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Die Hexenadvokatin

Die Hexenadvokatin

Titel: Die Hexenadvokatin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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Innenhof der Residenz durchquerte, traf sie auf eine Schar recht abenteuerlich aussehender, bunt gekleideter Männer und Frauen, dem Anschein nach Zigeuner, die unter anderem einen gezähmten Braunbären an einer eisernen Kette mit sich führten.
    »Die Komödianten sind vom Münchner Hof einfach nicht wegzudenken«, ging es Alberta durch den Kopf; sie schmunzelte, als sie mehrere aus grünem Stoff gefertigte Drachen, die
vermutlich Feuer speien konnten, in einer Ecke des Innenhofs entdeckte.
    Auch der ernste und stets auf seine Würde bedachte Maximilian schätzte überraschenderweise Schausteller aller Art wie Feuerschlucker, Seiltänzer, Schlangenbeschwörer und Akrobaten; in aller Regel entlohnte er sie sogar recht großzügig.

KAPITEL 14
    27. September 1610, sechs Uhr morgens
     
    WIE STETS WAR Alberta von Gestalt und Haltung des Herzogs tief beeindruckt. Auch heute trug der Fürst spanische Hoftracht, wie sie schon zu seines Vaters und Großvaters Zeiten üblich war: Knappe dunkle Kniebundhosen, schwarze Strümpfe, ein über die Hüften reichendes, vorne geknöpftes Wams und einen darüber fallenden schwarzen Seidenumhang. Als Kragen diente eine fein gefältelte, blütenweiße, wagenradgroße Halskrause, während sein Haupt ein kleines flaches Barett zierte.
    Auffallend waren jedes Mal sein forschender Blick aus großen, intelligenten, aber kalten, blauen Augen, die leicht mokant hochgezogenen rötlichbraunen Augenbrauen und die ausgesprochen energisch wirkende Mund- und Kinnpartie - ein Eindruck, der durch den rotbraunen Oberlippen- und den spitz zulaufenden Kinnbart noch verstärkt wurde.
    Als er im Näherkommen die auf ein Knie gesunkene Alberta erspähte - Herzog Maximilian war etwas kurzsichtig -, erhellte sich seine Miene, und der Anflug eines Lächelns zeigte sich auf seinen schmalen Lippen.

    »Erhebt Euch, Herr Rupert, und seid mir gegrüßt«, sagte der Fürst leutselig und reichte dabei seinem Geheimen Rat die mit mehreren Ringen geschmückte Rechte. Der Herzog hatte bekanntermaßen eine Vorliebe für wertvollen und auffallenden Schmuck.
    Alberta erinnerte sich an die Hochzeit Magdalenas, zu der Maximilian einen Hut trug, der von einer dreifach herumgeschlungenen Perlenkette geschmückt wurde. Jede einzelne Perle war von einer Größe und einem Glanz, dass sie die Bewunderung der illustren Hochzeitsgesellschaft erregte. Ganz München redete heute noch davon …
    »Einen schönen Tag und Gottes Segen möchte ich Euch entbieten, Durchlaucht«, antwortete die junge Rechtsgelehrte. Obwohl der Herzog erst siebenunddreißig Jahre alt war, sah er aus wie ein Mann von beinahe fünfzig. Dennoch erschien Maximilian Alberta als der ansehnlichste Fürst des gesamten Reiches.
    Was würde wohl der Herzog, der bereits seit vier Uhr morgens an seinem Schreibtisch gesessen und Akten durchgesehen und bearbeitet hatte, heute von ihr wollen? Hoffentlich nicht schon wieder die Eröffnung eines neuen Hexenprozesses …
    Während Maximilian manche seiner Räte immer im Stehen instruierte, bot er mit einer Handbewegung seinem jüngsten Mitglied des »Gelehrten Rates« einen der beiden gepolsterten Stühle an. Offenbar war eine längere Unterredung geplant.
    Nachdem der Fürst Platz genommen hatte, ließ sich auch Alberta ein wenig verkrampft am vorderen Rand des Sessels nieder. Während der Herzog lässig ein spindeldürres Bein über das andere schlug, stellte seine Untergebene die Füße exakt nebeneinander auf den Boden.
    Dem Herrscher war heute wieder einmal nach Jammern
zumute, wie es schien. Sein Kummer galt auch diesmal, wie so häufig, dem lieben Geld. Wie Alberta und alle Räte wussten, war Bayern - nach vielen regierenden Bankrotteuren - durch Maximilian mit einem wahren Finanzgenie gesegnet. Sogar im Ausland war man der Meinung, dieser Wittelsbacher könne die übrigen Herrscher, die allesamt nicht mit Geld umgehen konnten, die Kunst lehren, wie ein Fürst mit seinen Einnahmen haushalten müsse.
    Mit der Übernahme der Regentschaft war Maximilian zugleich Erbe des auf 1,6 Millionen Gulden angewachsenen Schuldenbergs seines Vaters geworden.
    Obwohl er seinem Vorgänger jährlich noch die stolze Summe von 60 000 Gulden als Pension ausbezahlen musste, geschah das Unwahrscheinliche: In kürzester Zeit hatte Maximilian die enormen väterlichen Schulden abgetragen. Es waren jetzt sogar Überschüsse im Staatssäckel zu verzeichnen, die der Fürst für aufwendige Bauten verwendete. Sein Wunsch war es, München in eine

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