Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Herrschaft Der Seanchane

Die Herrschaft Der Seanchane

Titel: Die Herrschaft Der Seanchane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
Vom Netzwerk:
dessen, was in einen weiblichen Körper gepflanzt worden war. Demandred verachtete keineswegs fleischliche Genüsse, aber eines Tages würden ihre Begierden ihr noch den Tod bringen. Wie es bereits schon einmal geschehen war. Nicht, dass er sie betrauern würde, wenn es das nächste Mal endgültig war. »Ihr wart dafür verantwortlich, ihn im Auge zu behalten, Osan'gar«, fuhr sie fort und ihre Stimme liebkoste jede Silbe. »Ihr und Demandred.« Osan'gar zuckte zusammen und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Aran'gar lachte kehlig. »Mein Schützling ist...« Sie drückte den Daumen auf den Stuhlrand, als würde sie etwas festhalten, und lachte erneut.
    »Ich glaube, Ihr solltet etwas besorgter sein, Aran'gar«, murmelte Graendal in ihren Wein. Sie verbarg ihre Verachtung genauso überzeugend wie der beinahe durchsichtige silbrige Nebel ihres Gewandes aus Streith ihre üppigen Kurven. »Ihr und Osan'gar und Demandred. Und Moridin, wer auch immer er ist. Vielleicht solltet ihr al"Thors Erfolg genauso sehr fürchten wie sein Scheitern.«
    Lachend griff Aran'gar nach der Hand der stehenden Frau. Ihre grünen Augen funkelten. »Und vielleicht könntet Ihr mir ausführlicher erklären, was Ihr damit meint, wenn wir unter uns sind?«
    Graendals Gewand verwandelte sich in schwarzen, verbergenden Rauch. Sie riss sich mit einem heiseren Fluch los und trat von dem Stuhl zurück. Aran'gar... kicherte.
    »Was wollt Ihr damit sagen?«, rief Osan'gar schneidend aus und sprang von seinem Stuhl hoch. Sobald er stand, nahm er die Pose eines Schulmeisters ein und packte seine Revers, während sein Tonfall pedantisch wurde. »Meine liebe Graendal, erstens bezweifle ich, dass selbst ich eine Methode entwickeln könnte, Saidin vom Schatten des Großen Herrn zu befreien. Al'Thor ist ein Primitiver. Was er auch versucht, es wird sich letztlich als unzulänglich erweisen, und ich für meinen Teil kann nicht glauben, dass er eine Vorstellung hat, wie er überhaupt damit anfangen soll. Auf jeden Fall werden wir ihn schon bei dem Versuch aufhalten, weil es der Große Herr so will. Ich kann verstehen, dass man sich vor dem Missfallen des Großen Herrn fürchtet, falls wir irgendwie versagen, so unwahrscheinlich das auch sein mag, aber warum sollten die, die Ihr genannt habt, sich besonders fürchten?«
    »So blind und trocken wie immer«, murmelte Graendal. Mit der Rückkehr ihrer Fassung bestand das Gewand wieder aus klarem Nebel, der allerdings von Rot durchzogen wurde. Vielleicht war sie doch nicht so ruhig, wie sie vorgab. Vielleicht wollte sie auch nur die anderen glauben machen, dass sie irgendeine innere Unruhe unterdrückte. Abgesehen von dem Streith kam ihr gesamter Schmuck aus diesem Zeitalter, in ihrem goldenen Haar funkelten Feuertropfen, zwischen ihren Brüsten baumelte ein großer Rubin, an beiden Handgelenken klirrten verzierte goldene Armreifen. Und da war noch etwas Seltsames - Demandred fragte sich, ob es wohl auch einem der anderen aufgefallen war. An dem kleinen Finger ihrer linken Hand steckte ein einfacher Goldring. Einfach war ein Begriff, der niemals in einem Atemzug mit Graendal fiel. »Wenn der junge Mann irgendwie den Schatten entfernt, nun... Ihr, die ihr Saidin lenkt, werdet dann nicht länger den besonderen Schutz des Großen Herrn benötigen. Ob er dann wohl noch eurer... Loyalität... vertraut?« Lächelnd trank sie einen Schluck Wein.
    Osan'gar lächelte nicht. Sein Gesicht verlor jegliche Farbe und er rieb sich mit der Hand über den Mund. Aran'gar setzte sich auf den Stuhlrand; sie versuchte nicht länger sinnlich zu erscheinen. Die in ihrem Schoß liegenden Hände bildeten Krallen, und sie starrte Graendal an, als wollte sie ihr an die Kehle springen.
    Demandred entspannte die Fäuste. Endlich war es heraus. Er hatte gehofft, al'Thor tot - oder falls das scheiterte - als Gefangenen zu sehen, bevor dieser Verdacht sein hässliches Haupt erhob. Während des Krieges um die Macht waren mehr als ein dutzend Auserwählte dem Misstrauen des Großen Herrn zum Opfer gefallen.
    »Der Große Herr ist von euer aller Treue überzeugt«, verkündete Moridin und trat ein, als wäre er der Große Herr der Dunkelheit höchstpersönlich. Er hatte oft den Anschein erweckt, dies tatsächlich zu glauben, und der jungenhafte Gesichtsausdruck, den er in diesem Augenblick aufsetzte, änderte daran nichts. Trotz seiner Worte war dieses Gesicht ernst und das schmucklose Schwarz seiner Kleidung ließ seinen Namen - Tod -passend

Weitere Kostenlose Bücher