Die Hexenadvokatin
ausgezeichnete Küche, Mater«, lobte der weißhaarige, ein wenig beleibte Geistliche die Mahlzeit wohlwollend; und sein Kaplan, ein magerer, noch jüngerer Mann mit strähnigem blondem Haar, namens Adam Kracht, leckte sich die Lippen und nickte begeistert.
»Wir kochen italienisch«, erwiderte die Mutter Oberin und ihre lebhaften schwarzen Augen funkelten vor Stolz. »Unsere Küchenschwestern beherrschen die Kunst, auch aus einfachen Dingen schmackhaftes Essen zuzubereiten.«
»Wie wahr, wie wahr, Mater«, entgegnete der Geistliche ein wenig zerstreut. Sein junger Gefährte hingegen schien durchaus bereit, noch länger bei diesem interessanten Thema zu verweilen. Aber ehe er das Wort ergreifen konnte, erhob sich sein Vorgesetzter, schob den Stuhl zurück und schritt im Zimmer der Oberin auf und ab.
»Erzählt mir mehr über das Fräulein«, ersuchte er die Oberin. »Wenn der Dämon sie bedrängt - Ihr sagtet, er tue dies jetzt auch während des Tages -, ist die angehende Nonne dann überhaupt ansprechbar?«
»Meistens ja, Hochwürdiger Herr. Sie beschreibt uns genau, wie der böse Geist sie unzüchtig berührt, welche unziemlichen Reden er führt und …«
»Das bedeutet also, dass Ihr den Dämon nicht sehen und hören könnt?«, erkundigte er sich interessiert.
»Nein, Herr. Nur die Gräfin vermag ihn zu sehen und sie hat uns glaubhaft versichert, dass er immer in der Gestalt des jungen Mannes bei ihr erscheint, den wir alle als einen der Geheimen Räte Seiner Durchlaucht kennen. Es handelt sich um Graf Rupert zu Mangfall-Pechstein, den Herzog Maximilian als außerordentlich fähigen Mann schätzt und der sich im Augenblick in Rom bei Seiner Heiligkeit, Papst Paul V., aufhält.«
»Nanu? Was hat er denn da zu suchen?« Jacobus Fürmeyer wirkte einigermaßen irritiert.
»Er ist der Anführer einer Delegation des Herzogs, welche die Kurie und den Heiligen Vater dazu bewegen soll, den Bannspruch gegen den Vorfahren Seiner Durchlaucht, Kaiser Ludwig den Bayern, aufzuheben.«
»So, so! Na, da scheint der Herzog ja gerade den Richtigen mit einer so sensiblen Aufgabe betraut zu haben«, bemerkte der Abgesandte des Bischofs süffisant und lächelte ein wenig abfällig. Sicher hatte der Fürst es nicht für notwendig erachtet, sich vorher mit dem Bischof zu beraten … Maximilian liebte bekanntermaßen Alleingänge.
»Ich möchte fast wetten, dass dieser Herr erfolglos aus Rom zurückkehren wird«, sagte er mit einer geringschätzigen Handbewegung.
»Das denke ich auch, Hochwürden«, pflichtete ihm die Oberin bei. »Außer der Herzog würde es sich eine Unsumme kosten lassen.«
Sie betätigte eine kleine Tischglocke und gleich darauf tauchten zwei Schwestern auf, die sich nach einem Knicks vor den Geistlichen stumm daranmachten, den Tisch abzuräumen. Solange stockte die Unterhaltung. Kaplan Adam Kracht blickte den Resten des gespickten Rehbratens in köstlicher Rotweinsoße mit Rosmarin und Thymian, samt dem klein geraspelten
Selleriesalat und den Klößchen aus Maisgrieß mit einer gewissen Wehmut hinterher.
Kaum hatte sich die Tür des Gemachs der Ehrwürdigen Mutter wieder geschlossen, ergriff Mater Maria Luisa erneut das Wort: »Es ist doch bezeichnend, dass dieser bewusste Herr sich mit seinen teuflischen Absichten an unsere Mitschwester heranwagt, kaum dass er selbst sich im sicheren Ausland befindet.«
»Nun ja! Noch wissen wir ja gar nicht, ob es sich tatsächlich um den besagten Edelmann handelt, Ehrwürdige Mutter. Der Teufel ist gerissen und versteht es durchaus, sich in jede ihm nützlich erscheinende Gestalt zu verwandeln.«
»Die junge Dame ist sich vollkommen sicher, dass es dieser Graf zu Mangfall-Pechstein ist«, beharrte die Oberin. »Sie kennt ihn schließlich von Kindheit an. Er versuchte kürzlich, sich ihr als Gemahl anzudienen. Aber sie lehnte ab, weil sie sich dem Dienst am Herrn verschrieben hat. Der Dämon sieht aus wie Herr Rupert und spricht mit seiner Stimme und in der gleichen Tonlage, wie sie dem jungen Herrn zu eigen ist. Sie erkennt sogar seine typischen Gesten: Der Graf ist Halbitaliener, müsst Ihr wissen, und daher sehr temperamentvoll; er pflegt sozusagen mit den Händen zu reden.
Allerdings sind die Worte, die er jetzt benutzt, abstoßend und gemein. Und was er von dieser reinen Magd Gottes zu verlangen sich erdreistet, ist so sündhaft, dass Fräulein Constanze jedes Mal vor Scham in Tränen ausbricht, wenn sie das Gesagte wiederholen soll.«
»Kein leichter Fall«,
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