Die Hexe
de Geer geschart hatte: der Meister der Vorhersage, der Meister der Illusionen, der Meister der Elemente, der Meister der Verwandlung, der Meister der Heilung und der Meister der Wissens.
Die Entscheidungen in dem zwölfköpfigen Gremium wurden per Mehrheitsbeschluss gefällt, wobei jedes Mitglied eine Stimme hatte. Nur Leonard de Saint-Carré verfügte in seiner Eigenschaft als Ratsvorsitzender über ein zusätzliches Votum.
»Meine Herren«, eröffnete der Großmagister die Sitzung. »Ursprünglich war ich davon ausgegangen, dass wir uns heute auf ein paar Formalitäten beschränken können. Doch die Ereignisse der letzten Tage haben uns leider einen Strich durch die Rechnung gemacht. Aggressive Humo-Banden terrorisieren unsere Vasallen und wir müssen uns darüber klarwerden, was dahintersteckt: Handelt es sich um eine zufällige Häufung solcher Vorkommnisse?« De Saint-Carré hielt kurz inne. »Oder werden die Übergriffe von einem Herrscherhaus lanciert, um einen großen Krieg vorzubereiten?«
»Um ehrlich zu sein, hatten wir für diese Sitzung andere Pläne«, schaltete sich überraschend laut Antoine de Coulier ein. »Die Ausschreitungen der halbwüchsigen Humos interessieren uns nicht.«
»Und welches Thema hätten die Magister der Logen gern auf der Tagesordnung gesehen?«, erkundigte sich de Saint-Carré süffisant.
»Wir erwarten uns Aufklärung über die Hintergründe der Ermordung des Kriegskommandeurs Bogdan le Sta.« Der donnernde Bass des Drachenritters hallte durch den halbleeren Raum. »Unserer Meinung nach haben die Magister der Logen einen Anspruch darauf, umfassend informiert zu werden, wenn ein so hochrangiger Kriegsmagier des Ordens in Friedenszeiten getötet wird.«
Der Großmagister schwieg.
Franz de Geer ließ von seiner Kette ab und sein Gesicht versteinerte. »Der Tod des Kriegskommandeurs le Sta war nicht gerade ein Ruhmesblatt für das Herrscherhaus Tschud«, sagte er ausweichend.
»Dennoch würden wir gern über die Hintergründe aufgeklärt«, sprang Nelson Bard seinem Kollegen bei. »Ich bin sicher, dass die höchsten Magier des Ordens über entsprechende Informationen verfügen.«
Franz tauschte einen Blick mit de Saint-Carré, und als der nickte, atmete er tief durch und gab widerwillig eine Erklärung ab: »Bogdan le Sta hat einen verbotenen Zauber gewirkt und damit bewusst gegen die Konvention von Kitai-Gorod verstoßen.« Franz hielt kurz inne und überlegte. »Der Kriegskommandeur hat Humos als Opfer dargebracht und ist deshalb ins Visier der Moskauer Polizei geraten, was wiederum eine unmittelbare Bedrohung der Sicherheit der Verborgenen Stadt zur Folge hatte. Aus diesem Grund wurde er getötet.«
»Von wem?«
»Ähm …«
»Der Kriegskommandeur le Sta wurde von Santiago, dem Kommissar des Dunklen Hofs getötet«, kam de Saint-Carré seinem Kriegsmeister zu Hilfe. »Genauer gesagt, von dessen Söldnern. Habe ich Ihre Neugier damit befriedigt, werte Magister?«
»Fast zur Gänze«, bestätigte Nelson Bard mit einer Verbeugung. »Sie werden sicher in Kürze bekanntgeben, dass eine offizielle Untersuchung des Falls stattfinden wird, nicht wahr?«
»Diese Untersuchung läuft bereits.«
»Und wer führt sie durch?«, bohrte Antoine de Coulier nach. »Soweit mir bekannt ist, wird bei Verstößen gegen die Konvention von Kitai-Gorod eine Untersuchungskommission mit Vertretern aller Herrscherhäuser eingesetzt.«
»Im Augenblick findet eine Voruntersuchung statt, die vom Kriegsmeister Franz de Geer geleitet wird«, antwortete der Großmagister. »Sobald sie abgeschlossen ist, wird die Kommission mit Vertretern aller Herrscherhäuser eingesetzt.«
»Welchem Zweck soll diese Voruntersuchung dienen? «
»Bogdan le Stas Verhalten hat den Orden mit Schande befleckt und wir bemühen uns, die negativen Folgen seines unüberlegten Handelns abzumildern.«
»Steht diese sogenannte Voruntersuchung nicht zufällig in Zusammenhang mit dem Umstand, dass in Bogdans Sachen ein Manuskript gefunden wurde, das Santiago gehört? Ein Manuskript, das die Regeln für das verbotene Traumarkan enthält?«
Franz fiel die Kinnlade herunter.
»Woher haben Sie diese Informationen, Magister?«
»Das spielt überhaupt keine Rolle!«, versetzte Antoine de Coulier. »Ich möchte wissen, ob dieses Dokument tatsächlich existiert, und wenn ja, warum wissen wir nichts davon?«
Der Kriegsmeister geriet in Verlegenheit: »Das Dokument existiert, aber …«
»Dann wurde hier ein Kriegsmagier des
Weitere Kostenlose Bücher