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Die Herzogin der Bloomsbury Street

Die Herzogin der Bloomsbury Street

Titel: Die Herzogin der Bloomsbury Street Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Hanff
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Leben in einem Wohnblock mit sechzehn Stockwerken, in dem Familien, Junggesellen, Karrierefrauen und ein neunzigjähriger Dorftrottel zusammenleben und das einen Portier hat, der die Namen und die Apartment-Nummer von jedem Einzelnen der siebenundzwanzig Hunde kennt, die in dem Haus wohnen. Ich bin es so leid zu hören, wie schrecklich es sein muss, in New York zu leben, und das von Leuten, die nicht dort leben.

Mittwoch, 7 . Juli
    P.B. ist mit mir zum Syon House gefahren, dem Familiensitz der unglückseligen Sippe jener Northumberlands, die Jane Grey zur Königin machen wollten und sich gegen Elizabeth auf die Seite von Maria Stuart geschlagen haben. Die Rosengärten übertrafen alles, was ich bis dahin gesehen hatte: ganze Felder mit Rosen in einem berauschenden Regenbogen aus Farben. P B. erzählte mir, er habe das Wochenende bei Freunden auf dem Lande verbracht, die einen doppelten Rosengarten besitzen und ihm nicht einmal eine abgebrochene Knospe mitgegeben haben. In London vermissen die Leute ihre Gärten, er und die anderen Mieter in seinem Haus züchten auf dem Dach ein paar Gartenpflanzen in Töpfen.
    Vom Syon House fuhren wir nach Osterly Park, auch ein Familiensitz, wessen, weiß ich nicht mehr. Ich lerne ein bisschen über Häuser von Nash und Kirchen von Wren; heute in Osterley Park waren es Wände von Adam: polierte Holztäfelung, mit zarten Intarsien bedeckt. Man kann eine einzelne getäfelte Wand stundenlang betrachten, und trotzdem entgehen einem manche Einzelheiten. In einem von Uhren, Autos, Flugzeugen und Fahrplänen beherrschten Jahrhundert fällt es einem schwer, sich ein Zeitalter vorzustellen, in dem die Menschen so unendlich viel Muße und Geduld hatten, wie man sie für solche Arbeiten braucht.
    Auf der Rückfahrt erzählte P.B. mir, dass er viele Jahre lang mehrmals in Hollywood als Berater bei Filmen mit englischen Schauplätzen gearbeitet habe. Zunächst fand ich die Vorstellung grotesk, dass P.B. in Hollywood geweilt hatte, als es gleichbedeutend mit Geschmacklosigkeit und Übertreibung war. Doch dann wurde mir klar, dass er eins von diesen Originalen ist, die sich in fast jeder Umgebung wohl fühlen; nichts bleibt an ihm haften. Er ist überall gewesen und kennt alle Welt, er ist ein geselliger Mensch – auf seinem Kaminsims steht immer ein gutes Dutzend Einladungen –, aber er wirkt stets ein wenig entrückt von denen, die ihn umgeben.
    Er erzählte mir, einmal habe er einen amerikanischen Architekten, der einen Auftrag für das Essex House in New York hatte, in ganz England herumgefahren. Im Essex House sollte die Cocktailbar renoviert und in einen englischen Pub umgewandelt werden.
    »Sie haben mir den Mann geschickt, und ich bin überall mit ihm herumgefahren und habe ihm die besten alten Pubs gezeigt. Dann ist er nach New York zurückgekehrt, hat seine Pläne gezeichnet und sie mir geschickt. Ich zeige Sie Ihnen, wenn wir zurück sind.«
    Wir kamen in Rutland Gate an, er zeigte mir die Zeichnungen, und sie waren bezaubernd: ein Pub mit holzgetäfelten Wänden, auf alt gemachten Holztischen und Bänken und einer hohen, altmodischen Holztheke mit Fässern darüber. Der Pub wirkte warm und anheimelnd, und das Holz glänzte im Schein altmodischer Lampen, die tief von der Decke herabhingen.
    »Gibt es den Pub noch?«, fragte ich.
    »Ich glaube schon«, sagte er.
    »Dann gehe ich mal hin, wenn ich wieder zurück bin«, sagte ich. »Hat er Ihnen geschrieben und erzählt, wie es aussieht?«
    »Aber ja«, sagte er mit seiner hellen, nichts preisgebenden Stimme, »das Essex House hat den Pub mit Plexiglas, Chrom und schwarzem Leder ausgestattet.«
    Am Samstag fährt er für eine Woche nach Wales. Wenn er zurückkommt, bin ich schon weg.

Donnerstag, 8 . Juli
    Mary Scott hat mit mir einen Spaziergang durch Knightsbridge und Kensington gemacht, als Erstes sind wir zu Harrods gegangen, weil ich da noch nicht war. Es ist ein unglaubliches Kaufhaus, man kann dort alles kaufen, von diamantenen Halsketten bis hin zu lebenden Tigern, es gibt dort einen Zoo. Ich musste an Chester, den Bobtail, denken, der im gleichen Haus wohnt wie ich – er ist auch von Harrods.
    Im Erdgeschoss gibt es einen Blumenladen, und wenn man zwölf Rosen kaufen möchte, kann man sie einzeln aussuchen. Man kann nur Knospen oder nur aufgeblühte Rosen nehmen oder die eine Hälfte so, die andere Hälfte so, und man kann von jeder Farbe eine nehmen. Ich war ganz aus dem Häuschen und habe zwölf Rosen für P.B.

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