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Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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Ambrosius redete ihm zu, und seine Schwester schwor ihm, dass sie weder ruhen noch rasten werde, um das arme Helen sofort aus den Klauen dieser Teufel zu befreien.
    »Der Aufseher, mit dem ich gesprochen habe, hat erlaubt, der Ärmsten ein paar Sachen ins Gefängnis zu schicken.«
    Zum Glück erinnerte er sich noch daran, und seine Schwester veranlasste ihre Lieblingsmagd Ursula sofort, einen großen Korb mit nützlichen Dingen zu packen.
    Als die junge Gräfin den Becher hob und ihrem bereits auf seinem prächtigen Pferd sitzenden Vater ein letztes Mal zutrank, hatten sich die Bitterkeit in ihrem Herzen und der Groll gegen Graf Ferfried etwas gelegt.
    Das Wams war nun doch nicht fertig geworden, aber sie hatte improvisiert und ihrem Vater eine bereits seit Längerem in ihrer Truhe liegende, bestickte Schärpe zum Geschenk gemacht. Der Graf hatte sie auch sofort angelegt, und seine Tochter freute sich darüber.
    »Geht mit GOTT, Herr Vater, und kehrt gesund wieder!«, rief sie dem immer noch stattlichen Mann zu. Er würde unter den vielen anderen Adligen gewiss keine schlechte Figur machen.
    Nach Stunden voller Aufregung, Hektik, Ärger, Verbitterung und schließlich doch noch versöhnlichen Tönen waren der Graf und seine Begleiter in die beginnende Dämmerung eines herrlichen, von der Sonne durchglühten Sommertages hineingeritten. Kurz darauf hatte sich auch Hasso auf den Weg gemacht, aber erst, nachdem er noch einmal seiner Schwester Helenes Freilassung ans Herz gelegt hatte. »Ich könnte es nicht ertragen, wenn sie leiden müsste und würde furchtbare Rache an allen nehmen, die dafür verantwortlich sind«, verkündete er laut und deutlich.
    Keiner zweifelte an den Worten des jungen Grafen und zukünftigen Herrn Schloss Ruhfelds. Adelheid versprach ihrem Bruder bei ihrer Seligkeit, alles zu unternehmen, um diese Schmach schnell zu beenden.
    Sie lief in ihr Zimmer, wo Ursula dabei war, den Korb für Helene mit Leckerbissen, Wein sowie einem warmem Schal, einer Decke und pelzgefütterten Hausschuhen zu packen.
    Im »Turm« – das wussten alle – war es auch im Sommer feucht und kühl, besonders des Nachts. Die Gräfin legte noch einen Brief an ihre »herzliebste Schwester« bei, mit aufmunternden Worten und dem Versprechen, sie bereits am nächsten Tag aus ihrer unwürdigen Lage zu befreien.
    »Für eine Nacht wird das genügen«, meinte sie anschließend und breitete ein Tuch über den Korb. »Bereits morgen wird man meine liebe Freundin entlassen – dafür werde ich sorgen.«
    Dann schickte sie die treue Dienerin mit drei gräflichen Knechten als Begleitschutz zum »Hänsele-Turm«.
     
     
    Adelheid konnte es kaum erwarten zu hören, was Ursula zu berichten hätte. Wie mochte es Helene nach der Gefangennahme ergangen sein?
    Es war bereits dunkel, als Ursula ins Schloss zurückkehrte. Als sie erzählte, den Korb samt Inhalt habe man ihr abgenommen, aber mit der Gefangenen habe man sie nicht sprechen lassen, war die junge Gräfin sehr beunruhigt.
    »Ja, nicht einmal sehen durfte ich das Fräulein. Ich kann also nicht sagen, ob sie die schönen Sachen überhaupt bekommen hat oder ob die Gefängniswärter sie für sich behalten haben. Den Wein haben sie mit Gewissheit konfisziert. Das versoffene Pack hat jetzt am frühen Abend schon nach Schnaps gerochen. Gut, dass ich nicht allein war. Ich weiß nicht, was sie mit mir gemacht hätten, aber als sie die bewaffneten, jungen Männer gesehen haben, sind sie schnell nüchtern geworden und haben sich ganz scheinheilig um Höflichkeit bemüht – wenigstens der oberste Aufseher.«
    Dieser Bericht war geeignet, Adelheids Optimismus empfindlich zu dämpfen: Eine ungute Ahnung sagte ihr, es würde wohl nicht ganz einfach werden, ihre »liebe Schwester« aus den Klauen ihrer Häscher zu befreien.

KAPITEL 8
    FRÜH AM NÄCHSTEN MORGEN machte sich Adelheid von Ruhfeld in Begleitung zweier Knechte zum sogenannten »Hänsele-Turm« in Ortenberg auf.
    ›Zwei Bewaffnete werden genügen‹, dachte Adelheid. Im Lichte des hellen Tages erschienen ihr die Warnungen Vater Ambrosius’ arg übertrieben. Sie wollte nicht gleich mit einem ganzen Heer anrücken.
    Das hätte ihrem Empfinden nach die Angelegenheit zu sehr aufgebauscht. Sie wollte doch nur einen bedauerlichen Irrtum korrigieren und Helene Hagenbusch mit nach Hause nehmen.
    Deshalb unterrichtete sie den Vogt Anselm von Waldnau auch nicht von ihrem Vorhaben.
    »Vielleicht hat Jakob seine Tochter schon abgeholt«, sagte sie

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