Die Hexenadvokatin
strengstens untersagt, dass die Bauern ihren männlichen und weiblichen Dienstboten das Schlafen in gemeinsamen Kammern gestatteten. Ein Verstoß gegen diesen Erlass wurde strengstens geahndet - falls es eine vom Herzog eingesetzte Sittenkommission entdeckte.
Graf Wolfgang Friedrich jedoch kümmerte sich auch in diesem Fall wenig um die Anordnungen des Landesfürsten. Er vertrat die Meinung, dass man ihn nicht dazu verdonnern konnte, seinen Dienstleuten hinterherzuspionieren.
»Es entspricht nun einmal der menschlichen Natur, wenn erwachsene Männer und Weiber des Nachts beisammenliegen wollen. Und wenn die Mägde dicke Bäuche davon kriegen - wen schert’s? Im Gegenteil! Eine Dienstmagd mit ledigem Balg wird eher bei ihrer Herrschaft bleiben als eine ohne Anhang.
Die Bauern jammern doch seit langem, dass sie zu wenige Knechte und Mägde bekommen. Keiner mag mehr die schwere Feldarbeit erledigen; alle rennen lieber in die Stadt und spielen Lakai in schöner, bunter Uniform beim Adel oder Stubenmädel mit weißem Häubchen bei den reichen Bürgern.
Wenn man es den Dienstboten auf dem Land noch schwerer macht, indem man ihnen das billige Bettvergnügen auch noch nimmt, dann werden wir bald überhaupt keine Arbeitskräfte mehr haben«, prophezeite der Graf düster.
Alberta hatte zwar geschluckt, als sie ihren eigenen Vater so frivol daherreden hörte, aber im Stillen musste sie ihm beipflichten. Es war in der Tat ein Dilemma: Das Einhalten des Gebots der Keuschheit war eine Sache, eine ganz andere jedoch war die Weisung, dass Dienstboten, die sich gernhatten, in den seltensten Fällen eine Genehmigung zur Heirat erhielten. Der Herzog wollte auf diese Weise wohl vermeiden, dass die unteren Schichten des Volkes sich zu stark vermehrten …
Ehe Alberta wieder in die Hauptstadt zurückkehrte, hielt sie es für ihre Pflicht, dem sündigen Pärchen ins Gewissen zu reden. Dabei dachte sie, es sei einfacher, erst mit dem Mädchen zu sprechen.
Die Magd, die andauernd dümmlich grinste, tat zwar so, als sei sie einsichtig; aber Alberta merkte genau, dass sie sich im Grunde über die Standpauke lustig machte. Kokett verdrehte das Luder die Augen und meinte:
»Ja mei, der junge Herr ist halt ein ganz Scharfer, gell! Da kann unsereins nix dagegen machen. Man muss der Herrschaft doch in allem gefällig sein, net wahr?« Dazu wackelte sie mit ihrem kleinen Hintern und lachte dreist.
»Gleich vergesse ich mich«, dachte Alberta wütend und suchte nach Fritz. Aber falls sie bei ihrem jüngeren Bruder mit
Reue oder Scham gerechnet hatte, sah sie sich ebenfalls eines Schlechteren belehrt.
»Was willst du denn, Rupi?«, meinte der knapp Vierzehnjährige lässig.
»Du weißt es doch selber, wie es ist, wenn man es nimmer aushalten kann und unbedingt ein Weib zum Pimpern haben muss.«
Alberta glaubte, sich verhört zu haben. Was faselte er denn da?
»Und unter uns Männern: Die Afra ist schon eine ganz Geile! Bei der darf ich immer, wenn mir grad danach ist!«
Der älteren Schwester verschlug es regelrecht die Sprache; Friedrich bemerkte davon freilich nichts und fuhr munter fort:
»An meinem dreizehnten Geburtstag hat sie gesagt, dass ich jetzt ein Mann sei und ihr das auch beweisen dürfte, wenn ich wollte. Na ja, ich geb’s ja zu, Rupi, ich hab’ mich beim ersten Mal noch ganz schön blöd angestellt. Aber zum Glück hat mir die Afra gezeigt, wo ich ihn reinstecken muss. Seitdem machen wir es jeden Tag ein paar Mal. Und ich muss sagen, es gefällt mir immer besser!«
Die schreckensstarre Alberta wusste nicht, was es dazu noch zu sagen gab. Im Stillen schalt sie sich eine Närrin, weil sie dieses Gespräch überhaupt angefangen hatte.
»Wenn ich wirklich nicht mehr kann, dann weiß die Afra so Handgriffe, dass er mir wieder steht und …«
»Es reicht, Fritz! Ich weiß Bescheid! Und es gefällt mir überhaupt nicht. Was machst du denn, wenn das Mädchen eines Tages sagt, dass es von dir schwanger ist? Wie willst du dann unserer Mutter erklären, dass du mit knapp vierzehn der Vater von einem Bankert bist, den eine Küchenmagd zur Welt gebracht hat?«
Unbekümmert zuckte der Junge mit den Schultern.
»So genau wird die Afra das nie behaupten können.« Er lachte übermütig. »Sie lässt ja auch noch andere Kerle an sich heran.«
Dann grinste er überlegen: »Das ist wie bei der Jagd, Bruderherz: Wenn eine Handvoll Jäger auf den Hirsch geschossen hat - wer will dann beschwören, wer den richtigen Treffer
Weitere Kostenlose Bücher