Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hexenadvokatin

Die Hexenadvokatin

Titel: Die Hexenadvokatin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
Vom Netzwerk:
hinausfährt.«
    Pater Winfried war erleichtert, seiner Herrin ein wenig die Angst vor dieser ganz speziellen rituellen Handlung genommen zu haben. Denn eine Weigerung, bei der Zeremonie anwesend zu sein, war ganz ausgeschlossen. Zweierlei hatte er ihr dabei allerdings vorsorglich verschwiegen.
    Das Erste war, dass der Benediktiner selbst keineswegs daran glaubte, dass die Herzogin Elisabeth - eine im Übrigen sanfte und überaus fromme und mildtätige Dame - überhaupt von einem bösen Geist besessen war. Allein ihr Gemahl, Herzog Maximilian, und vor allem ihr Schwiegervater Wilhelm glaubten fest daran: Wie sonst könnte es sein, dass sie noch immer kein Kind geboren hatte? Das Herzogspaar war gesund; also konnte nur der Teufel an Elisabeths Unfruchtbarkeit schuld sein. Und diesen galt es auszutreiben.
    Das Zweite, was der Pater wusste, Alberta aber nicht, war, dass Maximilian bereits zum zweiten Mal in aller Heimlichkeit seine geduldige Gemahlin dieser finsteren Prozedur des Exorzismus unterwerfen ließ … Der Benediktinermönch war also über Albertas Nachricht nur wenig überrascht.
     
    Das an einem der nächsten Abende im Schlafgemach der Herzogin stattfindende Ritual der Dämonenbeschwörung gehörte mit zum Furchtbarsten, was die Gräfin bislang am Hofe erlebt hatte: Alberta zitterte noch Tage später, wenn sie nur daran dachte. Immer wieder sah sie die verehrte Herzogin vor sich, wie diese, gekrümmt als litte sie große Schmerzen, weinend auf ihrem großen Bett lag, die Hände rang und dabei laut schluchzend die Formeln nachsprach, die der Kapuzinerpater
Lorenzo ihr vorsagte. Tränenreich beteuerte die arme Frau immer wieder, keinen Dämon in ihrem Leib zu beherbergen.
    Der vom Papst ernannte Exorzist stellte hingegen in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete, fest, dass sich im Körper der frommen Landesmutter tatsächlich fünf verschiedene unreine Geister befänden, die es auszutreiben gelte. Jeden einzelnen dieser Teufel wusste der Kapuziner mit Namen zu bezeichnen und anzurufen.
    Alberta erinnerte sich nur noch an Azrael und Belial … Sie kämpfte fortwährend mit einer Ohnmacht und klammerte sich fast schon an Pater Winfried fest.
    Der Benediktiner machte sich große Sorgen um seinen Schützling; die junge Frau schien von der Ehre, Zeugin einer Teufelsaustreibung zu sein, völlig überfordert. Nicht allein der betäubende Geruch der dichten Weihrauchwolken, die ein weiterer Kapuziner verursachte, der hektisch ein silbernes Gefäß schwenkte, setzte Alberta so zu.
    Es waren die seelischen Qualen, denen die arme Frau auf ihrem Lager ausgesetzt war, indem der Exorzist sie ununterbrochen in einer seltsamen Sprache - es musste Hebräisch sein - anschrie und damit in Angst und Schrecken versetzte. Dabei fuchtelte er mit einem silbernen Kruzifix vor Elisabeths Gesicht hin und her.
    Ihr anfängliches Beteuern, keinen einzigen Teufel in sich zu beherbergen, fand vor Pater Lorenzo, der im Laufe der Zeit selbst immer mehr einem Besessenen glich, kein Gehör. Er wusste es schließlich besser …
    Unter Tränen erkannte Alberta, dass auch er, ein bereits älterer Mann, bis an die Grenzen seiner physischen und psychischen Leistungs- und Leidensfähigkeit ging. Als der Exorzist sich endlich zufriedengab, hatte er stundenlang mit den Dämonen gerungen.

    Jeder der fünf Teufel hatte schließlich das Weite gesucht, begleitet von gotteslästerlichen Flüchen, die aus dem Mund der edlen Dame drangen, sowie von grässlichem Geheul und anderen, höchst unappetitlichen Geräuschen und Gerüchen.
    Zitternd und in Schweiß gebadet war die junge Gräfin, gestützt auf ihren Mentor, nach Hause gewankt. Am liebsten hätte sie sich noch am Ort des unheimlichen Geschehens übergeben, konnte sich aber gerade noch zurückhalten.
    Mit am schlimmsten empfand sie die Tatsache, dass der Herzog mit steinerner Miene - scheinbar mitleidlos - dem unheimlichen Geschehen beiwohnte. Während der gut fünf Stunden andauernden Dämonenaustreibung verließ Maximilian nicht ein einziges Mal seinen Betschemel am Fußende des Bettes. Er sprach auch kein einziges Wort, außer den Gebetsformeln, die er auf Anordnung des Exorzisten laut rezitieren musste. Unverwandt ruhten des Herzogs Augen auf seiner Gemahlin.
     
    Alberta war nach diesem Ereignis einige Tage lang unpässlich. Pater Winfried musste »den Geheimen Rat« beim Herzog entschuldigen. Während er offiziell verbreitete, Alberta laboriere an einer hartnäckigen Erkältung, blieb der

Weitere Kostenlose Bücher