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Die Hexenjagd von Salem Falls

Die Hexenjagd von Salem Falls

Titel: Die Hexenjagd von Salem Falls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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konnte nicht verhindern, daß ihr Vater erzählte, was er für Matt Houlihan getan hatte und wer die Zeugen waren, die im Prozeß aussagen würden. Sie konnte nicht verhindern, daß ihre Freundinnen darüber tuschelten. All das zerrte an Meg, zerriß sie langsam.
    Sie rannte ins Haus und an ihrer Mutter vorbei. Es war zu einer Manie geworden: jeden Nachmittag, wenn sie von der Schule kam, sah sie sofort nach. Sie riß die Tür zu ihrem Zimmer auf und steckte den Kopf in den Wandschrank.
    »Margaret Anne Saxton«, sagte ihre Mutter von der Tür her. Meg fuhr zusammen und stieß mit dem Kopf gegen den Holzrahmen des Wandschranks.
    »Schätzchen, ist alles in Ordnung?« Megs Mutter kam zu ihr und fühlte ihr die Stirn, um zu sehen, ob sie Fieber hatte, oder den Verstand verloren. »Du siehst aus, als hätte dich eine Meute bissiger Hunde gehetzt.«
    »So schlimm ist es nicht«, brachte Meg mit einem schwachen Lächeln hervor. »Ich hab nur jede Menge Hausaufgaben.«
    »Ich mach mir Sorgen um dich. Du siehst nicht gut aus.« Sie warf einen Blick auf Megs Kleidung. »Du hast abgenommen.«
    »Mensch, Mom, seit Jahren liegst du mir in den Ohren, ich soll Diät machen.«
    »Das hab ich nie gesagt. Ich hab nur gedacht, daß es schade ist, wenn du von deinem hübschen Gesicht ablenkst.«
    Meg verdrehte die Augen. »Ich hab dich auch lieb, Ma«, sagte sie trocken. »Kann ich jetzt bitte allein sein? Zur Abwechslung?«
    Sobald ihre Mutter die Tür geschlossen hatte, tauchte Meg in den Wandschrank ab. Auf Händen und Knien warf sie die Puppen und Schuhe beiseite … doch die Ballettasche, die gestern nachmittag noch dagewesen war, war verschwunden. »Ach, du Scheiße«, flüsterte sie, und dann spürte sie, wie sich ihr die Nackenhaare sträubten.
    Ihr Vater hatte leise die Tür geöffnet und lehnte jetzt im Rahmen, die rosa Tasche in der Hand. »Suchst du die hier?«
    Meg senkte den Kopf. Ich will sterben , dachte sie.
    Er kam ins Zimmer, schloß die Tür und setzte sich ihr gegenüber auf den Fußboden. »Willst du zuerst reden oder soll ich?«
    Plötzlich hatte Meg das Gefühl, daß sie sich auflöste. Von innen nach außen, wie in den Horrorfilmen, in denen ekelige Bakterien die Organe von Menschen zu Brei werden lassen. Sie hatte nur noch Leere im Kopf.
    »Meggie«, sagte ihr Vater mit einer so leisen Stimme, daß es ihr weh tat, »hast du in der Nacht Drogen mit in den Wald genommen?«
    Meg schüttelte den Kopf, fassungslos. In der Thermosflasche … die Gillian mitgebracht hatte … waren Drogen gewesen? Und ihr Vater glaubte, daß Meg dafür verantwortlich war.
    Die Erinnerungen stürzten auf sie ein: der Wald, der in jener Nacht vor ihren Augen tanzte; die Lücken in ihrem Kopf, die fehlenden Zeitblöcke; sie und ihre Freundinnen, hysterisch schluchzend, als ihr Vater sie fand. Plötzlich brach der Damm. Nie in ihrem Leben hatte Meg so geweint, haltlos, bis sie zitterte, bis sie überhaupt kein Geräusch mehr von sich geben konnte, bis ihre Mutter in Panik ins Zimmer gerannt kam. »Charlie«, hörte sie ihre Mutter sagen, durch einen fernen, langen Tunnel. » Tu was.«
    Meg weinte wegen Gillian, wegen des Ausdrucks im Gesicht ihres Vaters, wegen allem, an das sie sich langsam erinnerte. Sie schlug mit den Armen und trat nach jedem, der ihr zu nahe kam.
    Schließlich gab ein Notarzt ihr eine Spritze. Sie wehte zurück auf die Erde wie eine von den Blüten, die in jener Nacht von dem Hartriegelbaum gefallen waren. Die starken Arme ihres Vaters schlangen sich fest um sie, und sein Kaffeeatem fiel auf ihre Wange. »Meggie«, sagte er mit brechender Stimme. »Wer?«
    Sie sprachen nicht von derselben Sache, ganz und gar nicht, und in irgendeinem Winkel ihres Gehirns wußte Meg das auch. Doch als ihr die Augen zufielen, als sie kopfüber wieder in jene Nacht stürzte, murmelte sie: »Ich hätte es gewesen sein können.«
    Zum erstenmal saß Gillian ohne ihren Vater neben sich in Matt Houlihans Büro. Natürlich war er nebenan im Wartezimmer, preßte vielleicht sogar das Ohr an die Tür, doch ohne ihn fühlte sie sich stark. »Ich hoffe, es ist dir nicht unangenehm, mit mir allein zu sein«, sagte Houlihan.
    Was für ein einfühlsamer Typ, dachte Gillian. Achtet darauf, daß das Vergewaltigungsopfer nicht durch einen großen, bösen Mann und einen kleinen, geschlossenen Raum verängstigt wird . Sie blickte auf ihren Schoß. »Es geht schon«, sagte sie.
    »Der Grund, warum ich mit dir unter vier Augen sprechen will, ist

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