Die Hexenadvokatin
auch keine Anhänger von Schauprozessen gegen die Zauberei. Und auf einen solchen würde es hinauslaufen, wenn diese von Rachegelüsten zerfressene kleine Intrigantin weiter auf ihren Verrücktheiten beharrte. Der unglückliche Vater sah Alberta bereits als »Hexenmeister« auf der Anklagebank sitzen. Was seine Familie brauchte, war Schützenhilfe von angesehenen Männern.
Einen nach dem anderen ging der Graf die engsten Berater Maximilians gedanklich durch, ehe er wohlüberlegt die Kandidaten auswählte: Der einst so geschätzte Geheimrat Donnersberg war zwar nach und nach in den Hintergrund getreten, aber als Unterstützer des heiklen Anliegens ganz und gar nicht zu verachten. Wichtiger noch war der erst vor zwei Jahren ernannte
Geheime Rat Wilhelm Jocher. Er hatte gleichzeitig mit Herzog Maximilian in Ingolstadt die Rechte studiert und war im Jahre 1604 auf Geheiß des Fürsten mit einem ungewöhnlich großzügigen Gehalt in bayerische Dienste getreten. Man sagte Jocher nach, er befleißige sich einer scharfen, bisweilen sehr spitzfindigen Logik. Dazu war er ein gewiefter Jurist, dessen Ruf auch außerhalb Bayerns hervorragend war.
Was ihn für des Grafen Zwecke möglicherweise tauglich machte, war die Tatsache, dass er kein Politiker und vor allem kein starrer Dogmatiker war. Angeblich verfügte er über das rechte Gespür, Mögliches von Irrealem zu unterscheiden - eine Begabung, die ihn beizeiten mit dem doktrinären Pater Contzen, des Herzogs Beichtvater, in Konflikt geraten ließ.
Möglicherweise der begabteste Mann, den die bayerische Politik derzeit - außer dem Herzog selbst - besaß, war Bartholomäus Richel, ebenfalls ein Jurist. Er galt als unheimlich fleißig, hatte auch in Ingolstadt studiert und stand in Diensten des Bischofs von Eichstätt, ehe ihn der Ruf an den Münchner Hof ereilte.
Noch etwas war an ihm bemerkenswert: Richels Frau hatte man in Eichstätt als Hexe hingerichtet. Böse Zungen wollten wissen, Richel selbst habe sie denunziert und dadurch aufs Schafott gebracht. Unbestritten war, dass er sich gegenüber der Anklage und während des Prozesses eigenartig passiv verhielt … Wie Graf Wolfgang Friedrich erfahren hatte, zählte er in München allerdings zu den entschiedenen Gegnern von Hexenprozessen. Aufgrund seiner Erfahrung in diesen Dingen hatte er ihn daher auf alle Fälle kontaktiert.
Ein ganz unsicherer Kandidat war dagegen Paul Andreas Freiherr zu Wolkenstein, ein Jurist, gebürtig in Tirol, Schwiegersohn des Fürsten von Hohenzollern und Präsident am Reichskammergericht sowie Geheimer Rat in München mit
einer hohen Besoldung von dreitausend Gulden im Jahr. Vielleicht wäre er aber der Vernunft - verbunden mit einer anständigen finanziellen Zuwendung - zugänglich …
»Den Weg zum Geheimsekretär Doktor Christoph Gewold könnt Ihr Euch sparen«, hatte Bernhard zu Jetzenbach behauptet. »Er ist zwar Konvertit und einer der engsten Mitarbeiter des Herzogs, gleichzeitig aber ein entschiedener Befürworter der Hexenverfolgung in Bayern. Außerdem versucht er ständig, Seine Durchlaucht in seinem Sinne zu beeinflussen. Bei ihm wäre jeder Versuch, einen Hexereiprozess zu verhindern, vergebliche Liebesmüh’.«
Der alte Graf sah das etwas anders. Ihm kam es allein darauf an, seine Tochter aus der Schusslinie zu halten. Wenn man dagegen der Heilbrunnerin einen Prozess anhängen sollte, bereitete ihm das keine Kopfschmerzen. So lud er auch Christoph Gewold zu der »geselligen Runde« im Palais Mangfall-Pechstein.
Die Besonderheit von Doktor Esaias Leuker, ebenfalls ein konvertierter Protestant, der vor einem Jahr zum Geheimsekretär ernannt worden war, bestand wiederum in seiner allseits bekannten Bestechlichkeit. Das war immerhin gut zu wissen. Albertas Vater sollte es auf einen Batzen Geld nicht ankommen, wenn er dadurch die Unversehrtheit und den guten Ruf seines Kindes erkaufen konnte.
Am Hof galt neuerdings Balthasar Rampeck als der kommende Mann. Er sprach fließend Spanisch und der spanische König hätte ihn gerne als ständigen Vertreter Bayerns in Madrid gesehen. Wie er Hexenprozessen gegenüber eingestellt war, wusste man nicht so recht. Es kam immerhin auf einen Versuch an.
Bei Johann Georg Öxl, einem Juristen, dem Maximilian nach seiner Konversion Studium und Promotion finanziert hatte,
ehe er ihn zum Geheimsekretär machte, konnte man dagegen davon ausgehen, dass er ein Mensch war, der für Geld einiges zu tun bereit war …
Zum Erstaunen seiner Freunde
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