Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Herrschaft Der Seanchane

Die Herrschaft Der Seanchane

Titel: Die Herrschaft Der Seanchane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
Vom Netzwerk:
würden sterben, um sie zu beschützen. Sie würden sterben, wenn sie starb. Jeder Mann hatte sich freiwillig gemeldet, hatte darum gebeten, ihrer Leibwache beitreten zu dürfen. Als der grauhaarige Hauptmann Musenge den Schleier erblickte, kommandierte er nur zwei seiner Männer dazu ab, sie an Deck zu begleiten, wo zwei Dutzend Ogier-Gärtner in Rot und Grün sich zu beiden Seiten des Niedergangs mit erhobenen, quastengeschmückten Äxten aufbauten und mit grimmig blickenden Augen selbst hier nach Gefahren Ausschau hielten. Sie würden nicht sterben, wenn sie starb, aber sie hatten ebenfalls darum gebeten, in ihre Leibwache aufgenommen zu werden, und sie würde ihr Leben ohne nachzudenken jeder dieser großen Hände anvertrauen.
    Die gerippten Segel an den drei hohen Masten der Kidron wurden von dem kalten Wind aufgebauscht, der das Schiff dem voraus liegenden Land entgegentrieb, eine dunkle Küste, die nahe genug war, dass sie Berge und Landzungen erkennen konnte. Das Deck war voller Männer und Frauen. Die Angehörigen des Blutes trugen ihre besten Seidengewänder und ignorierten den Wind, der ihre Umhänge flattern ließ, genauso wie die barfüßigen Männer und Frauen der Besatzung, die zwischen ihnen umherhuschten. Einige der Adligen ignorierten die Besatzung etwas zu auffällig, als könnten sie das Schiff auf den Knien oder unter ständigen Verbeugungen führen. Als das Blut Tuons Schleier bemerkte, führten sie statt der Niederwerfung lediglich angedeutete Verbeugungen durch. Yuril, der Mann mit der scharf geschnittenen Nase, den alle für ihren Sekretär hielten, ließ sich auf ein Knie nieder. Natürlich war er tatsächlich ihr Sekretär, aber auch ihre Hand, die ihre Sucher kommandierte. Die Macura warf sich zu Boden und küsste die Decksplanken, bevor ein paar Worte Yurils sie wieder errötend aufstehen und ihre Röcke glätten ließ. Tuon hatte ihre Zweifel gehabt, sie in Tanchico in ihre Dienste aufzunehmen, aber die Frau hatte gebettelt wie eine Da'covale. Aus irgendeinem Grund hasste sie Aes Sedai bis aufs Blut, und trotz der Belohnungen, die sie für ihre außerordentlich wertvollen Informationen erhalten hatte, hoffte sie, ihnen noch mehr Schaden zuzufügen.
    Tuon neigte vor dem Blut den Kopf und stieg von den beiden Männern der Totenwache begleitet zum Achterdeck hoch. Der Wind machte es ihr schwer, den Umhang zu halten, und drückte ihr in dem einen Augenblick den Schleier gegen das Gesicht, um ihn im nächsten über ihren Kopf zu wirbeln. Es spielte keine Rolle; es reichte, dass sie ihn trug. Ihr persönliches Banner - zwei goldene, vor einen uralten Streitwagen angeschirrte Löwen - flatterte am Heck über den sechs Steuermännern, die mit dem langen Ruder kämpften. Man würde die Raben-und-Rosen in dem Augenblick entfernt haben, in dem der erste Matrose, der ihren Schleier entdeckt hatte, die Meldung weitergegeben hatte. Der Kapitän der Kidron, eine breite, wettergegerbte Frau mit weißem Haar und den unglaublichsten grünen Augen, verbeugte sich, als Tuon das Achterdeck betrat, und wandte ihre Aufmerksamkeit sofort wieder ihrem Schiff zu.
    Anath stand von Kopf bis Fuß in schwarze Seide gekleidet an der Reling, trotz des fehlenden Umhangs schien sie der kalte Wind nicht zu stören. Sie war eine schlanke Frau, die selbst für einen Mann groß gewesen wäre. Ihr holzkohleschwarzes Gesicht war wunderschön, aber ihre großen dunklen Augen erschienen so durchbohrend wie Ahlen. Tuons Soe'feia, ihre Wahrheitssprecherin, nach Neferis Tod von der Kaiserin ernannt, mochte sie ewig leben. Das war eine Überraschung gewesen, war doch Neferis Linke Hand ausgebildet und bereit, an ihre Stelle zu treten, aber wenn die Kaiserin vom Kristallthron sprach, war ihr Wort Gesetz. Man sollte sich nicht vor seiner Soe'feia fürchten, aber das tat Tuon, zumindest ein bisschen. Sie gesellte sich zu der Frau, ergriff die Reling und musste die Hände wieder lösen, bevor sie einen lackierten Nagel brach. Das hätte böses Unglück bedeutet.
    »So«, sagte Anath und das Wort bohrte sich wie ein Nagel in Tuons Schädel. Die große Frau sah stirnrunzelnd auf sie herab und in ihrer Stimme lag Verachtung. »Ihr verbergt - in gewisser Weise - Euer Gesicht und jetzt seid Ihr nur die Hochlady Tuon. Nur dass trotzdem jeder weiß, wer Ihr wirklich seid, selbst wenn sie es nicht erwähnen. Wie lange wollt Ihr diese Farce durchhalten?« Anaths volle Lippen verzogen sich höhnisch und sie machte mit einer schlanken Hand eine

Weitere Kostenlose Bücher