Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)
geworden und versucht schon zu regieren! Ausgerechnet dieser überdrehte Chlodwig“, und die Fürstin schloss sich ihm an:
„Den König will er spielen, ohne jegliche Fachbildung für dieses Amt. Aber er hat sich ja schon seit jeher überschätzt. Und niemand hat ihm das austreiben können, nicht mal unsere in dergleichen geübte Ethne. Die arme, nervenschwache Basina, sie muss verzweifeln an ihm, an ihrem Theuderich.“
Darauf wollte die Prinzessin Silke erfahren: „Wie hat denn Königin Basina auf dein Missergebnis reagiert, Waldur?“
„Grauenvoll“, gab er zu und geriet aufgrund der Erinnerung daran ins Stammeln: „Ich, ich habe es ihr noch am gleichen Abend mitgeteilt. Sie ist darauf noch zerfahrener geworden, ja, und hat nur gebebt und unter sich geschaut. Ich fand keine Trostworte für sie. - Am nächsten Morgen war sie dann allerdings gefasster. Zwar hat sie kaum ein Wort hervorgebracht, sich aber rührend um mich bemüht. Und vor dem Verabschieden hat sie mir dann“, er hielt inne, da ihm jetzt war, als begehe er einen Verrat, wenn er weiter rede. Doch auf seines Vaters gebieterischen Blick hin ergänzte er den Satz: „Da hat sie mich unauffällig ein paar Schritte zur Seite gezogen und mir dann heimlich König Childerichs Runenring, den er immer am Finger trug, in die Hand gedrückt.“
Zu Waldurs Erstaunen war die Fürstin bei seinen letzten Worten erbleicht und wollte sich jetzt vergewissern: „Diesen Ring hat sie dir weitergereicht? Seinen goldenen Runenring?“
„Ja, seinen magischen Ring.“
„Oh nein“, brachte sie fast tonlos heraus, „ein Unheil verkündendes Zeichen. Demnach hat er in seiner Sterbestunde unsere Entzweiung geahnt.“
„Eher das Gegenteil, Tante Astera“, wagte Waldur dagegen einzuwenden, „es ist ein sogar verbindliches Zeichen. König Childerich hat Chlodwig und mir mal die Bedeutung dieses Rings erklärt: Nachdem wir Alemannen vor fünfhundert Jahren mit Hilfe einiger Franken endgültig alle römischen Besatzer aus unserem Gebiet vertrieben hatten, hat der damalige Alemannenfürst Ariovist dem an jenen Kämpfen beteiligten Frankenfürsten diesen Runenring geschenkt, als Siegel ewiger Freundschaft zwischen den Franken und uns Alemannen. Der Ring ist dann stets weitervererbt worden, jeweils an den würdigsten Frankenregenten. Es handelt sich also um einen Freundschaftsring, Tante Astera. Und König Childerich hat Königin Basina auf dem Sterbebett aufgetragen, statt Chlodwig solle besser ich den Ring bewahren, da ich reineren Herzens und Verstandes sei als er. Begreifen kann ich seine Worte zwar nicht, auch nicht seine Beweggründe, denn außer Chlodwig gibt es doch noch dreizehn weitere Frankenregenten in Nordgallien, weshalb also soll ausgerechnet ich, ein Alemanne, ihn bewahren? Aber so hat sie es mir von ihm ausgerichtet. - Ich hoffe nur, Chlodwig erfährt nie, dass der Ring jetzt in meiner Hand ist, er wäre sicher gekränkt.“
Diese Aussage stimmte alle nachdenklich. Besonders Ethne, denn ihr war nun klar, dass Childerich in Chlodwig das gleiche erkannt hatte, wie sie - drohender Irrsinn, eine Erbkrankheit aus Basinas Familie. Welche Gefahr für Chlodwigs Volk. Und keiner ahnte es. Ob Waldur da wohl mal, Kraft jenes Runenrings, helfend eingreifen kann? Mit dieser Frage beschäftigt, sah sie über den Tisch zu ihm hinüber. Jetzt rührte er sie, so hilflos, wie er zwischen dem Fürstenpaar saß, das ihn von Beginn an nichts als zurechtgewiesen hatte. Deshalb nickte sie ihm aufmunternd zu und ließ dann, in die Runde blickend, verlauten: „Waldur hat nicht den geringsten Vorwurf verdient, er hat alles getan, was es zu tun gab. Warten wir also ab, was das salische Königshaus daraus macht.“
Nichts Gutes machte es daraus, die Tragödie nahm ihren Lauf. Bereits Tags drauf überbrachte ein Eilbote dem alemannischen Fürstenpaar Basinas Todesnachricht. Die Fürstin und der Fürst sahen sich nur an, sie konnten sich die Todesursache zusammenreimen.
Die Salier ebenfalls. Selbstmord war zunächst nur am salischen Hof, doch bald auch im gesamten Volk geraunt worden, und Chlodwig, der nicht mal halbfertige neue Merowinger, habe sie auf hinterhältige Weise dazu getrieben. Diese Behauptung entsprach sogar der Wahrheit, wenngleich nur halbwegs. Zwar hatte Chlodwig seine Mutter mit seinem eigensinnigen, teils gar ehrlosen Regierungsstil tatsächlich zum Selbstmord getrieben, doch absolut nicht mit Absicht. In diesem Punkt irrten die Salier. Denn Chlodwig hatte seine maman
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