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Die Hexenjagd von Salem Falls

Die Hexenjagd von Salem Falls

Titel: Die Hexenjagd von Salem Falls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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gefolgt von dem Vollzugsbeamten, der ihn zum Besprechungszimmer brachte, wo Jordan bereits wartete. Bis zum Prozeßbeginn waren es nur noch wenige Tage; bestimmt war sein Anwalt gekommen, um ihm das Angebot der Staatsanwaltschaft auf Strafmilderung bei einem Schuldbekenntnis zu unterbreiten. Natürlich würde Jack es nicht annehmen. Er würde sich lieber zwanzigmal schuldig sprechen lassen, als seine Freiheit aus freien Stücken aufzugeben. Wenn sie ihn haben wollten, würden sie ihn kriegen … um sich tretend und schreiend auf dem Weg zum Berufungsgericht.
    »Sparen Sie sich die Worte«, sagte er zu Jordan, als der Beamte die Tür öffnete. »Ich werde auf keinen Fall –« Er hielt abrupt inne, als er sah, daß Jordan nicht allein war. Neben ihm saß, zerbrechlich und müde und so wunderschön, daß sich sein Magen zusammenzog, Addie.
    Jordan stand auf und riß Jack aus seiner Erstarrung. »Wie in Gottes Namen –«
    »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag«, sagte Jordan.
    »Ich habe nicht Geburtstag.«
    »Ich weiß«, gestand Jordan und verließ den Raum.
    Jack wußte nicht, was er tun sollte. Das letzte Mal hatte er Addie bei seiner Verhaftung gesehen. Er trat einen Schritt vor, mit rasendem Herzen.
    Er hatte Addie in den Wochen im Gefängnis schamlos benutzt. Sie war das Bild, das er sich Trost suchend vor Augen rief. Sie war der Grund, warum er in einer Zelle überlebt hatte – denn eines Tages vermutlich würde er rauskommen und ihr alles erklären können.
    Und wenn sie gekommen war, um ihm zu sagen, daß sie ihn nie wiedersehen wollte?
    Addie wandte sich ab, und Jack blieb abrupt stehen. »Nicht.« Sie schloß die Augen und fing an zu reden. »Es tut mir so leid, Jack. An dem Morgen, als Charlie aufgetaucht ist und all die schrecklichen Sachen gesagt hat, hätte ich nicht auf ihn hören dürfen. Ich hätte nicht auf ihn hören dürfen, weil ich nur Ohren für dich hätte haben müssen.«
    »Addie –«
    »Laß mich ausreden. Bitte.« Sie blickte hinab auf ihre Hände. »Ich war in Loyal. Ich habe mit Catherine gesprochen. Sie … sie ist ein sehr hübsches Mädchen.« Jack rührte sich nicht. »Ich schäme mich, daß ich erst nach Loyal fahren mußte. Ich wünschte, ich hätte Charlie an dem Morgen einfach ins Gesicht blicken und ihm sagen können, daß er den falschen Mann verhaften will. Ich wünschte, ich könnte die Zeit zurückdrehen und alles … anders machen … bis auf eins.« Sie blickte hoch, lächelte unter Tränen. »Ein sehr kluger Mann hat einmal zu mir gesagt, daß man nicht zurückschauen soll – man soll einfach die Vergangenheit hinter sich lassen und etwas Besseres in der Zukunft suchen.«
    Und dann lag er in ihren Armen, barg das Gesicht in ihrem duftenden Haar und klammerte sich an den einzigen Anker, den er hatte. Seine Lippen glitten über ihre Haut, ihr Kummer schnürte ihm die Kehle zu. Er schluckte, flüsterte dann: »Glaubst du, daß ich es getan hab?«
    Addie legte die Hand an seine Wange. »Wieso weißt du die Antwort darauf nicht, wo du doch sonst soviel weißt?«
    Bis zu diesem Augenblick, als Addie ihm ihr Vertrauen überreichte wie die Schlüssel zu einer goldenen Stadt, hatte er sich noch nie so geehrt gefühlt.
    »Ich wünschte, du müßtest mich nicht so sehen. Hier.«
    »Das tue ich nicht. Ich sehe dich auf einer Picknickdecke in meinem Garten liegen, wo du ein Festessen ausgebreitet hast, das du nur für mich zubereitet hast.« Addie lächelte ihn an.
    Er zog Addie an sich und hielt sie in den Armen. Dann sprach Jack ganz leise, seine Worte nur ein Flüstern an Addies Ohr. »Alles, was ich durchgemacht habe«, sagte er, »würde ich noch einmal über mich ergehen lassen. Die Verurteilung, das Gefängnis, die Verhaftung – alles –, wenn das die einzige Möglichkeit wäre, dich kennenzulernen.«
    Schatten huschten über Addies Gesicht, in den gespenstischen Formen ihrer Vergewaltigung, ihrer Mutter, ihrer Tochter. »Oh, Jack«, sagte sie mit bebender Stimme. »Ich liebe dich auch.«

Die letzte Woche im Juni 2000
Salem Falls,
New Hampshire
    Man konnte mit offenen Augen einschlafen. Meg wußte das, weil sie manchmal in der Schule auf eine Mücke an der Wand starrte und plötzlich war der Unterricht zu Ende. Sie schlief nachts nicht mehr gut wegen der Erinnerung. Wenn ihr Kopf sich am hellichten Tage abschaltete, so war es ihr nur recht.
    Meg sorgte dafür, daß es immer etwas gab, auf das sie sich konzentrieren konnte, um nicht an jene Nacht zu denken. Aber sie

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