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Die Hexe und der Herzog

Die Hexe und der Herzog

Titel: Die Hexe und der Herzog Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Hundertschaften zu bewirten sein werden. Gleich morgen früh soll sie sich dort einfinden. Das ist für den Moment alles.«
    Er zog sich hinter seine Papiere zurück. Die endlosen Zahlenkolonnen hatten ihn zurück.
    Lena versank in eine tiefe, dankbare Verneigung. Dem Hofmeister gönnte sie nicht einen Blick. Das mit Hella würde sie ihm niemals verzeihen. Doch was scherte er sie noch?
    Sie war am Ziel – endlich durfte sie bei Hof arbeiten!
    »Ihr werdet es nicht bereuen, Euer Hoheit«, sagte sie inbrünstig. »Niemals! Das verspreche ich Euch bei meinem Leben.«

     
    »Reicht mir Eure Hand!«
    Die Gestalt auf der anderen Seite zögerte, dann streckte sie ihren Arm aus und schob die Rechte über den Tisch. Wilbeth entging nicht, wie sie dabei abermals misstrauisch all die Schüsseln, Näpfe und Töpfchen beäugte, die sich auf den notdürftig angebrachten Brettern stapelten. Besonders unheimlich schienen der Besucherin die getrockneten Kräuterbüschel zu sein, die an einer quer durch die Stube gespannten Schnur hingen.
    Hexenkräuter. Teufelszeug. Wilbeth meinte die Gedanken der anderen förmlich zu hören.
    »Ich muss zunächst die Linke sehen«, sagte sie. »Denn sie verkörpert Euer Erbe. Das, womit Ihr auf die Welt gekommen seid.«
    »Was tut das hier schon zur Sache!« Selbst unter der schwarzen Mumme, die den unteren Teil des Gesichts verhüllte und nur die blassgrünen Augen freigab, war die Empörung spürbar. »Was mich einzig und allein interessiert ist die Zukunft. Dann muss es wohl die Rechte sein? Hier! Und beeil dich gefälligst! Ich hab meine Zeit nicht gestohlen.«
    »Ganz, wie Ihr wünscht.« Das bräunliche Gesicht unter dem silbernen Haarkranz blieb unbewegt.
    Wilbeth musste nicht lange überlegen, wer ihr zu dieser späten Stunde die Aufwartung machte, denn die aufwendige Kleidung aus Samt, Brokat und Taft verwies mit jedem Rascheln die Besucherin in den Dunstkreis des Hofes. Und dort gab es nur eine Einzige, die so zaundürr und unanständig groß war, dass sie nahezu an alle Männer heranreichte und einige von ihnen sogar überragte: Alma von Spiess, die Gemahlin des Hofmeisters.
    »Nun, was siehst du?« Voller Ungeduld begann die Spiessin mit den Füßen auf dem festgestampften Lehmboden zu scharren. »Ich will ihn zurück!« Es war wie ein Schrei.
    Die Hand war groß und innen stark gerötet, ein seltsamer Gegensatz zu dem blassen, dünnen Gelenk, an dem sie wie ein Fremdkörper wirkte. Finger, die nach oben breiter wurden. Eine Feuerhand, wie Wilbeth sofort erkannte hatte. Ihre Besitzer waren meist ehrgeizig und wollten ihre Ziele um jeden Preis erreichen. Dazu ein praller, fast schon aufgedunsener Venusberg, der von unstillbarer Gier und der Lust nach Ausschweifungen jeglicher Art kündete. Die Herzlinie dagegen war zum Verschwinden fein; tiefe, echte Gefühle waren ganz offensichtlich nicht die Stärke der Besucherin.
    »Es handelt sich nicht um Euren Ehemann?«, fragte Wilbeth, obwohl sie die Antwort schon kannte.
    »Wäre ich sonst hier?«, zischte Alma von Spiess. »Und spann mich nicht länger auf die Folter – sonst könntest du es bereuen!«
    Wilbeth blieb ruhig. Natürlich hätte sie der anderen prophezeien können, was diese so dringlich hören wollte: dass die Vereinigung mit dem verlorenen Liebsten unmittelbar bevorstehe. Doch davon war nichts zu sehen, gar nichts, so eingehend sie die dargebotene Hand auch betrachtete.
    »Schwierigkeiten werden nicht ausbleiben«, sagte sie schließlich. »Da will ich Euch nichts vormachen. Es gibt da eine Konkurrentin, die Euch schwer ins Zeug pfuschen könnte. Sie kommt ganz plötzlich ins Spiel, vielleicht sogar von weiter her. Ihr Schicksal jedenfalls ist mit dem seinen verbunden.«
    Die Spiessin starrte sie wortlos an.
    »Eine Frau, um einiges jünger, als Ihr es seid«, fuhr Wilbeth fort. »Und ausnehmend schön dazu.«
    Sie hatte genau ins Schwarze getroffen! Alma von Spiess sackte in sich zusammen.
    »Ich werde im kommenden Mai erst vierunddreißig«, murmelte sie. »Ich kann ihm noch immer den Sohn gebären, nach dem er sich so sehr sehnt. Dann wird er mich zur Frau nehmen! Und dieses unreife Gemüse auf der Stelle nach Hause zurückschicken, zurück in das verdammte Sachsen …«
    »Ihr habt Euch böse entzweit«, fuhr Wilbeth fort. »Das kann ich ebenfalls sehen. Schon vor geraumer Zeit.«
    »Das ist richtig. Woher weißt du das?«
    »Dieser Ast hier zur Schicksalslinie, die er durchkreuzt, bedeutet in der Regel Unglück und

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