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Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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entgangen. »Wilhelm tut mir leid«, sagte sie zu Ursula, als ihre Zofe ihr das herrliche, weit über den Rücken fallende, schwarze Haar bürstete, sodass es wie Seide glänzte.
    »Ich weiß, dass er sich in mich verliebt hat. Aber ich kann ihm keine Hoffnungen machen, obwohl ich ihn als treuen Freund über alles schätze. Er ist nicht nur um zwei Jahre jünger als ich – das wäre nicht weiter schlimm -, aber er ist zudem nicht der Mann, der mein Herz zum Schmelzen bringen könnte.«
    »Ja? Oh, sagt doch, gnädiges Fräulein, wie müsste so einer denn beschaffen sein?«, erkundigte sich voller Neugierde die Zofe und legte die Bürste aus der Hand. Für Liebesdinge hatte sie, wie alle Zofen, immer ein offenes Ohr; besonders wenn es sich um die Affären ihrer Herrinnen handelte.
    Ursula war ein hübsches, munteres Mädchen. Auch sie hatte einen Verehrer gefunden, einen jungen Mann, der in die Geheimnisse der Diplomatie und Politik eingewiesen werden sollte, vorerst aber hauptsächlich Protokolle schrieb und Urkunden ausfertigte. Er stammte aus Frankreich und war ein entfernter Verwandter von Kardinal Richelieu.
    »Ach, da bringst du mich aber in Verlegenheit, meine Liebe.« Die Gräfin errötete. »Wenn ich ehrlich sein soll, finde ich zwar viele der Herren hier im Palais sehr charmant und witzig, aber ihre Art könnte ich wahrscheinlich auf Dauer nicht ertragen. Sie kommen mir alle so überspannt vor. Außerdem missfällt mir die hiesige, von Frankreich übernommene Mode, dass viele Männer sich wie die Damen schminken. Aber vielleicht muss ich mich nur daran gewöhnen«, fügte sie, beinahe entschuldigend, hinzu.
    Sie war froh, dass es an der Tür ihres Zimmers geklopft hatte und ein Diener ihr den Besuch des bischöflichen Leibarztes ankündigte.
    Es brachte sie nicht in Verlegenheit, nur im Morgenmantel und mit aufgelöstem Haar vor dem Spiegel in ihrem Boudoir zu sitzen, denn er war Arzt und an unbekleidete Damen gewöhnt. Außerdem entkam sie so den bohrenden Fragen Ursulas...
    »Ich lasse bitten.«
    Sie freute sich immer auf die Besuche dieses alten Mannes, der seine wachen, braunen Augen stets voll väterlicher Zuneigung auf der jungen Edeldame ruhen ließ.
    Ursula knickste und verließ ohne Aufforderung den Raum. Sie ging ins Krankenzimmer zu Helene, um dort nach dem Rechten sehen.
    Der weißhaarige Herr mit dem gepflegten, grauen Bart, gekleidet in eine Art schwarzen Talar, ließ sich auf Adelheids Aufforderung lächelnd in einem bequemen Sessel nieder.
    »Ihr wollt gewiss hören, ob es Neues gibt zum Zustand Eurer Herzensfreundin«, begann er, und Adelheid nickte. Das Herz schlug ihr bis zum Hals vor Nervosität. Sie ahnte, dass der alte Medicus ihr dieses Mal Erfreuliches zu berichten habe.
    »Demoiselle Hélène hat ihre Regel wieder«, sagte Aaron Weinlaub unumwunden. Adelheid fiel ein riesiger Stein vom Herzen. GOTT sei gedankt.
    »Es kommt häufig vor, dass bei Frauen, die seelischen Leiden und großen, körperlichen Strapazen ausgesetzt sind, die monatlichen Blutungen zum Stillstand kommen. Dagegen habe ich ihr ein Mittel verabreicht, und es hat gewirkt.«
    Der jüdische Medicus hatte zwar ohne besondere Betonung gesprochen, trotzdem horchte die Gräfin auf. Sie blickte in sein feines, gütiges Gelehrtengesicht, und etwas in seinen großen, intelligenten Augen sagte ihr, dass es besser wäre, nicht weiter nachzufragen.
    »Ich danke Euch von ganzem Herzen, Medicus. Ihr habt mir eine große Last abgenommen. Ich weiß nicht, wie ich dieses Problem hätte lösen sollen«, sagte sie leise.
    »Dankt nicht mir, Madame, sondern GOTT dem HERRN, welcher für jedes Leiden ein Kraut hat wachsen lassen. Man muss es nur kennen.«
    Ihre Einladung zu einem französischen Frühstück mit einer großen Schale heißer Schokolade, gewürzt mit Pfeffer, Ingwer und Zimt, sowie süßem Weizenmehlgebäck nahm er gerne an.
    Die junge Frau saß nicht zum ersten Male seit ihrer Ankunft in Straßburg mit dem Leibarzt des Bischofs zusammen. Er konnte das gebildete und sehr pragmatisch denkende, deutsche Edelfräulein gut leiden.
    Trotz ihrer Schönheit war sie bar jeglichen Hochmuts; und wie sie sich um ihre verletzte Freundin kümmerte, griff ihm ans Herz. So gut er konnte, beantwortete er stets die Fragen der Gräfin von Ruhfeld.
    »Wie kommt es eigentlich, Monsieur le Docteur, dass Seine Eminenz, obwohl er doch der leibliche Bruder des Kaisers ist, oft so gar nicht in dessen Horn stößt?«, fragte Adelheid den Arzt diesmal

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