Die Hexenadvokatin
Eltern der jungen Frau. Sie lehnte jede Verantwortung ab und bat darum, Constanze aus dem Konvent zu nehmen und der Obhut von Ärzten zu übergeben. Das Edelfräulein gebärdete sich daraufhin erst recht wie eine Wahnsinnige.
Sie kreischte und heulte, man möge sie doch um Himmels willen nicht aus den heiligen Mauern des Klosters verstoßen. Sie sei sonst verloren! Nach eindringlichem Befragen durch den etwa sechzigjährigen Beichtvater der Nonnen, den Kapuzinerpater Giacomo Monte aus Perugia, gestand das Mädchen seine Befürchtung, außerhalb des Klosters einem gefährlichen Dämon zum Opfer zu fallen.
Dieser böse Geist - gewiss der Satan persönlich - erscheine ihr ja sogar innerhalb dieser gesegneten Mauern des Nachts in ihrer Zelle. Er quäle und foltere sie grausam, und alles zu dem Zweck, dass sie Gott, der Kirche und allen Heiligen entsage.
»Aber an geweihtem Orte vermag ich dem Bösen immerhin zu widerstehen - wenn auch nach jeweils längerem Kampf. Ohne die Gemeinschaft der frommen Frauen wäre ich ihm schutzlos ausgeliefert«, machte Constanze verzweifelnd geltend. Dann erklärte sie, der Dämon erscheine ihr in der Person und Gestalt des herzoglichen Hofrats, Rupert Wolfgang zu Mangfall-Pechstein …
Verschämt gestand sie, der junge Mann sei überdies bestrebt,
ihr gewaltsam die Unschuld zu rauben. Sie müsse regelmäßig hart mit ihm ringen, denn der böse Geist sei äußerst stark und gewalttätig. Er versuche, ihr das Gewand herunterzureißen, betaste ihre Brüste, entblöße ihre Scham und sage unaussprechliche Dinge zu ihr, welche geeignet seien, ihr die Schamröte ins Gesicht zu treiben.
Auch auf wiederholtes Nachfragen des Kapuziners hin weigerte sich Constanze strikt, jene widerwärtigen Schamlosigkeiten zu wiederholen.
»Aber der Dämon lässt immer ab von mir, sobald es mir gelingt, ihm das Kruzifix meines Rosenkranzes vors Gesicht zu halten und ihm zu befehlen: ›Weiche von mir, Satanas!‹«, behauptete die junge Frau, die einen völlig aufgewühlten Eindruck machte.
Der Fall schlug hohe Wellen - und nicht nur in München. Im gesamten Bayern und später in ganz Deutschland und darüber hinaus hörte man von der Ungeheuerlichkeit, dass ein am Hofe des Herzogs tätiger Geheimer Rat und Oberster Kommissar in Malefiz- und Hexenangelegenheiten als Dämon einem unschuldigen jungen Mädchen erscheine. Wie üblich setzte bald niemand mehr ein Fragezeichen hinter die Behauptungen; für die meisten galten die Vorwürfe, je öfter sie wiederholt wurden, stillschweigend als erwiesen …
Dass der Geheime Rat selbst zurzeit in Italien und damit außer Reichweite der herzoglichen Justiz weilte, nahm man ihm dabei besonders übel. Niemand rechnete damit, dass er je wieder nach München zurückkäme.
Die Besuche von Constanzes Dämon häuften sich in der nächsten Zeit. Niemand nahm an der Tatsache Anstoß, dass »der junge Herr« Hunderte von Meilen weit entfernt war.
Schließlich hatte jeder schon davon gehört, dass genau wie Hexen auch Dämonen durch die Lüfte fliegen konnten …
Jede Nacht attackierte »Rupert« angeblich die jungfräuliche Constanze von Heilbrunn-Seligenthal und bedrängte sie in seiner unreinen Gier, ihm Dinge zu gestatten, die eine katholische Frau nicht einmal ihrem angetrauten Gatten erlauben durfte.
»Der Dämon will, dass ich mich nackt auf ihn setze, sein riesiges, eiskaltes Glied in meinen Schoß aufnehme und auf ihm reite«, behauptete sie eines Morgens vor dem gesamten Kapitel der verstörten, aber zugleich angenehm erregten Nonnen und ihrem reichlich verlegenen Beichtvater, Padre Giacomo.
Ihm war ja im Laufe der Jahre schon einiges an sündhaften Anfechtungen und erotischen Wunschträumen der Klosterfrauen zu Ohren gekommen, aber diese blutjunge Novizin schlug alle um Längen …
Der Beichtvater hatte darauf bestanden, dass Constanze ihre jungfräuliche Scheu ablegte und dem Konvent die nächtlichen Vorgänge detailliert schilderte. Die Bedrängte rang sich »schweren Herzens« dazu durch, wies jedoch zugleich mit großem Nachdruck auf Bissspuren an ihren Unterarmen und Knien hin. Angeblich hatte der böse Geist sie ihr beigebracht.
Ein anderes Mal behauptete die Novizin - deren unversehrtes Hymen auf Betreiben ihrer Eltern hin inzwischen durch zwei Hebammen »amtlich« bestätigt worden war -, dass der Dämon sie heftig gedrängt habe, ihm den Verkehr a tergo , also von hinten, zu gestatten.
Das galt an sich schon als Todsünde; überdies aber
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