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Die Hexenadvokatin

Die Hexenadvokatin

Titel: Die Hexenadvokatin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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Hexenjäger Hand in Hand zusammenarbeiteten …
     
    Sie ärgerte sich schrecklich, dass man sie erneut dabei ertappt hatte, wie sie müßig auf ihrem Strohsack lag, anstatt auf den Knien herumzurutschen und zu beten, wie es sich für eine
fromme Novizin - und eine Heilige zumal - gehörte. Um nicht wieder gescholten und des Müßiggangs beschuldigt zu werden, jammerte sie nach einer verspätet und hastig heruntergeleierten Begrüßung:
    »Heute geht es mir gar nicht gut, Ehrwürdige Väter.«
    Da keiner der Patres darauf reagierte, sondern beide seelenruhig Platz nahmen - der eine auf ihrer Bettstatt, der andere auf dem einzigen Hocker in dem kleinen Raum -, fügte sie wichtigtuerisch hinzu:
    »Seht nur, Ehrwürdige Väter, wie er mich wieder zugerichtet hat, der schreckliche Graf Rupert! Am späten Vormittag ist er hier gewesen und hat mich bis weit in den Nachmittag hinein geschunden und geschlagen. Darum bin ich auch so erschöpft.«
    Es gelang ihr, eine Träne aus dem linken Auge fließen zu lassen. Anstatt sie wegzuwischen, ließ sie den Tropfen seelenruhig über ihre Wange rinnen und auf den Kragen ihrer Kutte fallen. Sollten die Herren nur sehen, wie sehr sie litt. Als weiteres Zeichen ihres »Martyriums« schob sie den Ärmel ihres grauen Novizinnenhabits hoch und wies frische Kratzwunden vor.
    »Lasst sehen«, befahl kurz angebunden Don Manuel - vor seinem Eintritt in den Orden ein ehemaliger Marqués und Offizier König Philipps III. von Spanien - und griff ungeniert nach ihrem Arm.
    »Merkwürdig!« Er sah seinen Mitbruder bedeutsam an. »Es kommt kaum jemals vor, dass ein männlicher Dämon kratzt . Solche Fingernagelattacken scheinen mir eher weiblicher Kampftechnik anzugehören.«
    Ohne Constanze eines Blickes zu würdigen, ließ er ihren Arm fallen. Sie biss sich wütend auf die Lippen. Offenbar hatte sie es in ihrem Eifer übertrieben. Das war zwar peinlich, aber
die junge Frau war gerissen. Bitter auflachend zog sie den Ärmel wieder herunter.
    »Das habt Ihr gut erkannt, Ehrwürdiger Vater! Beim Versuch, mich mit meinen schwachen Kräften des starken Angreifers zu erwehren, habe ich mich aus Versehen selbst verletzt. Aber dennoch ist der Dämon der Schuldige.«
    Die Patres blickten einander kurz an und ließen das Gesagte unkommentiert. Gleich danach prasselten ihre Fragen in einer derartigen Geschwindigkeit auf Constanze hernieder, dass sie kaum noch zu Atem kam und ihr gar keine Möglichkeit blieb, sich Ausreden zurechtzulegen. Stießen die Mönche nur auf die geringste Unstimmigkeit, bohrten sie erbarmungslos nach.
    So, wie die Inquisitoren ihre Befragung aufbauten, kam sie einem Kreuzverhör gleich. Zuletzt flüchtete sich das Edelfräulein in einen Weinkrampf. Obwohl die Patres energisch darum ersucht hatten, sich ungestört mit der Novizin »unterhalten« zu können, stand auf einmal der Beichtvater des Klosters in der Zelle.
    »Was wollt Ihr, Bruder?«, herrschte ihn Don Manuel, unwirsch über die Unterbrechung, an. Dem schlichten Kapuziner war das Ganze sichtlich unangenehm.
    »Ich soll den verehrten Patres melden, dass der erlauchte Vater von Schwester Maria Constanze, der Graf von Heilbrunn-Seligenthal, sich seit einer halben Stunde im Kloster aufhält und seine Tochter endlich zu sehen wünscht«, stotterte er und zupfte verlegen an der dicken weißen Schnur, die seine Kutte um seine magere Leibesmitte herum zusammenraffte.
    »Dank für die Mitteilung, Bruder«, entgegnete Don Federigo kühl. »Meldet dem Grafen, dass er sich noch zu gedulden hat. Die Examination seiner Tochter ist für heute noch nicht beendet.« Dabei vollführte der Spanier eine herrische Handbewegung.
Der Kapuziner lief knallrot an, verbeugte sich und schlich davon wie ein kleiner Dienstbote, dem man befohlen hatte, sich schleunigst zu entfernen.
    Constanze sank der Mut. Falls sie gehofft hatte, die Patres wären von der Ankunft ihres Vaters eingeschüchtert, sah sie sich eines Besseren belehrt. Offensichtlich verärgert über die Störung machten die in pechschwarze Mäntel gehüllten Jesuiten weiter mit ihrem perfiden Verhör.
    Dabei war dies vorerst nur harmloses Vorgeplänkel, etwa: Welches Gewand hat der Dämon getragen, als er Euch das erste Mal aufgesucht hat? Welche Farbe hatten seine Schuhe? Mit welchen Worten hat er sich das erste Mal an Euch gewandt? Was war seine erste Gewalttat gegen Euch?
    Aber das Heimtückische daran war, dass sie in unregelmäßigen Abständen immer dasselbe erfahren wollten.
    Und

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