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Die Hexen von Eastwick

Titel: Die Hexen von Eastwick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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ranzigen Geruch gehabt. Joe Marinos Haut dagegen
dünstete eine süße Säuerlichkeit aus, wie das schalmilchige Aroma,
das man bei einem Baby riecht, wenn man die Wange an die flaumige
knochige Wärme des kleinen Schädels schmiegt. Plötzlich war sie
wieder al ein mit Van Horne und hatte Angst, er werde ihr wieder
seine flehentlichen Konversationsversuche auf die Seele laden, aber
Sukie, die sich vor nichts fürchtete, rotgolden und kroß und
schimmernd, auf Reporterpirsch, drängte sich durch die Menge und
fädelte ein Interview ein.
«Was hat Sie in dieses Konzert geführt, Mr. Van Horne?» fragte sie,
nachdem Alexandra die beiden schüchtern miteinander bekannt
gemacht hatte.
«Mein Fernsehapparat ist unpäßlich», war die mürrische Antwort.
Alexandra begriff, daß er es vorzog, seine Bekanntschaften selber
anzuspinnen, auf seine Art; aber es gab kein Entrinnen vor Sukies
Fragen, ihr kleines eifriges Äffchengesicht leuchtete wie ein
neugeprägter Penny.
«Und was hat Sie in diesen Teil der Welt verschlagen?» war ihre
nächste Frage.
    «Es war Zeit abzuziehen aus dem verträumten New York», sagte er.
«Zu viele Raubüberfäl e, Mieten wachsen in den Himmel. Der
Kaufpreis hier war günstig. Ist das etwa für eine Zeitung?»
Sukie leckte sich die Lippen und sagte: «Schon möglich, daß ich es
im Anzeiger bringe, in meiner Kolumne ‹Gehört und gesehen›.»
«Jesus, tun Sie mir das nicht an», sagte der schwere Mann in dem
ausgebeulten Tweedjackett, «ich bin hergekommen, um dem
Publicityrummel zu entgehen.»
«Darf ich fragen, was für eine Art Publicityrummel Sie genossen
haben?»
«Wenn ich’s Ihnen sagte, gäbe es noch mehr Rummel, hab ich
recht?»
«Wäre möglich.»
Alexandra staunte über Sukie, über ihre heitere Unverfrorenheit.
Ihre kecke, ockerfarbene Aura verschmolz mit dem Schimmer ihres
Haars. Van Horne wol te sich gerade abwenden, da sagte Sukie: «Die
Leute behaupten, Sie seien Erfinder. Was erfinden Sie denn so?»
«Schnuckelchen, selbst wenn ich mir die Nacht um die Ohren
schlagen würde, um es Ihnen zu erklären, Sie verstehen es doch nicht.
Es hat hauptsächlich mit Chemie zu tun.»
«Versuchen Sie’s», drängte Sukie, «probieren Sie, ob ich es verstehe.»
«Bringen Sie es in Ihrem ‹Gehört und gesehen›, und ich kann
ebensogut ein Rundschreiben verfassen und an die Konkurrenz
schicken.»
«Niemand, der nicht in Eastwick wohnt, liest den Anzeiger, Ehrenwort. Nicht einmal in Eastwick liest man ihn, die Leute sehen
sich höchstens die Annoncen an und gucken nach, ob ihr Name
erwähnt ist.»
«Hören Sie, Miss –»
    «Rougemont. Ms. Ich war verheiratet.»
«Was war er, Frankokanadier?»
«Monty sagte immer, seine Vorfahren kämen aus der Schweiz. Er
verhielt sich schweizerisch. Schweizer haben doch Quadratschädel,
oder?»
«Bin überfragt. Ich dachte, das wären die aus der Mandschurei. Die
haben Schädel wie Zementblöcke, deswegen konnte Dschingis-Khan
sie so adrett aufstapeln.»
«Ist Ihnen klar, daß wir ziemlich weit von unserem Thema
abgekommen sind?»
«Meine Erfindungen – verstehen Sie, ich kann nicht darüber
sprechen. Man spioniert mir nach.»
«Wie aufregend! Für uns al e», sagte Sukie, und ihr Lächeln schob
die Oberlippe, köstlich gefältelt, so weit hinauf, daß die Nase sich
kräuselte und rosiges Zahnfleisch zum Vorschein kam. «Und wie
wär’s nur für mich, für mein ganz privates ‹Gehört und gesehen›? Und
für Lexas? Ist sie nicht phantastisch?»
Van Horne wandte schwerfäl ig den großen Kopf, als wol e er das
nachprüfen; Alexandra sah durch seine blutunterlaufenen, blinzelnden
Augen sich selbst wie am anderen Ende eines Fernglases: erschreckend
klein, eine Kerbe hier, eine da und mit grauen Strähnen im Haar. Er
beschloß, die erste von Sukies letzten beiden Fragen zu beantworten.
«Ich habe in letzter Zeit eine Reihe Schutzbeschichtungen entwickelt
– eine Fußbodenappretur, die man auch mit einem Steakmesser nicht
einritzen kann, wenn sie erst mal hart geworden ist, einen Überzug,
den man auf rotglühenden Stahl sprüht und der sich beim Abkühlen
mit den Kohlenstoff-Molekülen verbindet – Ihre Autokarosserie leidet
an Metal ermüdung, bevor sie anfängt zu rosten. Synthetische
Polymere – das ist das Schlüsselwort Ihrer schönen neuen Welt,
Honigschätzchen, und es geht gerade erst los. Bakelit wurde 1907
    erfunden, synthetisches Gummi 1910, Nylon um 1930. Besser, Sie
prüfen die

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