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Die Hexe

Die Hexe

Titel: Die Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vadim Panov
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ein ganzes Jahr aushalten soll.«
    Larissas Bekenntnis klang ehrlich. Offenbar fühlte sie sich in der Zaubereischule tatsächlich unterfordert. Arnold staunte.
    Karas Anhänger ahnten, dass Larissa über bemerkenswertes Talent verfügte. Andernfalls hätte die Zauberin der Neuen nicht so große Aufmerksamkeit geschenkt. Bislang hatte sie niemanden an Larissa herangelassen, sondern sich höchstpersönlich ihrer Ausbildung gewidmet – und das mehrere Stunden am Tag. Diese Vorzugsbehandlung war der Nährboden für haarsträubende Gerüchte: Man erzählte sich zum Beispiel, Larissa könne selbstständig Portale erzeugen und sie sehe genauso gut in die Zukunft wie das Orakel von Degunino. Arnold beschloss, einem weiteren dieser Gerüchte auf den Grund zu gehen.
    »Larissa!«
    Die junge Frau sah auf.
    »Ja?«
    »Stimmt es, dass du schon mal einen Fernseher materialisiert hast?«
    »Nein.« Larissas verlegenes Lächeln geriet bezaubernd. »Es war nur ein Federhalter. Ein goldener Parker.«
    Von wegen – nur ein Federhalter! Arnold erblasste vor Neid. Die klassische Materialisation galt als schwierigste Disziplin der angewandten Magie und nur die besten Zauberer der Verborgenen Stadt beherrschten ihre komplizierten Techniken. Arnold selbst hätte nicht einmal einen Tropfen Tinte für den Parker zustande gebracht.
    »Hast du lange dafür geübt?«
    »Nein, ehrlich gesagt war das eher ein Zufallsprodukt«, bekannte Larissa. »Ich hatte die Zauberformeln für die Materialisation zwar mal durchgelesen und mir die eine oder andere gemerkt. Aber als es dann plötzlich geklappt hat, war ich selbst total überrascht.«
    Warum nur war die Welt so ungerecht? Er, Arnold, musste das Letzte aus sich herausholen, um fremde Karten zu sehen, und diese dahergelaufene Blondine materialisierte aus dem Handgelenk, was ihr gerade in den Sinn kam.
    »Ich brauche mal eine Pause«, verkündete Larissa. »Gehen wir was essen?«
    »Gern«, erwiderte Arnold und besann sich: Nun war der Zeitpunkt gekommen, um die Dinge voranzutreiben. »Hör mal, du weißt doch noch so gut wie nichts über die Verborgene Stadt …«
    »Das stimmt nicht«, protestierte Larissa. »Ich weiß schon fast alles über sie.«
    »In der Theorie – natürlich, das habe ich nicht gemeint. Aber vielleicht wäre es ja interessant für dich, die Verborgene Stadt aus der Nähe und den einen oder anderen Zauberer persönlich kennenzulernen. Es gibt da ein Lokal, in dem ausschließlich menschliche Magier verkehren. Hättest du Lust, mit mir dort hinzugehen?«
    Arnolds Augen begannen zu leuchten und Larissa lächelte kokett.
    »Lädst du mich denn ein?«
    »Versteht sich!« Arnold beschloss, Nägel mit Köpfen zu machen. »Kara hat für heute Nachmittag ein Treffen ihrer Anhängerschaft anberaumt. Da bist du doch sicher dabei, oder?«
    Larissa nickte.
    »Und nach diesem Treffen gehen wir zusammen aus. Abgemacht?«
    »Abgemacht!«
    Arnold hatte eine völlig klare Vorstellung davon, wo und wie dieser Abend enden würde, und setzte insgeheim bereits einen Haken hinter die Akte Larissa.
     
     
    Buchhandlung von Genbek Hamzi
Moskau, Alter Arbat
Donnerstag, 28. September, 12:04 Uhr
     
    Genbek Hamzis Büchersammlung galt als eine der besten der Verborgenen Stadt und nur die Bibliotheken der Herrscherhäuser waren noch besser bestückt. Sein Leben lang erweiterte der alte Schatyr die wertvolle Kollektion, die bereits von seinen Vorfahren begründet worden war. Dabei beschränkte er sich nicht nur auf legale Mittel des Erwerbs, sondern schreckte auch vor ruchlosem Diebstahl nicht zurück. Bei den Magiern der Verborgenen Stadt erfreute sich Genbeks Buchhandlung größter Beliebtheit, da sie im Gegensatz zu den Bibliotheken der Herrscherhäuser jedermann offenstand.
    Auch Jana machte sich unverzüglich auf den Weg zum Alten Arbat, nachdem sie den Auftrag erhalten hatte, in altem Schriftwerk zu recherchieren. Selbstverständlich dachte sie gar nicht daran, eines der astronomisch teuren Werke zu kaufen, denn gegen eine maßvolle Gebühr konnte man Genbeks Bücher wie in einer Bibliothek benutzen.
    Es erwies sich indes schwieriger als gedacht, an die gewünschten Informationen heranzukommen. Das Lager der Buchhandlung erstreckte sich über mehrere Etagen und die Computersuche nach den Begriffen »Humo«, »Magie« und »Magier« ergab über viertausend Treffer. Genbek verschwand zahnlos kichernd in einem Nebenraum und ließ Jana inmitten der endlosen Regalreihen allein. Das Schlimmste war,

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