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Die Hexenadvokatin

Die Hexenadvokatin

Titel: Die Hexenadvokatin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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an der Steuerschraube drehen …«, mutmaßte die Gräfin. Der Briefe schreibende Vater war indes auch ihr unbekannt. Achselzuckend warf sie das Blatt Papier ins Kaminfeuer und hatte gleich darauf die Angelegenheit mit der verliebten Zuckerbäckerstochter vergessen.
    Ehe der Pater sich weiter dazu äußern konnte, meldete der Diener einen Boten mit einem Schreiben aus der herzoglichen Residenz. Erstaunt ließ ihn Alberta in den kleinen Salon bitten. Erst vor einigen Stunden hatte sie mit dem hohen Herrn doch noch ausführlich gesprochen. Irgendetwas Wichtiges musste der Herzog anscheinend vergessen haben.

KAPITEL 15
    27. September 1610, abends
     
    GLEICH DARAUF WUSSTE sie es. Als sie die genauen Umstände dieses weiteren Prozesses, den zu führen sie gebeten wurde, erfahren hatte, war Alberta am Boden zerstört. Nicht allein die Tatsache, dass es sich wieder um eine Anklage wegen Hexerei handelte, verstörte sie so, sondern vor allem die
Person der Angeklagten war geeignet, die Gräfin völlig aus der Fassung zu bringen. Schnell entließ sie den Trabanten.
    »Mein Gott, Pater, es handelt sich um Freda von Hoferichter , die Tochter des Lehrers und Erziehers meiner jüngeren Geschwister! Man hat sie angeklagt, Hexenkünste betrieben und sich dem Satan zugewandt zu haben.« Kreidebleich ließ Alberta sich auf einen Stuhl fallen. Auch der Benediktiner war zu Tode erschrocken.
    »Gütiger Herr Jesus! Das ist allerdings eine Katastrophe. Ihr müsst dem Herzog unbedingt mitteilen, dass Ihr diese Frau von Kindheit an kennt und dass Ihr daher …«
    »Der Herzog weiß das, Pater. Genau deshalb will er ja, dass ich diesen Malefizprozess führe! Damit könne allen Gegnern dieser Prozesse endlich bewiesen werden, dass in Bayern ohne Ansehen der Person und ohne den Bonus etwaiger Vetternwirtschaft gerechte und unparteiische Urteile gefällt werden. Genauso steht es in diesem Schreiben Seiner Durchlaucht!
    Aber ich kann das nicht! Pater, Ihr müsst mir helfen. Niemals wäre ich in der Lage, Freda dem Kerkermeister zur Folter zu überlassen.«
    »Hm. Ich kenne die leichtsinnige Freda doch auch von Jugend an und ich kann mir alles Mögliche bei ihr vorstellen! Aber nicht, dass die Jungfer irgendetwas mit bösen Mächten zu schaffen hat. Sie mag vielleicht das sein, was die Bauern als ›Luder‹ bezeichnen, ganz gewiss aber ist sie keine Hex’.«
    »Ihr müsst wissen, Pater, es geht nicht allein darum, dass ich die junge Frau und ihren Vater gut kenne. Ich bin Freda von Hoferichter darüber hinaus noch zu ganz besonderem Dank verpflichtet!«
    »So? Wie kommt das denn, meine Tochter?«
    Der Benediktiner schien einigermaßen alarmiert. Da gestand ihm Alberta, dass Freda als einzige nicht zur Familie
gehörige Person von dem Identitätstausch der Geschwister wusste.
    »Sie war als ganz junges Ding eng befreundet mit meinem so unglücklich zu Tode gekommenen Bruder, Pater. Sie hat als Einzige sofort den Schwindel erkannt, aber sie hat dennoch dichtgehalten!« Alberta brachte es dabei nicht übers Herz, Freda als die Geliebte Ruperts bloßzustellen …
    Pater Winfried erblasste. Fieberhaft überlegte der Mönch, was dies für seinen Schützling bedeuten konnte. Dass Alberta es unter diesen Umständen verabscheute, das Verfahren gegen Freda zu führen, war ihm klar. Diese allerdings einem anderen Richter zu überlassen, war ebenfalls zu gefährlich.
    Zu einer solchen Gerichtsverhandlung durfte es gar nicht erst kommen! Es war so gut wie sicher, dass das Mädchen unter den unmenschlichen Folterqualen das Geheimnis »des jungen Grafen« preisgeben würde, um sich dadurch - vermeintlich - Schonung zu erkaufen.
    Während er sich von Alberta Genaueres über Fredas gefährliches Wissen und ihr Versprechen, »niemals etwas zu verraten«, berichten ließ, begann in Pater Winfrieds Kopf ganz allmählich ein garstiger Plan Gestalt anzunehmen, wie er das Schreckliche verhindern könnte.
     
    Dieser Tag hielt leider noch mehr unangenehme Überraschungen für Alberta bereit.
    Einigermaßen beruhigt durch ihren Mentor ging sie mit ihm abends in die Residenz, um sich von den italienischen Gauklern unterhalten und ablenken zu lassen. Der Pater hatte ihr hoch und heilig versprochen, er werde alles versuchen, um den Prozess gegen Freda von Hoferichter »platzen zu lassen« - so nannten es die Juristen, wenn ein beabsichtigtes Verfahren dann doch nicht stattfand.

    Alberta war nur zu gern bereit, dem Benediktiner zu glauben, dank seiner Beziehungen zur

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