Die Hexenadvokatin
der prächtigsten Residenzen Europas zu verwandeln …
»Bereits Euer Vater, Graf Wolfgang Friedrich, hat meinem Vater im Jahr 1589 einen guten Rat erteilt, nämlich den, in München zur Versorgung von Hof und Gesinde ein ›Herzogliches Hofbräuhaus‹ zu gründen«, erläuterte Maximilian und riss Alberta aus ihren Gedanken. »Euer Vater stellte ganz schlicht die Frage, weshalb der Herzog das nötige Bier für seinen Hof aus Einbeck - einem Ort im hohen deutschen Norden - beziehe, statt die damals 442 Eimer Winter- und die 1443 Eimer Sommerbier, die in der Residenz alljährlich getrunken werden, in München selbst brauen zu lassen.«
Alberta war zum wiederholten Male beeindruckt vom phänomenalen Zahlengedächtnis des Herzogs. Dass ihr Vater ein
ausgefuchster Rechner war, verwunderte sie dagegen weniger. Der Graf war zwar im Allgemeinen großzügig, aber bisweilen hielt er seine Ehefrau und die Kinder recht knapp …
»Meinen Vater hat das sofort überzeugt«, fuhr Maximilian fort. »Wie erwartet, sparte ihm dieser kluge Vorschlag eine gewaltige Summe ein, die bisher fremden Braustätten zugeflossen war. Natürlich mussten die Proteste der alteingesessenen Münchner Brauereien beschwichtigt werden«, sagte der Herzog und schmunzelte. »Man sicherte ihnen zu, dass das fürstliche Brauhaus nur zur Versorgung von Leuten des Hofes und seiner Domestiken genutzt und das dort hergestellte Bier nicht an die Münchner Bürger verkauft werden dürfe.
In der Nähe des Alten Hofs riss man ein Haus nieder und errichtete an seiner Stelle für 1477 Gulden das Herzogliche Brauhaus. Hoffentlich seid auch Ihr so ein gescheiter Kopf wie Euer Herr Vater, Herr Rupert! Nicht, dass es mir so ergeht wie dem vorigen Fürsten, meinem sehr verehrten Herrn Vater, Herzog Wilhelm, der glaubte, sich der dubiosen Dienste des angeblichen venezianischen Goldmachers Marco Bragadino versichern zu müssen, hahaha!«
Alberta fröstelte leicht. Was Maximilian offenbar so erheiterte, war - unter anderem - auch die Tatsache, dass der Venezianer, ein überführter Betrüger und Hochstapler, am 24. April 1591 auf dem Münchner Schrannenplatz auf Befehl des damaligen Herzogs Wilhelm hingerichtet worden war.
»Ich möchte auch nicht enden wie Anton Fugger, der Jüngere, der zum Jahreswechsel 1594 / 95 mit Schulden von insgesamt 223 774 Gulden in Konkurs gehen musste. Sogar sein Fluchtversuch ist ihm misslungen.«
»Vom Augsburger Bankhaus Welser munkelt man derzeit auch nichts Gutes, Durchlaucht«, warf Alberta ein. »Mit Müh und Not sollen sie eine Insolvenz abgewendet haben.«
»So? Davon hat mir keiner etwas gesagt!«, kam es grollend von Maximilian. »Ich finde es empörend, dass das jüngste Mitglied in meinem Geheimen Rat mehr weiß als meine langjährigen Finanzexperten. Ich werde mit den Herren ein ernstes Wörtchen zu sprechen haben.« Der Herzog runzelte ungnädig die rötlichen Augenbrauen.
Alberta, die auf jeden Fall verhindern wollte, sich gleich zu Anfang ihrer Tätigkeit Feinde am Hof zu machen, beeilte sich abzuwiegeln.
»Es sind bis dato lediglich Gerüchte, Durchlaucht. Die Herren von der Finanzkammer wollten Euch sicher nicht mit bloßen Ondits belästigen.«
»Mich interessieren auch Gerüchte, Graf. Sie sagen oft mehr aus als Tatsachen. Letztere bedeuten in der Regel, dass das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist und man kaum noch eine befriedigende Lösung findet. Auf Gerüchte hingegen kann man immer noch reagieren.«
Der Herzog schmunzelte erneut und spann seinen vorigen Gesprächsfaden weiter: »Übrigens verdanken wir Eurem Herrn Vater eine weitere Einnahmequelle. Graf Wolfgang Friedrich ist es letztlich zuzuschreiben, dass im Jahr 1587 in Bayern das landesherrliche Handelsmonopol für das Salz aus Reichenhall eingeführt wurde.«
»Ja, ich weiß, Durchlaucht. Damit ist die vierhundert Jahre andauernde Periode des bürgerlich-städtischen Salzhandels zu Ende gegangen«, entgegnete Alberta. »Nicht gerade zur Freude der betroffenen Städte …«
»Auf deren Frohsinn konnte mein verehrter Herr Vater keine Rücksicht nehmen. Er brauchte das Geld vor allem für den riesigen Bau des Jesuitenklosters und der Kirche Sankt Michael, sowie für die Errichtung seines Palastes, den er nach seiner Abdankung bezogen hat. Und vergesst nicht die 700 000
Gulden, die der Krieg um das Amt des Erzbischofs in Köln verschlungen hat.«
Es klang beinahe so, als wolle Maximilian sich für die überzogene Ausgabenpolitik seines
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