleichgewicht gebracht und manche in den Tod oder Schlimmeres geschickt. Aber für Semirhage war es sehr schwierig, zu diesen Treffen zu kommen, und Mesaana war in der letzten Zeit sehr zurückhaltend gewesen. Falls sie daran dachte, dieses Bündnis zu beenden... »Seit diese blinden Narren - diese Idioten! - in Cairhien versagt haben, wurde al'Thor in fünf Städten gesehen, einschließlich diesem verfluchten Ort in der Wüste, sowie in einem Dutzend Dörfer. Und das besagen nur die Berichte, die uns zur Verfügung stehen! Der Große Herr allein weiß, was sonst noch auf einem Pferd, einem Schaf oder was diese Wilden sonst zur Beförderung einer Botschaft finden, angekrochen kommt.«
Graendal hatte die Umgebung ausgesucht, da sie als Erste eingetroffen war, und sie irritierte ihn. Bildwände verliehen dem Holzboden den Anschein, von einem Wald voller mit leuchtenden Blüten bewachsener Kletterpflanzen und farbenprächtiger Vögel umgeben zu sein. Die Luft war voll süßem Duft und lieblichem Vogelgezwitscher. Allein der Torbogen verdarb die Illusion. Warum diese Erinnerung an etwas, das verloren war? Außerhalb dieses Ortes in der Nähe von Shayol Ghul konnten sie genauso wenig Schocklanzen oder Shoflügel herstellen, wie sie Bildwände errichten konnten. Und soweit er sich erinnerte, hatte sie alles verabscheut, was mit der Natur zu tun hatte.
Osan'gar runzelte über die ›Idioten‹ und ›blinden Narren‹ die Stirn, was nun wirklich sein Problem war, glättete das unscheinbare, faltige Gesicht, das so wenig Ähnlichkeit mit dem hatte, mit dem er geboren worden war, aber schnell wieder. Egal mit welchem Namen man ihn rief, er hatte immer gewusst, wen er herausfordern konnte und wen nicht. »Eine Sache des Zufalls«, sagte er ruhig, obwohl er anfing, seine Hände zu ringen. Eine alte Gewohnheit. Gekleidet wie ein Herrscher dieses Zeitalters trug er einen Mantel, der so mit goldenen Stickereien übersät war, dass der rote Stoff darunter fast völlig verborgen wurde, und die Stiefel waren mit goldenen Troddeln besetzt. An Hals und Handgelenken bauschte sich genug Spitze, um ein Kind einzukleiden. Der Mann hatte nie begriffen, was man unter Exzess verstand. Wären seine besonderen Fähigkeiten nicht gewesen, wäre er niemals zu einem der Auserwählten geworden. Er bemerkte, was seine Hände taten, riss das hohe CuendiUar-Weinglas von dem runden Tisch neben seinem Stuhl und atmete das Aroma des dunklen Weins tief ein. »Einfache Wahrscheinlichkeitsrechnung«, murmelte er und versuchte beiläufig zu klingen. »Das nächste Mal wird er getötet oder gefangen genommen. Der Zufall kann ihn nicht immer beschützen.«
»Ihr wollt Euch auf den Zufall verlassen?« Aran'gar lag auf einem langen Stuhl, der an ein Sofa erinnerte. Sie schenkte Osan'gar ein rauchiges Lächeln und zog das Bein mit dem nackten Fuß langsam an, bis der Schlitz in ihrem hellroten Rock es bis zur Hüfte entblößte. Jeder Atemzug drohte sie von dem roten Satin zu befreien, der ihre vollen Brüste nur mühsam bändigte. Seit ihrer Verwandlung in eine Frau hatte sich ihr ganzes Gehabe verändert, aber das erstreckte sich nicht auf den Kern
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