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Die Hexenadvokatin

Die Hexenadvokatin

Titel: Die Hexenadvokatin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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zwanzig Jahre Jüngeren.
    »Da ist Euch heute wahrlich ein Meisterstück gelungen, mein Freund! Auch Seine Durchlaucht hat das Urteil mit allergrößtem Wohlwollen aufgenommen. Maximilian hat von Anfang an mit Interesse den Verlauf dieses komplizierten Verfahrens verfolgt. Er war heute sehr angetan von Eurem salomonisch anmutenden Urteilsspruch.«
    Alberta fiel ein Stein vom Herzen. Gott sei Dank! Zwar hatte ihr Pater Winfried das Gleiche gesagt - aber das Lob direkt aus dem Munde dieses bedeutenden Mannes zu vernehmen, war doch noch etwas anderes. Immerhin hatte Seine Durchlaucht sogar den ältesten Sohn Preysings, Johann Maximilian, geboren 1609, aus der Taufe gehoben.
    »Nicht nur der Herzog war neugierig, wie Ihr Euch aus der schwierigen Situation herausmanövrieren würdet«, fuhr der Aristokrat, der seit Jahren das Vertrauen des Fürsten genoss, fort. »Ganz Bayern hat sich dafür interessiert. Ihr habt den Prozess mit großer Umsicht geführt, mon Cher - wobei man Euch bewundern muss, für Euren Mut, so hart am Rande der Legalität zu operieren. Nur noch ein winziger Schritt weiter
ins Abseits - und man hätte Euch mit Sicherheit die Gefolgschaft verweigert.«
    Offenbar hatte man auch bei Hofe begriffen, auf was für einen Husarenritt sich die »Hexenadvokatin« eingelassen hatte. Hätte sie nicht im Vorfeld dafür gesorgt, sehr kompetente Unterstützer zu finden, wäre er ihr vermutlich nicht allzu gut bekommen … Alberta musste schlucken.
    Ein sich dazu gesellender Freiherr aus dem bayerischen Oberland grinste: »Ihr seid jetzt in aller Munde und ich prophezeie Euch, Ihr werdet Euch vor Heiratsangeboten gar nicht mehr retten können, Graf. Und ich möchte es ebenfalls nicht versäumen, auf meine beiden reizenden Töchter, Sophie und Anna, hinzuweisen, sechzehn und achtzehn Jahre alt, die nur noch von Euch sprechen und mir extra aufgetragen haben, Euch schöne Grüße auszurichten.«
    Gräfin Alberta kannte die beiden Mädchen, seit sie acht und zehn Jahre alt waren und daheim mit ihrer kleinen Schwester Auguste Friederike gespielt hatten. Zuckersüß lächelte sie den Freiherrn an, aber allmählich hatte sie genug von den gut gemeinten Versuchen, sie mit jungen Damen zu verkuppeln.
    »Wenn die alle wüssten …«, dachte sie. Laut aber sagte sie: »Ich meinerseits soll Euren Töchtern liebe Grüße von meiner Schwester Gusti ausrichten. Ich habe einen Brief von ihr erhalten, dass sie neulich in Italien ihren Cousin geheiratet hat. Eigentlich war vorgesehen, dass ich an der Hochzeitsfeier teilnehmen sollte, aber da nicht sicher war, wie lange sich der Prozess noch hinziehen würde, wollten die jungen Leute nicht länger warten und haben ohne mich den Bund der Ehe geschlossen.«
    Eine Weile drehte sich das Gespräch um Verlobungen und kürzlich geschlossene Ehen und natürlich war Alberta wieder einmal die beliebteste Zielscheibe, als es darum ging, welcher
»der ledigen jungen Herren« sich wohl als Nächster unter das Joch der Ehe begeben würde. Die Gräfin zu Mangfall-Pechstein - unterstützt von Pater Winfried - war aber so geschickt, die Unterhaltung bald auf eine andere Spur zu lenken, nämlich auf »die schwierigen Zeiten«.
    Da bissen alle Anwesenden sofort an. »Es herrscht keine Ordnung mehr im Reich«, monierte der Gastgeber, Freiherr von Preysing. »Die Glaubensspaltung hat das Gleichgewicht empfindlich gestört. Es gibt ja mittlerweile nicht bloß Katholiken und Protestanten: Inzwischen haben sich die Protestanten auch noch aufgesplittert. Wir haben es jetzt mit Lutheranern, Calvinisten und nicht zuletzt mit Zwinglianern zu tun. Und jede Gruppierung glaubt, im alleinigen Besitz der Wahrheit zu sein.«
    »Wie wahr«, stimmte ihm Pater Winfried zu. »Das alte Weltbild hat endgültig an Bedeutung verloren. Die Einheit des Christentums scheint zerbrochen und die Welt insgesamt verändert sich rasend schnell. Das hat schon mit der Entdeckung des neuen Kontinents Amerika begonnen und mit Gutenbergs Erfindung der Druckerpresse. Wie leicht ist es heutzutage, seine Ansichten auch in schriftlicher Form unters Volk zu bringen!«
    »Leider, Pater, leider! Zumal das Volk gar nicht über die intellektuellen Kapazitäten verfügt, um die diversen Sachverhalte überhaupt begreifen zu können«, ereiferte sich der alte Pater Contzen, der Beichtvater Seiner Durchlaucht, des Herzogs.
    Unbemerkt hatte er sich an die Gruppe der Debattierenden herangeschlichen und als man seine unverwechselbare, heisere, ein wenig

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