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Die Hexe und der Leichendieb: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexe und der Leichendieb: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexe und der Leichendieb: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helga Glaesener
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verwirrt.
    Mutter seufzte. »Mit der guten Mahlzeit. Schau doch Kind.« Sie wies zum Fenster. »Die Männer kommen heim. Sie reiten in den Hof ein! Du musst dich schon kümmern, Sophie, wenn du eine zufriedene Ehe führen und den Respekt deines Ehemannes erlangen willst. Er ist hungrig, er will essen. Biete ihm ein Glas Wein, um die Zeit zu überbrücken, bis die Mahlzeit auf dem Tisch steht. Hast du nie zugeschaut, wie ich es mache? Ach Herzchen, bist du langsam.«
    Es brauchte den Wein nicht. Die Dienerschaft hatte den Tisch auch ohne Anweisung der Hausherrin gedeckt. Die Wildenburg war so lange ein Junggesellenhaushalt gewesen, dass die Leute genau wussten, was zu tun war. Ich bin hier völlig überflüssig, dachte Sophie niedergeschlagen. Sie nahmen an dem Tisch in der Saalkammer Platz, die im oberen Geschoss neben Marsilius eigenen Räumen lag. In dem wagenradgroßen Leuchter waren zu Ehren der Gäste Kerzen entzündet worden. Eine weiße Tischdecke, die zu Sophies Aussteuer gehört hatte, bedeckte die zerschrammte Tischplatte. In der Mitte standen ein Salzfass und vier Jahreszeitenplatten, auf denen Theiß Dörrobst drapiert hatte – Birnen, Aprikosen, Äpfel, dazwischen lagen Nüsse.
    »Nun sei doch nicht so still!«, wisperte Ursula ihrer Tochter zu, während Sophies Vater und Marsilius über Kaiser Ferdinand sprachen, der mit den protestantischen Schweden Krieg wegen des heiligen katholischen Glaubens führte und seinen Generalissimo Wallenstein erneut zu seinem Heerführer gemacht hatte, um die Eindringlinge aus dem Land zu jagen. Sophie rang um einen Satz, aber ihr Kopf war wie leer gefegt. Sie wusste doch auch gar nichts über diesen Krieg, der schon so lange andauerte, wie sie zurückdenken konnte. Stumm sah sie zu, wie Theiß auf einem runden Messingtablett Pastetchen hineintrug. Es roch nach geröstetem Schwarzbrot und Nelkengewürz. Marsilius und ihre Familie plauderten in bester Stimmung. Entrüstet hörte sie ihren Vater Franz fragen: »Im Ernst? Den Leichnam?« Und da merkte sie auf.
    »Aus dem noch frischen Grab«, bestätigte Marsilius. Das Grübchen, das in der Mitte seines Kinns saß, vertiefte sich, wie immer, wenn ihn etwas aufregte. »Irgendwie hat dieser Marx es heimlich auf unseren Friedhof geschafft. Der Teufel selbst muss ihm die Tollkühnheit verliehen haben, dorthin zu gehen, denn er liegt ja inmitten des Gesindedorfes, und viele Fenster gehen in diese Richtung hinaus. Aber er hat es gewagt und das Grab geöffnet und den Toten gestohlen.«
    »Ein Leichendieb«, kommentierte Franz. Er war ein groß gewachsener Mann mit einem einfachen, gutmütigen Gesicht, in dem jetzt allerdings blanke Empörung saß.
    »Weiß man, was den Kerl zu der schändlichen Tat getrieben hat?«, erkundigte sich Ursula, um das Schweigen ihrer Tochter zu übertünchen.
    Marsilius zuckte mit den Schultern. »Was tut solches Pack mit einem Leichnam? Sie werden ihn zerlegt und Stück für Stück an die Apotheker oder gar an Hexengesindel verkauft haben. Für Leichenteile – gerade von Menschen, die bei bester Gesundheit gestorben sind – werden hohe Preise gezahlt.«
    Christine schrie angeekelt auf, und Marsilius schenkte ihr ein beruhigendes Lächeln. Sophies Schwester war hübsch, er mochte hübsche Frauen.
    »Du sagst sie? Hatte der Mann denn Komplizen?«, wollte Franz wissen.
    »Das nehme ich an. Marx hätte nicht genügend Kraft gehabt, um auch nur ein Fingerchen des armen toten Jungen fortzutragen. Wir hatten ihn schließlich nicht gerade sanft behandelt.«
    Nein, das hast du wahrlich nicht . Sophie schauderte, als sie an das blutdurchtränkte Hemd dachte, das Marsilius ihr nach einem der Verhöre im Hexenturm vor die Füße geworfen hatte, damit sie sich um die Reinigung kümmerte. Auf der Vorderseite des Hemdes war ein blutiger Gesichtsabdruck gewesen, als hätte ihr Ehemann den Kopf des Delinquenten an sich gepresst. Rasch verdrängte sie die Erinnerung.
    »Wen hat dieser Unhold denn ermordet?«, wollte Christine wissen.
    »Der Mann hieß Heinrich von Elverfeldt. Ein Freiherr mit einem stattlichen Besitz westlich von Witten. Ich bin entfernt mit ihm verwandt, von der mütterlichen Seite her, obwohl ich nicht viel Kontakt zu ihm hatte. Das Tragische ist, dass er wahrscheinlich noch leben würde, wenn er hier in der Burg sein Nachtlager genommen hätte. Aber er hatte es vorgezogen, im Wald zu schlafen. Sicher eine Neigung, die ihm aus der Zeit als Offizier beim Heer geblieben ist. Seine arme Mutter und

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