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Die Hexen von Eastwick

Titel: Die Hexen von Eastwick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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fand sie großartig, bis auf ihre
Bogenführung, die schien mir ein bißchen abgehackt. Himmel, man
muß ja hier ganz schön aufpassen, daß man nicht ins Fettnäpfchen
tritt. Ich habe der guten alten Alexandra gegenüber meinen
Instal ateur erwähnt und daß er nicht gerade eine Leuchte ist, und was
stel t sich heraus: er ist ihr bester Freund.»
«Nicht mein bester Freund, einfach ein Freund.» Sie fühlte sich
genötigt zu dieser Abwiegelung. Dieser Mann, erkannte Alexandra
inmitten der Verwirrung des Augenblicks, hatte die rohe instinktive
Gabe, eine Frau aus sich herauszulocken, sie dazu zu bringen, daß sie
mehr von sich preisgab, als sie eigentlich wol te. Er hatte Jane
beleidigt, und da stand sie und sah zu ihm auf mit der feuchtäugigen,
stummen Faszination eines gepeitschten Hundes.
«Der Beethoven war besonders gut, das müssen Sie zugeben.»
Parsley ließ nicht locker in seinem Bestreben, Van Horne irgendein
Zugeständnis abzuringen, eine erste Übereinstimmung, eine Basis, auf
der sie sich beim nächstenmal begegnen könnten.
«Beethoven», sagte der wuchtige Mann mit gelangweilter
Sachverständigkeit, «hat seine Seele verkauft, um diese letzten
Quartette zu schreiben; er war stocktaub. Al diese Typen aus dem 19.
Jahrhundert haben ihre Seele verkauft. Liszt. Paganini. Was sie
gemacht haben, war nicht mehr menschlich.»
Jane hatte die Sprache wiedergefunden. «Ich habe geübt, bis meine
Finger bluteten», sagte sie und starrte unverwandt auf Van Hornes
Mund, den er soeben mit dem Ärmel abgewischt hatte. «Al diese
schrecklichen Sechzehntel im zweiten Andante.»
«Sie werden hübsch weiter üben, kleine Jane. Das Ganze ist zu fünf
Sechsteln Muskelgedächtnis, das wissen Sie. Wenn das funktioniert,
kann das Herz anfangen, sein Lied zu singen. Bis dahin sind Sie
blockiert. Führen einfach nur die Bewegungen aus. Hören Sie, wie
    wär’s, wenn Sie demnächst mal zu mir rüberkommen, und wir
fummeln uns irgendeinen Klavier- und Cellokram vom alten Ludwig
zurecht? Diese a-Moll-Sonate ist ein absolutes Zuckerschlecken, wenn
Sie das Legato nicht verpatzen. Oder die e-Moll von Brahms: fabuloso. Quel Schmalz! Ich glaube, sie steckt noch in den alten Knochen.» Er
wedelte mit al en zehn Fingern vor ihren Gesichtern herum. Seine
Hände waren gespenstisch weißhäutig unter dem Haarvließ, wie
enganliegende Chirurgenhandschuhe.
Ed Parsley bezwang sein Unbehagen, indem er sich zu Alexandra
wandte und in schmierigem Verschwörerton sagte: «Ihr Freund
scheint zu wissen, wovon er redet.»
«Bei mir sind Sie falsch, ich habe den Herrn eben erst
kennengelernt», sagte Alexandra.
«Er war ein Wun derkind», sagte Jane, auf einmal zornig und
defensiv. Ihre Aura, normalerweise ein stumpfes Mauve, hatte sich zu
einem streifigen Orchideenblaurot gebauscht und verriet Erregung –
durch welchen Mann war unklar. Der ganze Raum, so kam es
Alexandra vor, war durchwölkt von ineinanderfließenden,
pulsierenden Auren, Übelkeit erregend wie Zigarettenrauch. Sie fühlte
sich benommen, ernüchtert und sehnte sich danach, zu Hause zu sein
bei Coal und dem stil vor sich hin tickenden Brennofen und der
kalten nassen auf sie wartenden Plastizität des Tons in den
Rupfensäcken, die sie aus Coventry herbeigeschafft hatte. Sie schloß
die Augen und wünschte, daß dieser eigentümliche Nexus, in dem sie
gefangen war, dieses Geflecht aus Aufgewühltheit, Abneigung,
radikaler Verunsicherung und unheilvol em Machtwil en, der nicht
nur von dem dunklen Fremden ausging, sich auflöse.
Einige ältere Pfarrkinder drängelten sich unauffäl ig vor, um ihren
Teil von Reverend Parsleys Aufmerksamkeit zu erheischen, und er
kehrte sich ihnen mit Schmeichelworten zu. Das weiße Haar der
    Damen schimmerte in den Höhlungen ihrer Dauerwellen-Locken in
den zartesten Gold- und Blauschattierungen. Raymond Neff gesellte
sich zur Gruppe, verschwenderisch schwitzend, glühend vor Triumph
über das gelungene Konzert, und ließ, ruhmestaub, die wie aus einem
Mund vorgebrachten Komplimente über sich ergehen, bevor er selig
wieder abzog, mit Jane, seiner Geliebten, seiner Gefährtin im
musikalischen Kampf. Auch Jane war mit feuchtem Glanz überzogen,
an Schultern und Hals, vor lauter Erregung und Anstrengung.
Alexandra hatte es bemerkt und war gerührt. Was fand Jane an
Raymond Neff? Und was fand Sukie an Ed Parsley? Beide Männer
hatten für Alexandra, als sie nah bei ihr standen, einen
unangenehmen,

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