Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)
Dem Fürsten sagte der Vorschlag zu. Ja, meinte auch er, ihn würde Chlodwig, wenn er sich erst in seinem Haus befinde, gewiss nicht abweisen. Außerdem sei Waldur sicher auch der einzige, der Chlodwig den Kopf zurechtsetzen kann.
N ach diesem fürstlichen Beschluss trat Waldur bereits am folgenden Morgen den Weg nach Tournai an.
A lle Hoffnungen Basinas wie auch des alemannischen Fürstenpaars waren nun auf Waldur gerichtet. Sich dessen eingedenk, bereitete er sich während seines siebentägigen Ritts eingehend auf seine Mission vor.
Wie von seiner Tante und seinem Vater aufgetragen, ließ er sich dann in der Merowingerburg zunächst zu Basina führen. Die wirkte zwar reichlich verstört, zeigte aber ihre Freude über sein Erscheinen, von dem sie sich viel versprach. So schickte sie ihn nach einer kleinen Erfrischung auch gleich in den Empfangsraum und ließ Chlodwig zu ihm bitten.
Zu Waldurs Überraschung betrat Chlodwig mit aufleuchtendem Blick bereits wenige Minuten später den Raum. Dann aber geschah, worauf Waldur nicht vorbereitet war. Kaum hatten sich die zwei lange nicht gesehenen Freunde begrüßt und ein paar persönliche Worte miteinander gewechselt, kam Chlodwig selbst zum Thema. Er eröffnete Waldur ohne Umschweife und mit seiner heute wieder besonders wohlklingenden Metallstimme, die Ritterausbildung sei für ihn pass�e, ein für alle Mal pass�e. Für ihn zähle fortan nichts als die salische Regierung, bei der er dafür Sorge tragen müsse, sie weiter im Sinne seines Vaters zu führen, und wenn seine für die Politik viel zu zart besaitete maman noch so sehr dagegen anzugehen versuche. Im Übrigen dürfe ihn seine maman gar nicht für Jahre hier vertreten, damit er in Frowang erst fertig studieren, danach die große Junkerreise unternehmen und anschließend noch den Knappendienst absolvieren könne, um endlich seinen Ritterschlag zu empfangen, behauptete er. Denn Ragna, das Walten der Götter, habe es anders bestimmt. Immerhin sei seine maman lediglich Mitregentin, seine Mitregentin!, er aber sei jetzt der Merowinger, und als Sippenglied der göttlichen Merowechs erwarte Ragna von ihm, dass er auch verantwortungsvoll wie ein Merowinger handle.
Waldur, der Chlodwigs wunderliche Einstellung zu den Göttern nie hatte teilen können, räumte ein, dass es Ragna gewiss trotzdem lieber sehe, wenn er vorher, wenn schon nicht die Kronprinzen-, dann doch zumindest die Ritterausbildung zu Ende führe.
Non, wehrte Chlodwig spontan ab, keinerlei Ausbildung mehr. Denn so sehr es ihm auch das Herz zerreiße, auf seinen Ritterschlag zu verzichten, die Götter hätten ihm durch deutliche Zeichen zu verstehen gegeben, dass er nunmehr einzig den Merowingerpflichten nachzukommen habe. Davon abgesehen sei er das auch seinem Volk schuldig, die Salier erwarteten es von ihm.
Davon war Waldur keineswegs überzeugt, weshalb er sich nicht zurückhielt, ihn weiterhin zur Fortführung seines Studiums anzuregen. Doch was immer er während ihres ausgedehnten Gesprächs vortrug, der wortgewandte, heute fast souverän wirkende Chlodwig parierte stets mit den überzeugenderen Argumenten, zumal aus ihm die ehrliche Überzeugung sprach, dass er mit seiner Entscheidung sowohl den Göttern wie auch seinem Volk gerecht werde.
Bis Waldur gegen Chlodwigs Entschluss nichts mehr einzuwenden vermochte. Mehr noch, am Ende war Waldurs Meinung derart umgeformt, dass er Chlodwigs Entscheidung gar für angemessen hielt.
A uf seinem Heimweg fühlte sich Waldur allerdings unbehaglich. Wie werden Tante Astera und Vater das Ergebnis meines Auftrags aufnehmen?, ängstigte er sich, etwa ebenso erschreckend wie Königin Basina, nachdem ich ihr Chlodwigs unumstößlichen Entschluss mitgeteilt habe? - Nein, das können sie nicht, redete er sich ein, denn Chlodwig handelt ja völlig korrekt, pflichtbewusst und klug durchdacht.
Doch so sehr sich Waldur da auch selbst zu täuschen versuchte, sein Unbehagen wollte nicht weichen.
A ls Waldur schließlich in einem Beratungsraum des Alemannenpalastes mit dem Fürstenpaar, Ethne und Prinzessin Silke am runden Tisch saß und ihnen Chlodwigs Entscheidung kundtat, bestätigte sich seine unterdrückte Befürchtung - alle waren darüber fast ebenso echauffiert wie Basina. Dennoch versuchte er, Chlodwigs Standpunkt zu verteidigen, erntete damit jedoch nur noch schärfere Vorwürfe.
Nachdem sich ihre erste Erregung etwas gelegt hatte, gab der Fürst nach tiefem Durchatmen von sich: „Ist gerade erst siebzehn
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