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Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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konnte ihn aber noch nicht in die Tat umsetzen. Die Zeit dafür war noch nicht gekommen.
    Die Aufregung über die Flucht der drei Hexen hatte sich noch nicht gelegt. Noch immer durchstreiften kaiserliche Büttel die Gegend, befragten die Bewohner, selbst der abgelegensten Weiler und durchsuchten jede Scheune im Land und jede Holzfällerhütte im Wald.
    Ein Hauptmann mit fünf Leuten war sogar auf Ruhfeld erschienen und hatte sich erkundigt, ob jemand vom Aufenthaltsort der Vermissten wisse. Sobald der Graf davon erfahren hatte, ließ er die Männer höflich zu sich bitten und bewirtete sie.
    In seltener Einmütigkeit hatten alle Bewohner des Schlosses dafür gesorgt, dass kein Sterbenswörtchen über die mörderische Befreiungsaktion verloren wurde.
    Also waren die Schnüffler weitergezogen, noch immer waren sie in der Ortenau unterwegs und zogen Erkundigungen ein.
    Doch Hasso von Ruhfeld hatte Zeit, er konnte auf die Stunde der Rache warten. Umso mehr würde er sie genießen …
    »Der Munzinger hat ein neues Opfer gefunden«, hörte Hasso da den Pater sagen. »In Ottenhöfen hat eine angesichts eines drohenden Gewitters beim Heumachen total erschöpfte Bäuerin laut gerufen: ›Der Teufel soll das Heu holen.‹
    Zu ihrem Pech erhob sich gleich darauf ein Sturmwind, der das Gemähte davonwehte. Eine verärgerte, weil zuvor gescholtene Magd hat sie angezeigt; die Frau ist als Wetter machende Hexe verhaftet und bereits gefoltert worden.«
    »Den Munzinger selbst sollte der Teufel endlich holen und den Scheible gleich mit«, grollte Herr Ferfried. »Und der Maximilian Veigt ist um keinen Deut besser.«
    »Beide Herren, der Oberste Richter und der Landvogt, halten sich neuerdings viel auf ihre ›neuzeitliche und moderate Gesinnung‹ zugute«, sagte der Pater und lachte bitter.
    »Was soll das heißen?«, erkundigte sich Ferfried.
    »Nun, wenn eine Hexe trotz aller Torturen hartnäckig beim Leugnen ihrer Verfehlungen bleibt, will man sie jetzt einem Gottesurteil unterziehen. Dazu bedient man sich der sogenannten ›Wasserprobe‹. Sie gilt als sicheres Mittel, die Wahrheit herauszufinden: Man bindet die kreuzweise gefesselte Hexe an eine Leine, die an einer Stange befestigt ist, und lässt sie in tiefes Wasser fallen.«
    »Was bedeutet kreuzweise gefesselt?«, fragte Hasso interessiert.
    »Der rechte Arm des Opfers wird auf seinem Rücken mit dem linken Fuß zusammengebunden und der linke Arm mit dem rechten Fuß. Und diese Haltung allein genügt ja schon, um das Schicksal der Bedauernswerten zu besiegeln. Geht die Frau trotzdem nicht unter, ist das der Beweis, dass sie eine Hexe ist, und man lässt sie elend ersaufen, indem man sie mit Stangen unter Wasser drückt. Geht sie aber unter, ist sie keine Hexe. Leider ertrinkt sie dann trotzdem. Das ist eben ihr Pech.«
    »Das ist ja unglaublich perfide. Wer denkt sich so etwas aus? Menschen, deren Gehirn krank ist«, sagte Graf Ferfried entsetzt.
    »Weshalb nur tut man so etwas?«, fragte Hasso mit belegter Stimme.
    »Die Wasserprobe als Beweis der Schuld beruht auf dem Glauben, dass jede Art von Wasser durch die Taufe Jesu Christi im Jordan nunmehr gereinigt ist und keine Verbrecher mehr aufnimmt, nur noch Schuldlose«, erklärte der Pater.
    »Eine sehr eigenwillige Art der Logik, wie mir scheint«, brummte der alte Graf und niemand widersprach ihm.

KAPITEL 48
    ADELHEID ERWACHTE KURZ NACH MITTERNACHT durch ein zaghaftes Klopfen an der Tür. Seit sie nicht mehr zu Hause lebte, hatte sie keinen sehr tiefen Schlaf. Irgendwie war sie ständig auf dem Sprung, obwohl es für ihre Nervenanspannung eigentlich keinen vernünftigen Grund mehr gab.
    Ihre Zofe hingegen schlief selig, und die Gräfin wollte sie nicht wecken. Leise hatte sie sich erhoben und war barfüßig im langen Nachtgewand zur Tür geschlichen. Die Kerze musste sie vorher nicht anzünden, denn der Vollmond schien durch die beiden unverdunkelten Fensterscheiben ins Zimmer. Er erhellte den Raum und übergoss alle sich darin befindlichen Möbel und Gegenstände mit silbrigem Schein.
    Behutsam drehte sie den Schlüssel im Schloss und öffnete die Tür. »Oh, Wilhelm. Ihr seid zu dieser späten Stunde noch auf?« Adelheid war erstaunt, den jungen Adligen fertig angekleidet – sogar Sporen trug er an den Stiefeln – vor sich zu sehen.
    Wilhelm von Kirchhofen stand im durch Wandfackeln spärlich beleuchteten Flur des zweiten Stockwerks, seinen breitkrempigen Hut in der Hand und trat verlegen von einem Bein aufs

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