Die Hexenadvokatin
Herzog scheinheilig und beobachtete dabei scharf die Mimik seines Gegenübers.
»Keineswegs, Durchlaucht, keineswegs. Sehr angemessen, das Ganze - finde ich. Es mag womöglich andere Auffassungen geben, aber denen muss Durchlaucht ja keine Beachtung schenken.«
»Ganz recht, mein Lieber. Und nun zu Eurer Aufgabe, Graf! Ich wäre Euch sehr verbunden, wenn Ihr nach Rom zum Heiligen Vater reisen und dort die Lage sondieren könntet, wie es
denn aussieht, hinsichtlich einer baldigen Freisprechung Kaiser Ludwigs IV. vom Kirchenbann.«
Die grenzenlose Verblüffung über dieses Ansinnen musste Alberta ins Gesicht geschrieben sein, denn der Herzog beeilte sich, hinzufügen: »Ich weiß, Ihr seid kein Theologe und vermögt daher nicht, mit dem Heiligen Stuhl über Bannsprüche und deren Aufhebung, über kirchenrechtliche Konsequenzen, über Berechtigung oder Nichtberechtigung zu disputieren. Das sollt Ihr auch gar nicht, Graf. Eure diesbezügliche Aufgabe wird sein, zwar ganz diskret, aber doch deutlich rein politische Überlegungen anzustoßen.
Papst Paul V. soll genau bedenken, ob es klug ist, mich, den Herzog von Bayern, vor den Kopf zu stoßen! Ich bin immerhin ein treuer Sohn der katholischen Kirche, ein Verteidiger des wahren Glaubens und überdies der Initiator und das Oberhaupt der katholischen Liga gegen die ketzerische protestantische Union.
Mir wird es zu verdanken sein, wenn auch der künftige Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation wiederum ein Katholik sein wird. Und immerhin habe ich es geschafft, den Gemahl meiner Schwester Magdalena zum Übertritt zum Katholizismus zu bewegen - obwohl sein Vater strikt dagegen war.
Mein Vater und ich haben herrliche Kirchen und Klöster erbauen lassen, wir sind es gewesen, in deren Territorium Jesuiten, Kapuziner und andere Ordensgemeinschaften eine Heimstatt gefunden haben. Und ich bin es auch, der allzeit die Rechte der Kirche verteidigt und die Bevölkerung mit strenger Hand zum Glauben, zu den Sakramenten und insbesondere zur Marienverehrung anhält.«
Der Herzog übertrieb damit in keiner Weise: Man konnte sagen, ein Hauptmerkmal seiner Frömmigkeit war die Verehrung
Marias. Er pflegte von Jugend an einen sehr ausgeprägten Marienkult, angeregt durch seine jesuitische Erziehung. Sogar den Gebrauch des unbeliebten Rosenkranzes hatte Maximilian gegen den heftigen Widerstand der bayerischen Landbevölkerung durchgesetzt.
»Nicht zu vergessen, dass in meinem Herrschaftsgebiet die Hexen und Zauberer nach Möglichkeit ausgerottet werden«, fügte der Herzog hinzu und seine Stimme schien bei diesen Worten noch ein wenig nachdrücklicher.
Alberta lief ein eisiger Schauer über den Rücken und sie fröstelte.
»Und Ihr dürft bei Euren Erörterungen auch ruhig durchblicken lassen, Graf, dass der Heilige Vater froh sein kann, so einen beständigen Unterstützer päpstlicher Interessen in Bayern zu haben - und dass es sehr undiplomatisch wäre, diese Eintracht gerade zu einem Zeitpunkt zu zerstören, da der Pontifex Maximus mit Venedig große Schwierigkeiten hat und selbst die Einigkeit mit Frankreich dahin ist.
Zögert nur nicht, den Heiligen Vater daran zu erinnern, dass England für die römische Kirche verloren ist, genauso wie Schweden und der Norden Deutschlands. Selbst in Österreich gibt es mehr als genug Protestanten.
Paul V. weiß das natürlich alles, aber es schadet nichts, wenn Ihr Seine Heiligkeit noch einmal mit der Nase darauf stoßt. Es sollte dem Heiligen Stuhl eine Kleinigkeit sein, mir, einem treuen Anhänger der Kirche, einen Gefallen zu tun.«
Alberta war sich bewusst, dass dieser Auftrag eine höchst heikle Angelegenheit war - ganz dazu angetan, sich die Sympathien des Herzogs wie des Heiligen Vaters auf ewig zu verscherzen, wenn sie einen Fehler machte. Freilich, Maximilian stand ihr näher, aber es hätte ihr auch nicht gefallen, das Wohlwollen des Papstes einzubüßen. Damit hätte sie wiederum ihre
eigene Familie in unnötige Schwierigkeiten gebracht, zumal ihr Vater ohnehin nicht als der kirchentreueste Mann des Landes galt …
Ob sie wollte oder nicht: Dies würde ihr diplomatisches Meisterstück werden.
»Natürlich gebe ich Euch einen geeigneten Begleiter mit, damit Ihr kompetente geistliche Unterstützung habt und auf dem glatten diplomatischen Parkett der Kurie nicht ausrutscht, mein Lieber«, stellte ihr der Herzog in Aussicht. »Ansonsten nehmt mit auf die Reise, wen Ihr wollt, Graf. Ihr dürft Euch auch Zeit
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