Die Herzogin der Bloomsbury Street
ausgesucht, als Verschönerung für seine Wohnung, bevor er nach Wales fährt. Ich wusste nicht, wie ich mich anders bei ihm hätte bedanken können.
Wir schlenderten die schmalen Wege an Stallungen vorbei und durch die Sackgassen und lugten in Gärten und verschwiegene Anlagen. Chelsea, Kensington und Knightsbridge kommen mir alle auf selbstgefällige Art reizend vor, ganz anders als die Gegend am Regent’s Park. Dort wohnen die Scotts, und ich sagte zu Mrs. Scott, wenn ich mir in London eine Wohnung aussuchen könnte, würde ich in der Gegend vom Regent’s Park wohnen. Sie sagte, die Gegend heiße nicht Regent’s Park, sondern Marylebone.
Sie haben eine große Wohnung am Gloucester Place, und sie hatte eine köstliche Lachs-Mousse mit massenhaft Sahne zum Abendessen vorbereitet. Lachs ist hier eine große Delikatesse, es ist ein Kompliment an den Gast, wenn man ihm Lachs anbietet, so wie bei uns Filet Mignon oder Hummer.
Bin gegen zehn zurückgekommen und hatte die Lounge eine Stunde lang für mich, aber mit dem Frieden ist es jetzt vorbei. Soeben kam eine Frau herein, die nach einem Gesprächspartner suchte. Sie sagte, ich müsse mir auf jeden Fall den Temple ansehen; wenn ich die Middle Temple Lane gefunden hätte, sähe ich zwei große weiße Portale, die in den Temple, den Inner Temple und die Middle Temple Hall führten, und der Portier würde mir das Zimmer zeigen, in dem Dickens
Große Erwartungen
geschrieben hat. Ist wohl nicht der rechte Moment, um ihr zu sagen, dass ich
Große Erwartungen
sehr langweilig fand, das ist eine von diesen Bemerkungen, die die Unterhaltung unweigerlich zum Erliegen bringen.
Sie sagt, die Tempelritter seien unter dem Boden der Kirche beerdigt worden, deshalb heiße die Kirche Temple. Sie sagt, die Kirche sei im Krieg zerstört worden und die Gebeine der Ritter seien nach Kriegsende ausgegraben worden und lägen jetzt in einem Gemeinschaftsgrab unter der wieder aufgebauten Kirche. Zum Glück habe ich vor, mir das alles anzusehen; wenn nicht, müsste ich fortan die Lounge meiden, denn soweit ich weiß, verbringt sie alle ihre Abende hier.
Gerade sind zwei Frauen hereingekommen – Anfang dreißig, sehr adrett, vielleicht Lehrerinnen, sie sind aus Toronto –, und anscheinend hatte die Temple-Frau sie auf eine Besichtigungstour geschickt, und jetzt erzählen sie ihr, was für ein wunderbarer Vorschlag das war: Greenwich mit dem Schiff. Das Maritime Museum.
Die Temple-Frau sagt, das werde mich interessieren, da ich Amerikanerin sei, sie sagt, in Greenwich gebe es Artefakte von den Pilgern, die seien dort in See gestochen. Dachte immer, es sei Plymouth gewesen. Habe aber nichts gesagt. Ich verkneife mir den wahnwitzigen Drang, im Plauderton zu den dreien zu sagen:
»Wussten Sie eigentlich, dass die Pilgerväter nicht nur den Pilger erhängten, wenn sie ihn beim Sex mit einer Kuh erwischten, sondern auch die Kuh?«
Eine der Lehrerinnen will wissen, ob ich die Schriftstellerin sei. Sie hätten so viel von mir an der Rezeption gehört. Wenn es ihnen gelänge, morgen ein Exemplar von meinem Buch zu erstehen, wäre ich dann so freundlich, es für sie zu signieren? Selbstverständlich. Neulich habe ich zu einer Frau gesagt, sie versage sich soeben die Chance, stolze Besitzerin des einzigen existierenden unsignierten Exemplars des Buches zu sein, aber sie hat mich nur verdutzt angesehen, niemand versteht mich.
Freitag, 9 . Juli
Russell Square
Um zehn Uhr morgens kam ein Mann, um mit mir ein Interview für Radio London zu machen, und ich habe ihn und sein Tonbandgerät hierher geschleppt. An einem sonnigen Sommermorgen setze ich mich nicht in eine dunkle Hotelhalle.
Er erzählte mir, dass in der letzten Saison ein Stück über Lord Nelson und Lady Hamilton aufgeführt worden sei und der Text an den Buckingham-Palast geschickt wurde. Von dort kam er mit folgender Notiz an den Produzenten zurück:
Der Herzog von Edinburgh ist der Meinung, dass
Sie Lady Hamilton sehr schäbig behandelt haben.
Die Königin enthält sich eines Urteils. Hier kann jeder mit einer Anekdote über Prinz Philip aufwarten, die Leute sind stolz, dass er so unkonventionell ist. Die Menschen betrachten die Königliche Familie als ihre Verwandten, was sehr hübsch ist, als wären es die Cousine Elizabeth und ihr Mann und die Kinder, von denen man spricht. Jeder fühlt sich berufen, sie zu kritisieren, wozu sind Verwandte sonst da? Elizabeth, Philip und Prinz Charles sind sehr beliebt; gegenüber
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