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Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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Kreatur? Der Kerl handelt doch nur auf Befehl eines Vorgesetzten. Nichts würde ich gewinnen – außer etwas Spaß und Unterhaltung für das glotzende Publikum.
    »Schön, wenn sie es denn durchaus so haben wollen«, rief sie mit Betonung. Um Würde bemüht, wendete die junge Reiterin daraufhin grimmig ihr Pferd, erteilte ihren Begleitern per Handzeichen den Befehl, ihr zu folgen und schlug den Weg zum kaiserlichen Landvogt der Ortenau, Herrn Maximilian Veigt, ein.
    Zu jener Zeit beschränkte sich das Herrschaftsgebiet der Landvogtei Ortenau auf vier Gerichtssitze: Achern, Appenweier, Griesheim und Ortenberg. Zu jedem Gericht gehörten wiederum ein Oberster Richter, der den Stab führte, und der somit der höchste herrschaftliche – in diesem Falle bischöfliche – Gerichtsbeamte war, sowie zwölf Richter, die man die »Zwölfer« nannte, sowie ein Gerichtsbote und die zwei »Fürsprecher« der Angeklagten. Wobei die Letzteren äußerst eingeschränkte Machtbefugnisse hatten. Im Wesentlichen beschränkten sie sich darauf, um Gnade für den Delinquenten zu bitten und im Übrigen die Entscheidung in die Hand des Anklägers zu legen.
    Dem Ortenauer Landvogt stand es also grundsätzlich zu, anfallende Rechtssachen an sich zu ziehen, um sie vor dem Gericht auf der Burg Ortenberg durch den Obersten Richter und die »Zwölfer« verhandeln zu lassen. Und das tat er immer, sobald es sich um »hohen Frevel und Malefiztaten« handelte. Er befand sich damit völlig im Einklang mit dem Bischof von Straßburg. Der war froh, wenn er nicht persönlich, besonders nicht bei den heiklen Hexenprozessen, behelligt wurde.
    Laut erklang das Getrappel der zwölf Pferdehufe auf dem buckligen Pflaster des Städtchens und das Aufsehen, welches das Edelfräulein mit seinen beiden gewappneten Begleitern in Ortenberg erregte, war ein beträchtliches.
    Viele Müßiggänger folgten erwartungsvoll den Reitern zum Stadthaus des Landvogts Veigt, das dem Rathaus und der Pfarrkirche gegenüberstand.
    Wieder blieb das Klopfen ans Tor zunächst ohne Reaktion. Erst auf wiederholtes Pochen und Rufen reagierte eine beleibte Matrone, wohl die Haushälterin.
    »Was soll der Krach?«, rief sie unwillig aus einem Fenster im ersten Stock herunter. Ungnädig musterte die schlampige Person dabei die drei Reiter. Das Weib trug tatsächlich um diese Zeit – es war mittlerweile bereits acht Uhr – noch ihre Nachthaube.
    »Ich bedauere es sehr, gute Frau, Euch in Eurer Nachtruhe gestört zu haben«, rief Adelheid spöttisch zur Wirtschafterin hinauf. »Meldet Eurem Herrn, die Gräfin Adelheid von Ruhfeld, aber rasch, bitte sehr.«
    »Ich kenne Euch wohl, Frau Gräfin. Aber mein gnädiger Herr, der Vogt, beliebt noch zu ruhen, und ich weiß nicht, ob …«
    »Aber ich weiß es«, schnitt die junge Edeldame barsch der Wirtschafterin das Wort ab, »und zwar weiß ich, dass ich augenblicklich den Landvogt zu sprechen wünsche – ohne alle Ausflüchte. Was sind das für neue Sitten, um diese Zeit noch in den Federn zu liegen? Marsch, beeilt Euch gefälligst, und lasst mich endlich eintreten und nicht wie eine Bittstellerin vor der Tür stehen, Frau.«
    Der herrische Ton brachte endlich die noch verschlafene Haushälterin zur Besinnung. »Ganz wie Ihr wünscht, Frau Gräfin. Sofort, sogleich.«
    Hastig schloss sie das Fenster. Und kurz darauf öffnete eine junge Magd die hölzerne geschnitzte Haustür und bat Adelheid und ihre Begleiter höflich einzutreten.
    Die junge Dame schaute sich neugierig in der geräumigen Eingangsdiele und nachher in der großen Halle um, die Veigt allem Anschein nach als Besucherzimmer diente. Über einem riesigen Marmorkamin hingen etliche Hirschgeweihe. Der Vogt ging also auf die Jagd – nicht nur auf Menschen, sondern auch auf Wild. Ehe sich Adelheid ein genaueres Bild vom Haus und den finanziellen Verhältnissen des Mannes machen konnte, erschien er selbst.
    Es war offensichtlich, dass er vor einigen Minuten noch im Bett gelegen hatte. Sein ganzer Aufzug war etwas derangiert – er schien sich in aller Eile in sein Gewand geworfen zu haben. Sorgfältiges Kämmen und vor allem das Waschen hatte er versäumt, wie Adelheid an dem unangenehm-säuerlichen Körpergeruch des Landvogts erkennen konnte. Sie rümpfte leicht ihr empfindliches Näschen und nickte nur flüchtig, als der Mann eine Verbeugung vor ihr machte.
    »Frau Gräfin wünschen?«
    Adelheid fiel auf, dass die servile Haltung sowie der unterwürfige Tonfall so gar nicht zu dem

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