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Die Herzogin der Bloomsbury Street

Die Herzogin der Bloomsbury Street

Titel: Die Herzogin der Bloomsbury Street Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Hanff
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Emporkömmling John Adams als Botschafter am Hof von St. James empfangen musste. Voller Ehrfurcht steht man vor den Kontrasten – vor der
Tatsache,
dass der St. James’s Palace und das Clarence House im sozialistischen England so friedlich ihren Platz haben.
    Ich beschließe, das Wort Anachronismus nicht mehr zu benutzen, wenn eine Kutsche aus dem siebzehnten Jahrhundert durch die Tore des Buckingham Palace rollt und russische oder afrikanische Diplomaten des zwanzigsten Jahrhunderts zu einem Empfang bei der Königin bringt. »Anachronismus« bezieht sich auf etwas, das seit langem tot ist, und hier ist nichts tot. Die Geschichte, so könnte man sagen, erfreut sich bester Gesundheit und lebt in London.

Montag, 5 . Juli
    Heute Morgen rief Nikkis Barbara an; wir haben uns für Freitag zum Lunch verabredet. Ich habe ihr ein paar Fragen durchgegeben, die sie per Fernschreiben an Nikki schicken soll, und sie bringt mir die Antworten mit.
    Ich rief beim Büro von
Reader’s Digest
an, und die Frau am Telefon sagte, sie würden den Fan-Post-Artikel in der englischen Ausgabe bringen, aber er handle nur von der amerikanischen Fan-Post, ob ich keine englischen Fans hätte? Der Colonel und seinesgleichen – natürlich habe ich englische Fans! Ich erklärte, dass ich den Artikel geschrieben und verkauft hätte, bevor die englische Fan-Post eintraf, und sie fragte, ob es mir sehr viel ausmachen würde, ein oder zwei Seiten über die englische Fan-Post zu schreiben. In ein paar Tagen gehe die Sache in den Druck, sie müssten meine zusätzlichen Seiten morgen bekommen, wäre das möglich?
    Am liebsten hätte ich gesagt: »Gute Frau, das hier sind die ersten richtigen Ferien meines ganzen Lebens, und mir bleiben nur noch zehn Tage!« Doch dann schoss mir leider der Gedanke durch den Kopf, dass dies nicht die ersten richtigen Ferien meines Lebens wären, wenn
Reader’s Digest
sie mir nicht ermöglicht hätte, deshalb sagte ich, es sei mir ein Vergnügen.
    Werde mich zu André Deutsch bemühen und mir eine Schreibmaschine ausleihen.

Später
    Habe drei neue Seiten geschrieben und sie zum
Digest-
Büro am Berkeley Square gebracht und bin auf einem wunderbaren neuen Weg zurückgegangen: auf dem Stadtplan immer nach oben, bis zum Regent’s Park und noch weiter. Irgendwo auf dem Weg kam ich an umgebauten ehemaligen Stallungen vorbei mit einem Eingangstor, an dem für den Rest der Welt ein Schild hing. Es hatte die Aufschrift:
    ERREGUNG VON ÄRGERNIS VERBOTEN
    Je länger man auf diese Worte starrt, desto mehr decken sie ab. Vom Beschmutzen der Straße über Einbruch bis hin zur Invasion von Vietnam deckt sie alles ab.
    Als ich zurückkam, war an der Rezeption ein Brief für mich:
    Können Sie am Mittwoch Punkt zwölf Uhr hier sein, um zwei englische Herrenhäuser zu besichtigen?
    In Eile –
    P.B.
    Gerade rief Mary Scott an. Sie hatte mir letztes Frühjahr geschrieben, sie und ihr Mann seien aus Kalifornien und verbrächten jedes Frühjahr und jeden Sommer in London, und sie hatte mir angeboten, mit mir einen Spaziergang durch London zu machen. Jetzt erzählte sie mir, dass sie einen Monat lang Besuch gehabt habe, der gerade abgereist sei, und nun sei sie frei für den Spaziergang, und sie würde mich am Donnerstagmorgen abholen, und abends solle ich bei ihr zum Essen bleiben.
    Morgen Abend bin ich zum Essen bei dem englischen Paar eingeladen, das angerufen hatte, als ich in Stratford war, und am Donnerstag bei den Scotts, so dass ich mir vielleicht von dem Essensgeld, das ich spare, einen Besuch beim Friseur leisten werde.

Dienstag, 6 . Juli
    Habe mir meine Haare in einem kleinen Laden in der Regent’s-Park-Gegend, auf der Paddington Street, machen lassen, und die hübsche Friseuse fragte mich, ob ich aus den Staaten sei, und ich sagte Ja.
    »Wie finden Sie denn London?«, fragte sie. »Der Lärm und die vielen Menschen, macht Ihnen das nichts aus?«
    Was soll mir etwas ausmachen?
    Für eine Großstadt ist London unglaublich leise. Der Verkehr ist schlimmer als bei uns, weil die Straßen so eng sind, aber die Autos, die durch die Stadt fahren, sind ganz leise, und es gibt überhaupt keine Lastwagen, weil eine Bestimmung das verbietet. Sogar die Polizeisirenen sind leise. Die Krankenwagen haben Sirenen, die immer Bluuh- UUP , Bluuh- UUP machen, wie ein Walross, das unter Wasser weint.
    Und bisher habe ich noch nichts gesehen, selbst im Bus nicht, was ein New Yorker eine Menschenansammlung nennen würde.

Mitternacht
    Die

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