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Die Hexenadvokatin

Die Hexenadvokatin

Titel: Die Hexenadvokatin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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Flecken und Bisse zuzufügen. Das tat unheimlich weh und inzwischen begannen manche der Wunden zu eitern. Langsam machte sich Constanze auch ernsthafte Sorgen um ihre Schönheit - was wiederum ihre Wut auf Rupert steigerte. Auf Dauer konnte sie kaum mehr durchhalten …
    Hin und wieder beschlich sie bereits die Vorstellung, das ganze Theater einfach aufzugeben: Sie könnte die Sache langsam ausklingen lassen und behaupten, der Dämon sei es leid, eine standhafte Jungfrau zu umgarnen.
    Was sie nicht wusste, war, dass es gar nicht mehr in ihrer Macht stand, die Uhr anzuhalten. Denn was sie in ihrer gehässigen Unüberlegtheit angestoßen hatte, entwickelte längst eine eigene Dynamik.

KAPITEL 41
    15. Januar 1612, im Kloster der Franziskanerinnen
     
    MITTLERWEILE EMPFAND CONSTANZE regelrecht Panik beim bloßen Anblick der spanischen Patres. Die mageren, hochgewachsenen Gestalten in den bodenlangen, schwarzen Mänteln jagten ihr einen Schauer über den Rücken: Mit ihren nahezu identisch ausgezehrten Gesichtern, in denen unter schwarzgrauen Haarkränzen wahre Falkenaugen glühten, hätten sie Brüder sein können - ja sogar Zwillinge.
    Auch sonst waren sie sich ziemlich ähnlich: beide gerissen und hochgebildet, immer todernst und bar jeglichen Sinns für Humor. Als messerscharfe Analysten und gnadenlose Gegner
ketzerischen Gedankenguts deckten sie kleinste Fehler und Widersprüche auf und gaben sich niemals mit vagen Angaben zufrieden.
    Constanze wollte während der nächsten Befragung die Bemerkung einfließen lassen, der Dämon habe ihr angekündigt, sie künftig in Ruhe zu lassen, weil er ihrer Frömmigkeit überdrüssig sei und sich ein willfährigeres Opfer suchen wolle. Ehe sie jedoch den Mund aufzutun vermochte, machte ihr Don Federigo de Morales eine Mitteilung, die sie vor Schreck verstummen ließ:
    »Diesen Dämon wollen wir jetzt im Augenblick einmal beiseitelassen, mein Kind. Uns ist daran gelegen herauszufinden, wie es sich mit Euch selbst verhält: Ob Ihr in der Tat eine im Stande der göttlichen Gnade Befindliche und als solche eine als Heilige zu Verehrende - oder ob nicht am Ende Ihr selbst ein Dämon seid, den die Kirche mit aller Macht bekämpfen muss.«
    »Was meint Ihr damit, Ehrwürdiger Vater?«, fragte Constanze mit kalkweißem Gesicht und zitternden Lippen. »Ihr denkt doch nicht wirklich, dass ich eine - Hexe bin?«
    »Ihr wärt wahrlich nicht die Erste, die sich zum Schein das Mäntelchen von Gottesfurcht und Frömmigkeit umhängt, Jungfer Constanze. Unsere Aufgabe ist es, hinter Eure Fassade zu schauen, um uns ein Bild von Eurem Charakter zu machen.«
    Don Manuel de Silva-Esteban fügte - wie um der Gräfin den nächsten Tiefschlag zu versetzen - hinzu, dass ab sofort beinahe sämtliche Kontakte zur Außenwelt für sie verboten seien. Außer ihnen, den Inquisitoren, dürften nur noch der Beichtvater und die Mutter Oberin ihre Zelle betreten, jedoch keine der übrigen Schwestern. Nicht einmal den Besuch der Messe gestatteten sie ihr noch.

    »Sobald wir sicher sind, dass Ihr keine Hexe seid, werden diese Restriktionen natürlich sofort aufgehoben«, versprach Don Manuel.
    »Ich werde die Mutter Oberin beauftragen, meinen Vater zu veranlassen, mich sofort aus dem Kloster nach Hause zu holen. Ich will und kann hier nicht mehr länger bleiben«, schoss es Constanze durch den Kopf. Das von ihr angezettelte Komplott wandte sich zunehmend gegen sie selbst. Es war wie im Hochgebirge: Aus einem harmlosen Schneeball konnte sich eine tödliche Lawine entwickeln.
    Was sie nicht wusste, war, dass die Patres bereits mit ihrem Vater im Zimmer der Oberin gesprochen hatten. Arrogant und äußerlich völlig ungerührt hatte der Edelmann ungehinderten Zugang zu seiner Tochter verlangt.
    »Constanze hat die Profess noch nicht abgelegt«, erinnerte er die Herren mit hochmütiger Miene. »Sie ist demnach keine Nonne, die in Klausur gehalten werden kann. Ich will sie daher unverzüglich sehen und ohne Zeugen mit ihr sprechen.«
    Dabei war der Graf von Heilbrunn aufgestanden und zur Tür geschritten, um seinen Worten sogleich die Tat folgen zu lassen.
    »Ihr erlaubt, dass ich Euch zu Eurem Stuhl zurückgeleite - unser Gespräch ist noch keineswegs zu Ende. Wir hatten noch nicht die Gelegenheit, Euch unsere Gründe darzulegen, die es geboten erscheinen lassen, niemanden außer uns beiden und Mater Maria Luisa zu Eurer Tochter vorzulassen - nicht einmal Euch, Graf.«
    Blitzschnell hatte ihm einer der Jesuiten den

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