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Die Hexenadvokatin

Die Hexenadvokatin

Titel: Die Hexenadvokatin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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Vorgängers entschuldigen.
    »Mein Hofstaat verschlingt allmählich Unsummen«, setzte der Herzog sein Lamento fort und kam damit offensichtlich zum Kern der Sache.
    »Ich habe jetzt genau 1200 Personen in meinen Diensten und es werden jeden Tag mehr: In den Verzeichnissen tauchen Vizedome, Rentmeister, Mautner, Kämmerer, Kutscher und Türhüter auf; und alle mit der fatalen Tendenz, sich wie Mäuse explosionsartig zu vermehren.«
    Alberta registrierte, dass der Herzog urplötzlich von der deutschen Sprache in die französische gewechselt war. Das tat er oft, weil er Französisch als seine Muttersprache betrachtete. Immerhin stammte seine Mutter aus Lothringen. Im Übrigen aber schätzte er alles Spanische über die Maßen, auch die Sprache. Diese Vorliebe war ihm von Jugend auf durch seinen Mentor und Beichtvater, den Jesuitenpater Gregor von Valencia, anerzogen worden.
    Maximilian glich nicht nur äußerlich König Philipp II. von Spanien beinahe bis aufs Haar, er hielt es auch offenbar mit dessen Vater, Kaiser Karl V., der einst gesagt hatte:
    »Spanisch spreche ich mit Gott, Italienisch mit Frauen, Französisch mit Männern und Deutsch mit meinem Pferd.«
    Alberta war geistesgegenwärtig genug, dem Herzog auf Französisch zu antworten: »Durchlaucht sollten bedenken, dass eine gewisse Anzahl an Personen für die Reputation Eures Hofes einfach unumgänglich ist. Die einzige Möglichkeit, etwas einzusparen, sehe ich in einer Verringerung der Zahl der Edelknaben, die am Hof nur ein müßiges Leben führen.
    Dass Ihr die Söhne adliger Familien auf Eure Kosten ausbilden
lasst, wirft zwar ein strahlendes Licht auf Euch - aber die Sprösslinge reicher Bürgersfamilien haben das eigentlich nicht nötig. Und dass Ihr sogar Ausländern diese Gunst gewährt, ist zwar aller Ehren wert, wäre aber im Zuge einer radikalen Kostenminimierung vielleicht zu überdenken, Durchlaucht. Die Pagen treten sich schon gegenseitig auf die Füße, um Euch und der Frau Herzogin an der Tafel aufzuwarten.«
    Der Herzog schaute erst verwundert drein, dann aber klatschte er begeistert in die Hände.
    »Ihr habt ja so Recht, junger Herr. Allein die prunkvolle Kleidung dieser Edelknaben verschlingt ein kleines Vermögen. Wir werden ihre Anzahl deutlich verringern. Ich bin selbst jedes Mal befremdet, wenn ich die Scharen dieser Herrlein untätig im Palast herumspazieren sehe.«
    Dann kam Herzog Maximilian zu einer anderen Angelegenheit, die ihm offenbar am Herzen lag.
    »Ich plane eine neue Rechtsordnung, Graf. Unsere noch aus alten Tagen stammenden Gesetze bedürfen dringend einer Überarbeitung und Ergänzung. Manches rührt noch aus der Zeit unserer heidnisch-germanischen Vorfahren her. Vieles in unseren alten Gesetzbüchern muss gestrichen, etliches ergänzt, manches gestrafft oder der neuen Zeit angepasst werden. Traut Ihr Euch diese immense Aufgabe zu, Graf?«
    Allerdings wartete der Herzog eine Antwort auf diese Frage gar nicht erst ab. Sie schien allein der Rhetorik geschuldet …
    »Ich denke doch, innerhalb von zehn Jahren müsstet Ihr es eigentlich zuwege bringen, dass wir in Bayern ein vorbildliches, zeitgemäßes Rechtssystem haben. Ihr seid natürlich nicht allein bei der Bewältigung dieser gewaltigen Aufgabe: Johann Baptist Fickler, mein geschätzter Lehrer und ehemaliger Berater, ein exzellenter Jurist, wird Euch nach seiner hoffentlich baldigen Genesung tatkräftig zur Seite stehen
und mit Euch gemeinsam an dem Gesetzeswerk arbeiten, Graf.«
    »Mit großer Freude und mit all meinen Kräften werde ich mich dieser immensen Aufgabe widmen, Durchlaucht«, beeilte sich Alberta zu antworten. Im Geiste hatte sie rasch das Ansinnen des Herzogs geprüft. Es war eine echte Herausforderung und zudem eine Aufgabe, die ihr Ruhm und Ehre einbringen konnte. Die junge Frau war sich außerdem sicher, dass sie niemals die veranschlagten zehn Jahre dazu brauchen würde, sondern höchstens fünf oder sechs. Ein weiterer Vorteil wäre, dass man sie für diese Zeit wohl mit Hexenprozessen verschonen würde …
    Das Einzige, was ihr nicht so sehr gefiel, war die Aussicht, mit dem griesgrämigen alten Fickler arbeiten zu müssen. Der Schwerkranke mochte ja einst ein bedeutender Rechtskenner gewesen sein - doch dies war lange vorbei. Selbst Maximilian konsultierte neuerdings lieber jüngere Berater.
    Soweit Alberta wusste, wurde der Rat des Johann Baptist Fickler so gut wie nie mehr vom Herzog eingeholt … Man ließ ihn zwar bei den Sitzungen noch zu,

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