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Die Himmelsbraut

Die Himmelsbraut

Titel: Die Himmelsbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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meinen können, sie sei tot. Eine von diesen Toten, denen niemand die Augen geschlossen hatte.
    «Ich flehe dich an – sprich mit mir!»
    Da endlich rührte sich Magdalena. Sie richtete den Oberkörper auf und ließ ihn hin und her schwanken wie ein kleines Kind, dem langweilig ist. Oder wie ein Unsinniger in seinem Narrenkäfig. Dabei sprach sie abgehackt wie im Traum:
    «Wir dürfen nicht … Böses mit Bösem vergelten … sondern müssen das Böse … geduldig ertragen …»
    «Bitte, komm zu dir!»
    «Es heißt», fuhr ihre Schwester plötzlich mit erstaunlich klarer Stimme fort, «das Böse komme entweder von Gott, der uns prüft, oder von Satan, der uns versucht. In Wirklichkeit aber ist das Böse stets das eigene Werk.»
    «Das ist nicht wahr! Es ist die Priorin, die dir so Widerwärtiges antut. Ich hab es mit eigenen Augen gesehen. Ich war es, die eben vor deiner Tür stand und der die Latte aus der Tür gebrochen ist.»
    «Du warst das? Dann hast du alles gesehen?»
    Sie schloss die Augen, als ob sie damit etwas ungeschehen machen könnte. Antonia packte sie bei den mageren Schultern.
    «Sag mir, wie lange das schon geht. Sie war doch nicht das erste Mal in deiner Kammer.»
    Ihre Schwester gab keine Antwort.
    «Warum nur, Magdalena, warum? Warum lässt du das alles über dich ergehen?»
    «Es ist eine Prüfung.» Ein Lächeln huschte über Magdalenas Gesicht.
    Da begriff Antonia endgültig, dass ihre Schwester sich darin ergeben hatte, Opfer zu sein.
    «Was redest du für einen Unsinn? Wir müssen das vor die Kapitelversammlung bringen und vor den Bischof und unsere Äbtissin, damit es ein Ende hat. Die Priorin muss hart bestraft werden.»
    Magdalena schüttelte den Kopf.
    «So, wie der Heiland die Sünden der Menschheit auf sich genommen hat, ohne zu klagen, so ist mir bestimmt, die Sünden der andern auf mich zu nehmen.»
    «Was soll das heißen? Welcher anderen?»
    «Die Sünden unserer Priorin, die der Satan in Versuchung führt, die unserer Mitschwestern aus dem Novizenhaus, die sich der Habgier und der Fleischeslust mit Männern ergeben, die unserer Mutter, die …»
    «Unserer Mutter?»
    «Ja, auch unserer Mutter. Selbst wenn ich bis heute nicht sagen kann, was sie Schlimmes getan hat. Aber ich glaube, dass sie damals schwere Sünde auf sich geladen hat.»
    «Du spinnst, Magdalena! Dieses Weib, das sich Priorin nicht nennen dürfte, hat dir vollkommen die Sinne verkehrt.»
    Jetzt begann Magdalena tatsächlich über das ganze Gesicht zu strahlen. «Du begreifst noch immer nicht. In der Nachfolge Christi soll ein jeder von uns in Geduld sein Kreuz auf sich nehmen! Ich ebenso wie du. Du wirst sehen, umso köstlicher wird dir Christus als Quelle des Trostes sein.»
    Erneut packte Antonia das blanke Entsetzen. Sie musste ihre Schwester von hier fortbringen, sonst würde sie zugrunde gehen. Allein würden sie den weiten Weg bis nach Marienau indessen niemals schaffen, zumindest nicht mitten im Winter.

36 Liebfrauenwalde, Dezember 1524
    I ch brauche deine Hilfe, Peter.»
    Der junge Pferdeknecht sah sie aufmerksam an. Er hatte die wollene Kapuze gegen das Schneetreiben tief ins Gesicht gezogen, sodass nur seine Augen und die sommersprossige Nase zu sehen waren.
    «Gern, Schwester Antonia. Sagt nur, was kann ich tun?»
    «Nicht hier.» Antonia blickte sich um. Sie standen vor der löchrigen Mauer, die Klausurbereich und Klostergarten von der übrigen Anlage trennte. Es war kurz vor dem Mittagessen, und jeden Augenblick konnte die Priorin oder eine der Schwestern durch die kleine Pforte treten.
    Sie zog ihn hinter sich her zu einem offenen Schuppen am Ufer des Mühlbachs. Peter streifte sich die Kapuze vom Kopf und schüttelte die Schneeflocken ab.
    «Also?», fragte er neugierig.
    «Ich muss meine Schwester von hier wegbringen – du weißt schon, Maria Magdalena.»
    Er nickte. «Die Seherin. – Hat sie wirklich Gesichte? Oder wird sie von der Priorin dafür bezahlt? Seid mir nicht böse, Schwester Antonia, aber ich weiß von Blutwundern, da haben die Mönche ihrem Mitbruder mit Ochsenblut angebliche Wundmale aufgemalt und …»
    «Sei still», fuhr ihm Antonia über den Mund. Sogleich tat es ihr leid. Schließlich wusste auch sie von solch schändlichen Machenschaften.
    «Entschuldige, Peter, ich wollte nicht heftig werden. – Hör zu, was ich dir jetzt sage, darfst du keinem Menschen auf der Welt weitererzählen. Ich vertraue dir.»
    «Das könnt Ihr getrost, verlasst Euch drauf.»
    «Es geht

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