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Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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munter zu Ursula, ehe sie mit ihrer kleinen Eskorte fortritt. Je weiter sich Adelheid aber vom väterlichen Schloss entfernte, desto nachdenklicher und ängstlicher wurde sie. Der aus dem 13. Jahrhundert stammende Hänsele-Turm war ehemals ein Teil der Schlossbefestigung gewesen und diente seit zweihundert Jahren als Kerker, seit etwa fünfzig Jahren speziell für »Hexen«. Dieser massive Bau weckte schlimme Erinnerungen in ihr. Zuletzt hatte er vor drei Jahren als allerletzter Aufenthaltsort zum Scheiterhaufen verurteilter Frauen gedient.
    Hier waren die Bedauernswerten den gemeinen Launen und bösartigen Gelüsten des Henkers, Martin Scheible, ausgeliefert gewesen.
    Trotz größter Geheimhaltung war durchgesickert, dass dieser Mann im Folterkeller des Hänsele-Turmes mit seinen sechs Knechten eifrig und lustvoll der »peinlichen« Befragung der Delinquentinnen nachgegangen war. Natürlich alles streng nach Vorschrift …
    Gerüchten zufolge war der Martin Scheible ein höchst erfindungsreicher Mann, wenn es um neue Methoden des »Torquierens« ging. Mehrere seiner Opfer waren infolge seiner Behandlung wahnsinnig geworden, und zwei Frauen waren vor ihrer Hinrichtung an den Folgen der Folter gestorben. Man behauptete daraufhin, der Teufel, ihr Herr, hätte sie zu sich geholt.
    Niemand hätte den Henker damals zur Rechenschaft gezogen. Sollte Adelheid vielleicht besser umkehren und doch eine zahlreichere Begleitmannschaft mitnehmen? Aber ihr Stolz siegte.
    Trotzig gab sie ihrem Pferd die Sporen. Wer sollte mir schon etwas antun? Jeder, der es wagen würde, Hand an mich zu legen, hätte mit grausamer Bestrafung durch meinen Vater zu rechnen.
     
     
    Die kleine Gruppe ritt unbehelligt durch den Burghof von Schloss Ortenberg. Einer der Knechte pochte kräftig mit der behandschuhten Faust ans hölzerne Tor des düsteren Gefängnisses. Da sich nichts rührte und bereits eine kleine Schar von neugierig gaffendem Publikum müßig um die drei Berittenen herumlungerte, erteilte Adelheid dem Mann halblaut den Befehl, doch mit dem Schwertknauf dagegenzudonnern, »um die faule Bande aufzuwecken«.
    Der Lärm war in der Tat unüberhörbar und weil der Knecht nicht mit dem Hämmern nachließ, rührte sich endlich etwas.
    Im großen, verwitterten Holztor wurde eine kleine Luke geöffnet, und das hässliche Gesicht eines stoppelbärtigen, älteren Gefangenenwärters erschien. Seine vorquellenden Augen musterten unwillig die ungebetenen Besucher. Adelheid blickte angewidert in die unrasierte Visage. Der Mann fragte mit unangenehm krächzender Stimme: »Was macht Ihr bloß für einen Krach, gute Leute? Ihr weckt ja noch die Hex auf.« Dann lachte er meckernd und präsentierte dabei ein lückenhaftes Gebiss.
    Der Kreis der Zuschauer hatte sich mittlerweile stark vergrößert. Endlich rührte sich wieder einmal was in dem langweiligen Nest.
    Die Gräfin von Ruhfeld musste sich arg zusammennehmen, um dem Wärter nicht ihre Meinung ins ungewaschene Gesicht zu schreien. Was fiel dem Tropf bloß ein, sie mit »gute Leute« zu titulieren?
    »Ich weiß nicht, wen ihr alles in eurem Kerker beherbergt. Ich, Gräfin Adelheid von Ruhfeld, will jedenfalls Fräulein Helene Hagenbusch abholen, guter Mann«, rief sie dem immer noch grinsenden Wächter resolut zu. »Aufgrund eines höchst ärgerlichen Irrtums ist die Tochter des Schultheißen Hagenbusch gestern widerrechtlich hierherverschleppt worden – was noch ein gerichtliches Nachspiel haben wird. Und ich werde sie umgehend mit mir nehmen, um das himmelschreiende Unrecht wiedergutzumachen. Wer letztlich den Frevel zu verantworten hat, kann sich auf einiges gefasst machen. Beeil dich jetzt gefälligst und öffne endlich das Tor, Kerl!«
    Die innerlich bebende Adelheid hatte mit großem, aber vorgetäuschtem Selbstbewusstsein gesprochen, und zwar so laut, dass jeder sie in der Gasse vor dem Turm verstehen konnte.
    Leider war die Mühe umsonst. Der Bursche ließ sich nicht im Geringsten beeindrucken.
    »Von einem Irrtum ist mir durchaus nix bekannt, Frau Gräfin«, grunzte er störrisch, »die Hex bleibt da, und das Tor lass ich zu.«
    Dann knallte der Wächter den Laden vor der Luke im Tor des Gefängnisses laut krachend zu.
    Adelheid blieb beinahe die Luft weg, so empört war sie über das unbotmäßige Benehmen dieses Grobians. Sie überlegte fieberhaft: Soll ich noch einmal gegen das Tor schlagen und Lärm machen lassen? Aber was bringt mir ein erneutes Wortgefecht mit dieser untergeordneten

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