Die Hexenadvokatin
schloss Graf Wolfgang Friedrich auch Doktor Johann Christoph Fickler, den intriganten und verleumderischen Sohn von Johann Baptist, in die Runde mit ein.
Dieser galt zwar aufgrund seiner Doktorarbeit als eifriger Verfechter der Prozesse gegen Zauberer und Hexen - aber vielleicht nur aus Opportunismus und Eigennutz. Wenn bedeutende Männer in des Herzogs nächster Umgebung anders dachten, würde er möglicherweise umfallen. Ansonsten galt für ihn das Gleiche wie für den Geheimen Rat Gewold: Nichts sprach gegen ein Verfahren, bei dem Constanze auf der Anklagebank saß.
Alberta hatten der Graf und Pater Winfried klar vor Augen geführt, dass es im Augenblick besser war, sich nicht an die Öffentlichkeit zu wagen. Sie galt als verschollen und dies sollte auch noch eine Weile so bleiben, bis man Bescheid wusste, wie sich die Dinge entwickeln würden.
Den gleichen Rat hatte ihr zu ihrem größten Erstaunen auch der Herzog durch den Pater erteilen lassen. Den Grund dafür nannte der Fürst allerdings nicht und der Benediktiner wagte - ganz gegen seine Gewohnheit - nicht, Seine Durchlaucht danach zu fragen.
Davon, dass Alberta gar ihr wahres Geschlecht offenbaren sollte, war im Augenblick auch keine Rede mehr - zur großen Erleichterung ihres Vaters. Dem graute nämlich zu Recht ganz schrecklich vor diesem »Tag der Wahrheit«.
»Das wäre im Moment der denkbar schlechteste Zeitpunkt, den Ihr Euch für Eure Beichte aussuchen könntet«, hatte Pater
Winfried eindringlich gewarnt. »Der Herzog hat im Augenblick genug anderen Ärger - da müsst ihr nicht noch das Fass zum Überlaufen bringen.«
Alberta indes, die es tagaus, tagein wie ein gefangenes Wildtier im Palais herumtrieb, wollte einfach nur, dass der Spuk so bald als möglich ein Ende finden möge: Die Sehnsucht nach Albrecht raubte ihr nachts den Schlaf - und tagsüber quälte sie die Furcht vor dem, was sich in München noch zu ihren Ungunsten ereignen würde.
In der Tat, Maximilian war seit Wochen denkbar grimmiger Laune. Die Bediensteten in der Residenz und an anderen Orten, an denen Seine Durchlaucht zu erscheinen geruhte, zitterten bereits beim Klang seines Schrittes und dem leisesten Ton seiner Stimme.
»Es ist gar nicht nötig, dass der Herzog seine Wünsche laut äußert - schon ein strenger Blick seiner großen Augen genügt, um sämtliche Domestiken in Aufruhr zu versetzen«, pflegte sich sein Obersthofmeister, Graf Wolf Konrad von Rechberg zu beklagen. »Für die Betroffenen ist dies nicht sehr angenehm. Es hat allerdings auch sein Gutes: Das Hofleben funktioniert reibungslos. Jeder einzelne Schritt und jedes Detail des Protokolls erledigt sich mit der Präzision eines Uhrwerks beinahe von selbst und ist somit vorhersehbar. Nichts bleibt dem Zufall überlassen, was wiederum den unschätzbaren Vorteil hat, dass ich so gut wie niemals gezwungen bin zu improvisieren.«
Doch was war es, das dem Herzog solche Kopfschmerzen bereitete? Den Bauplatzkauf für sein geplantes Kapuzinerkloster in Niederbayern hatte Alberta noch schnell vor ihrer Romreise eingefädelt. Überraschend schnell und problemlos gab der vorige
Besitzer nach - nachdem ihn Wolfgang Friedrich an eine gewisse Sache, die sich vor Jahrzehnten zugetragen hatte, erinnert hatte …
Nicht einmal einen überhöhten Preis hatte der Edelmann zu fordern gewagt. Was der alte Graf gegen ihn in der Hand hatte, musste in der Tat gewichtig sein. Selbst seiner Tochter verriet Wolfgang Friedrich indes nicht, worum es sich dabei handelte.
Auch die Verhandlungen über die benötigten Grundstücke wegen der neuen Befestigungsanlagen der Stadt gingen gut voran.
Und was seinen Gegner, den Salzburger Erzbischof Wolf Dietrich von Raitenau, betraf, so konnte der Herzog ebenfalls zufrieden sein. Der Erzbischof hatte sich vollkommen unüberlegt zu einem Überfall auf die Fürstpropstei Berchtesgaden, die unter dem Schutz Bayerns stand, hinreißen lassen. Das sollte sein Untergang werden. Als Antwort auf Raitenaus Herausforderung ließ Maximilian seine Truppen gen Salzburg marschieren. Auf einen Waffenstillstand ließ der Landesfürst sich nicht ein. Der militärisch weit unterlegene Erzbischof sah sich gezwungen, aus Salzburg zu fliehen. Aber bereits wenige Tage später wurde zuerst Raitenaus Mätresse Salome Alt gefasst und kurz darauf der Erzbischof selbst - auf Kärntner Gebiet. Von Raitenau wurde am 23. November 1611 nach Hohensalzburg überstellt. Maximilian bereitete unterdessen alles für
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