Die Hexenadvokatin
gebracht, wo Ihr seitdem gesundgepflegt werdet, da Ihr Euch erbittert gegen Eure Entführung zur Wehr gesetzt und erhebliche Blessuren davon getragen habt. Euer Oheim habe, sobald er davon erfuhr, Euren Eltern Nachricht von dem Vorfall geschickt.«
»Das klingt wirklich gut«, musste Graf Wolfgang Friedrich zugeben und auch Eleonora nickte zögerlich. »Das ist der beste Gedanke, Pater, der bis jetzt geäußert wurde«, stimmte selbst Alberta zu und man einigte sich schließlich auf diesen gewitzten Vorschlag des Benediktiners.
Und genau diese Variante gedachte Pater Winfried dem Herzog nun vorzutragen - mit dem kleinen Unterschied, dass Maximilian ihm zuvorgekommen war und es keinen Sinn mehr hatte, Albertas Anwesenheit in München länger zu bestreiten.
Er blickte in die wissenden, dunkelgraublauen Augen des Herzogs und befand es für besser, nicht lange um den heißen Brei herumzureden.
»Durchlaucht, die gräfliche Familie hat mich damit beauftragt, sozusagen das Terrain zu sondieren. Mein Herr - der übrigens durch die schändliche Behandlung italienischer Banditen noch immer nicht ganz auf der Höhe ist - hat diesbezüglich große Bedenken.«
»Welche Art von Bedenken?«, stellte der Herzog sich
dumm. »Nun, der Neider sind es freilich viele und nichts ist gefährlicher als ein ehrgeiziger und skrupelloser Konkurrent oder verheerender als der Hass einer sich verschmäht fühlenden Frau.«
Maximilian dachte dabei unwillkürlich an Maria de Medici, die er einst als Braut abgelehnt hatte. Er konnte von Glück sagen, dass sie ihm seinerzeit nicht die Augen ausgekratzt hatte …
»Setzt Euch, Pater, und lasst mich Eure Sichtweise der Angelegenheit erfahren«, bat er den Benediktiner und nahm seinerseits auf einem kunstvoll gearbeiteten Polsterstuhl Platz. Maximilian schien sich viel Zeit für das Gespräch nehmen zu wollen, denn er beauftragte einen Diener - ohne den Mann eines Blickes zu würdigen -, er solle ihm die Bittsteller und anderen Besucher heute Morgen vom Halse halten. Dann schlug er ein mageres schwarzbestrumpftes Bein über das andere und richtete seinen strengen Blick auf den Mönch.
»Nun, Pater, sprecht.«
Zur selben Zeit in Constanzes Zelle
Die Gräfin hatte erneut eine ausgesprochen schlechte Nacht verbracht. Seit neuestem war es Vorschrift der Jesuiten, dass nächtens eine Nonne mit ihr die Zelle teilte - sozusagen als Garantin, dass Constanze sich nicht selbst Verletzungen zufügte. Die Mutter Oberin hatte ausgerechnet eine der ältesten Nonnen ihrer frommen Gemeinschaft dazu auserkoren.
Schwester Gundula schlug eine Art Feldbett neben dem Lager der Gräfin auf. Jeden Morgen wurde dieses Klappbett wieder entfernt, um die »Heilige« bei ihren Meditationen nicht zu stören. Gundula - seit langem schwerhörig - brauchte jeden
Abend nur etwa eine halbe Stunde, dann war sie eingeschlafen, wobei sie bis zur Matutin um zwei Uhr morgens laut schnarchte.
Aus jahrzehntelanger Gewöhnung an das Leben im Kloster erwachte sie stets pünktlich, um in die eiskalte Kapelle zu schlurfen. Es verstand sich von selbst, dass Constanze, die zu dieser Zeit ihren ersten Kampf mit dem Dämon bereits hinter sich hatte, im Bett liegen blieb, um sich »von den Schlägen zu erholen«.
Nach etwa einer dreiviertel Stunde kehrte Schwester Gundula schlaftrunken zurück und fand Constanze selig schlummernd in eine Decke gewickelt. Die gute Seele machte daraufhin seufzend im Schein ihrer Kerze das Kreuzzeichen über der Jüngeren und legte sich ihrerseits nieder bis zur Prim um sechs.
Dann erhob sie sich leise und verließ die immer noch Schlafende, die - wie die naive Nonne glaubte und auch bestätigte - in der Nacht mehrere Auseinandersetzungen mit dem Bösen zu bestehen hatte. Erst zur Terz um neun Uhr pflegte für die Gräfin die Nacht mit ihren Torturen vorbei zu sein.
Dann klopften vorsichtig zwei Laienschwestern an ihre Tür, traten ein und erkundigten sich unterwürfig, wie »das Juwel des Klosters« geruht habe. Dieser Name hatte sich für Constanze inzwischen eingebürgert, nachdem die Inquisitoren strengstens untersagt hatten, die Bezeichnung »heilig« noch einmal im Zusammenhang mit ihr in den Mund zu nehmen.
Wesentlich aber war, dass die gutgläubige Schwester Gundula Stein und Bein schwor, die Quälereien, von denen Constanze so blumig berichtete, entsprächen allesamt der reinen Wahrheit.
Es war gar nicht so leicht für die junge Gräfin, sich jede Nacht selbst die blauen
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