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Die Hexe

Die Hexe

Titel: Die Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vadim Panov
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»Nie im Leben! Ich habe Franz kämpfen sehen, er wäre bereit, für den Orden zu sterben.«
    »Deshalb hat man ihn auch nicht eingesperrt, sondern nur vorläufig von seinem Posten entbunden«, erwiderte Graham de Mar brummig. Der Korporal entstammte der Drachenloge und galt als wandelndes Phlegma. »Der Ordensrat wird die Angelegenheit untersuchen, und wenn sich herausstellt, dass er unschuldig ist, wird er wieder als Kriegsmeister eingesetzt.«
    »Aber das ist rufschädigend! Franz wurde öffentlich demontiert!«
    »Der Ordensrat ist verpflichtet, die Interessen des Herrscherhauses zu wahren, und darf dabei keine Rücksicht auf Einzelpersonen nehmen.«
    »Um welche Interessen soll es denn hier bitte schön gehen? Was haben die Herrschaften vom Ordensrat denn erreicht?«, wetterte Ludwig weiter. »Ich werde dir mal was sagen: Die Luden haben mitbekommen, dass es bei uns interne Zwistigkeiten gibt, und glauben jetzt, sie könnten frech werden. Das ist das Einzige, was der Ordensrat damit erreicht hat! Man darf sich niemals eine Blöße geben!«
    Der bordeauxrote Lincoln der Gardisten rollte langsam durch die Obrutschewa-Straße. Vor dem Hintergrund der jüngsten Ereignisse und der alarmierenden Verlautbarungen des Herrscherhauses Lud hatte der Ordensrat beschlossen, die Patrouillen im Sektor der Tschuden zu verstärken, um mögliche Provokationen im Keim zu ersticken.
    »Ich glaube nicht, dass die Erklärung der Luden etwas mit Franz de Geers Entlassung zu tun hat«, sagte de Mar.
    »Und ob!«
    »Reg dich ab, Gardist«, wiegelte der Korporal ab. »Mach lieber ordentlich deinen Dienst und überlass das Denken anderen.«
    Okla presste schmollend die Lippen zusammen.
     
    »Vielleicht sollten wir es lieber doch sein lassen?«, regte Spreißel an, der gewiss nicht zu den mutigsten Rothauben gehörte.
    »Hast du zu viel Geld oder was?«, spottete der Uibuj Peitsche und leerte seine Whiskeyflasche in einem Zug. »Alle plündern doch, warum sollten wir es nicht tun?«
    »Aber Säbel hat doch strengstens …«
    »Hast du die Hosen voll?«, blaffte der Uibuj und sah Spreißel feindselig an.
    Peitsche Desastro hatte als einer der letzten Uibujen mitbekommen, dass etliche Rothauben-Trupps dazu übergegangen waren, ihre chronischen Finanzprobleme durch Überfälle auf Humo-Geschäfte zu lindern, und gerade als er sich daranmachen wollte, dem Beispiel seiner Volksgenossen zu folgen, erließ der Imperator Säbel ein Dekret, das solcherlei Umtriebe strengstens untersagte. Der Desastro dachte nicht daran, diese himmelschreiende Ungerechtigkeit hinzunehmen, und beschloss, den kleinen Überfall, den er ins Auge gefasst hatte, trotz des Verbots durchzuziehen. Und dieser Schwächling Spreißel wagte es doch tatsächlich, zu widersprechen!
    »Aber Säbel hat doch befohlen, die Überfälle unverzüglich einzustellen!«
    »Wir sagen einfach, dass wir davon nichts mitbekommen haben«, entgegnete Peitsche und fletschte seine vergilbten Zahnruinen zu einem listigen Grinsen. »Aber wenn du nicht mitmachen willst, brauchst du es nur zu sagen.«
    Die übrigen Kämpfer des Trupps sahen den hasenfüßigen Spreißel vorwurfsvoll an.
    »Nein nein«, ruderte der Kämpfer zurück. »Ich bin dabei.«
    »Na also.«
     
    »Was ist denn dort vorne los?«
    Aus einem kleinen Laden trugen einige Männer Getränkekisten heraus und verfrachteten sie geschäftig in einen am Bürgersteig geparkten Lieferwagen. Kaufte da jemand Wodka für die nächsten zwei Monate?
    Die Gardisten sahen einander fragend an.
    »Denkst du dasselbe wie ich?«, erkundigte sich de Mar.
    Okla nickte und zog ein Magoskop aus der Tasche. Dabei handelte es sich um eine Brille mit dunkel getönten Gläsern, mit deren Hilfe man die Realität hinter einem Trugbild sehen konnte. Der Verdacht der Tschuden bestätigte sich vollumfänglich: Die fleißigen Männer erwiesen sich als Rothauben, die allem Anschein nach dabei waren, das nächste Humo-Geschäft auszurauben.
    »Diese nichtsnutzigen Idioten«, schimpfte de Mar. »Wenigstens haben sie sich mit einem Trugbild getarnt. «
    »Was sollen wir tun?«
    »Sie sind in unserem Sektor«, räsonierte der Korporal achselzuckend. »Und soweit ich weiß, können wir keinen Ärger mit den Humos brauchen.«
    »Alles klar.«
    Die Tschuden stiegen aus und marschierten entschlossen zum Ort des Geschehens.
     
    Alles lief wie am Schnürchen. Peitsche kam es beinahe so vor, als hätte er einen schönen Traum. Die Humos – eine dicke Verkäuferin und ein

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