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Die Hexen - Roman

Die Hexen - Roman

Titel: Die Hexen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Hälfte an ihm lieben.«
    Er sprang von der Mauer herunter und schritt hinter ihr her, während sie sich bückte, um die süßen, schwarzen Beeren zu ernten. »Und? Konntet ihr Melisende retten?«
    Mit einem Ruck richtete Ravenna sich auf. »Also nein«, schlussfolgerte Marvin, als er ihr Gesicht sah. »Ich hätte euch gleich sagen können, dass das eine Schnapsidee ist. Lucian ist zu unerfahren, um so ein riskantes Vorhaben zum Erfolg zu führen. Dafür wird er etwas zu hören bekommen, wenn er das nächste Mal Constantins Halle betritt.«
    »Ich weiß nicht, wo er ist«, klagte Ravenna im Traum und wusste im selben Augenblick, dass sich ihre Worte auf die Gegenwart bezogen. Lag es an dem Beruhigungsmittel oder gaukelte ihre verängstigte Seele ihr diesen Wortwechsel vor? »Wir sind in Schwierigkeiten. Beliar ist uns in meine Zeit gefolgt oder er war schon vor uns da … ich weiß nicht genau. Er hat uns reingelegt.«
    »Ich meine mich dumpf daran zu erinnern, dass ich dich vor ihm gewarnt habe«, schimpfte Marvin. »Du erwartest doch wohl nicht, dass ich dir helfe? Ich habe meine eigenen Probleme.«
    »Richtig«, sagte Ravenna und drehte sich zu Neveres Gefährten um. »Da war etwas … du hast Constantin etwas ins Ohr geflüstert, als Lucian und ich am Maistein standen. Was hast du zu ihm gesagt?«
    Marvin schnitt eine Grimasse. »Constantin ist mein Herr und König. Man flüstert ihm nicht so einfach etwas ins Ohr.«
    »Du lügst«, stellte Ravenna fest. Marvin schlug mit einem ironischen Grinsen die Hände zusammen. »Natürlich lüge ich! Ich bin der Gefährte von Lammas! Weißt du überhaupt, was das bedeutet? Ich bin der Fuchs, der den Hunden entwischt. Das Korn, das dem Müller vom Karren fällt und im nächsten Jahr wieder blüht. Die Glut, die unter dem Berg aus Asche weiterlodert. Man muss sich schon ein wenig anstrengen, wenn man dem Tod von der Schippe springen will.«
    Ravenna betrachtete ihn nachdenklich. »Wenn du mir verrätst, was ich wissen will, kannst du alle Münzen behalten, die ich aus meiner Zeit mitgebracht habe. Frag Esmee – ich habe ihr mein Kleingeld vor dem Turnier zur Aufbewahrung gegeben.«
    »Großes Geld wäre mir lieber«, murrte Marvin.
    Ravenna funkelte den Späher an. »Münzen aus dem einundzwanzigsten Jahrhundert – oder gar nichts. Das ist der Deal. Was hast du zu Constantin gesagt?«
    »Dass Beliar einen Hexenbanner nach Straßburg bestellt hat. Und dass er zu Mittsommer die vier Fürsten entsenden will. Sie sollen überall verkünden, dass Constantin nicht länger König ist. Beliar plant, unseren Herrscher zu stürzen und den Konvent zu vernichten. Er will uns alle vernichten.«
    Ravenna holte tief Luft. »Lucian und ich haben den Hexenbanner gesehen. Er kommt aus Paris.« Sie musste daran denken, wie gefühllos der grauhaarige Mann das Urteil gegen Melisende und den Jungen verlas. »Wissen Nevere und die anderen schon von der drohenden Gefahr?«
    Marvins Gesicht wurde zornrot. »Notgedrungen ja. Der Bannbrief des Hohen Rats wurde ihnen gleich am Morgen nach Melisendes Hinrichtung überstellt. Seitdem können wir uns nur noch innerhalb der Mauern des Konvents aufhalten – innerhalb der Heidenmauer, wie du sie nennst. Die Nachricht vom Tod der großen Hexe und dein Verschwinden haben die Sieben arg getroffen.«
    »Lucian und ich sind nicht verschwunden. Wir sind auf der Jagd nach dem Siegel des Sommers und haben auch schon eine Spur gefunden«, erklärte Ravenna. Wie immer, wenn sie den Namen ihres Geliebten aussprach, bekam sie Herzklopfen. »Sag, Marvin, ist er bei dir in die Lehre gegangen, so wie ich bei Josce, Aveline und den anderen Magierinnen? Hat er alles erfahren, was er als Gefährte einer Hexe wissen muss?«
    Marvin pfiff ein Lied und kratzte sich unter der Mütze. »Das sind schon zwei Fragen«, meinte er. »Doppelte Fragen, doppelter Preis.«
    »Du bekommst die Münzen aus meiner Welt und dafür erhalte ich die Antwort auf alle meine Fragen«, gab Ravenna in scharfem Ton zurück. »Sonst werde ich Nevere mitteilen, dass du ihr und den Sieben dein Wissen vorenthältst, wenn es dir in den Kram passt. Ich nehme an, du hättest erst ihr von dem Hexenbanner berichten müssen, bevor du mit deiner Entdeckung zu Constantin rennst.«
    Marvin bleckte die Zähne. »Mit dir machen Verhandlungen gar keinen Spaß«, maulte er. »Um es kurz zu machen: Selbstverständlich wurde Lucian von mir in den erfinderischen und listenreichen Künsten von Lammas geschult. Und bei

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