Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Himmelsbraut

Die Himmelsbraut

Titel: Die Himmelsbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
Vom Netzwerk:
ganze Welt aus den Angeln zu heben.»
    «Begründet, sagt Ihr?», brauste Derrer auf. «Dass Euch der Teufel den Kopf schere! Gibt man diesem Lumpenpack den Finger, ergreifen sie gleich die ganze Hand. Habt Ihr vergessen, was mit Sankt Trudpert geschehen ist? Zu friedlichen Verhandlungen hatte der Klostervogt aufgerufen, doch da war das Kloster schon in Brand gesteckt und ausgeplündert.»
    «Wenn die Stühle auf die Bänke steigen, so wird’s nicht gut», stimmte Molitoris zu. Er hatte offenbar schon einiges über den Durst getrunken, denn seine Worte kamen ihm reichlich undeutlich von den Lippen. «Da hat unser guter Luther wahre Brandfackeln übers Land geschleudert.»
    Fladron nickte. «Ich sag Euch, was uns als Nächstes blüht. Es wird unserer schönen Stadt noch zum Verhängnis, dass sie die Schirmvogtei über die umliegenden Klöster innehat. Vorerst hat das Freiburger Aufgebot die Aufrührer aus dem Münstertal verjagt, aber dabei wird’s nicht bleiben. Jetzt nämlich richtet sich der Zorn der Bauern gegen Freiburg. Erst recht, da unsere Stadt die Klosterschätze in Obhut genommen hat.»
    «Da frag ich mich doch», Derrer schlug mit der Faust auf den Tisch, «wo der Schwäbische Bund bleibt? Schaffen es diese Fürsten und hohen Herren etwa nicht, ein schlagkräftiges Heer gegen ein paar lumpige Bauernkittel aufzustellen? Und was macht der Kaiser? Er haut im fernen Italien gegen den Franzosen, während bei uns das Land in Flammen aufgeht!»
    Latomus verzog ängstlich das Gesicht. «Ich hab sogar gehört, dass einige der Freiburger auf Seiten der Bauern gewechselt sind.»
    «Was ficht uns das an?» Bapst bedeutete der Schankfrau, ihnen einen neuen Krug Roten zu bringen. Ganz kurz blitzte in Phillips Kopf die Erinnerung an Marie auf, und er war froh, dass er sich damals auf nichts eingelassen hatte. Beim Freiburger Herbstjahrmarkt nämlich hatte ihm eine Wahrsagerin prophezeit, dass die richtige Frau erst noch kommen würde.
    «Wenn sie wirklich gegen Freiburg ziehen», fuhr Bapst fort, «werden sie sich an unseren festen Mauern die Schädel blutig schlagen, bevor wir ihnen anschließend das Fell durchlöchern. Die sollen nur kommen.»
    Molitoris lachte auf. «Seit wann kämpft Ihr als Mitglied der Albertina Seit’ an Seit’ mit der Bürgerwehr?»
    «Wir sollten das Ganze nicht verharmlosen», warf Bedrotus auf seine besonnene Art ein. «In der Tat ist die Lage brenzlig, wie ich von Ratsherr Satorius erfahren habe. Die Stadt rüstet gewaltig auf mit Geschützen und Munition. Weitere Schießlöcher sollen in die Stadtmauer geschlagen und Schutzgräben ausgehoben werden, und für die Bürger sind Notvorräte angelegt.»
    «Meine Notvorräte lagern im Keller des Bärenwirts», kicherte Molitoris.
«Ergo bibamus!»
    Phillip wurde es zunehmend unbehaglich zumute. In ihrer Haltung zu den aufständischen Bauern waren die Professoren fast so zerstritten wie die Scholaren. Hastig trank er seinen Wein aus, um sich zu verabschieden, aber da hatte Molitoris ihm bereits nachgeschenkt.
    Wie erwartet gerieten sich Austrius und Derrer kurz darauf bös in die Haare über die Frage, ob man den Forderungen der Aufrührer nicht teilweise nachgeben oder ihnen gleich die Köpfe zu Brei schießen solle. Am Ende des Abends blieb Phillip die undankbare Aufgabe, seinen sturzbetrunken Hauswirt heimzuschleifen. Immerhin hatte er dem Dekan, der als einziger halbwegs nüchtern geblieben war, das Versprechen abringen können, den Erstsemestern lateinische Grammatik lehren zu dürfen.
    In dieser Nacht konnte er nicht einschlafen. Ihm war klargeworden, in welcher Gefahr Egbert steckte. Dieser Bauernlärm war kein Abenteuerspiel mehr, wie sie es als Kinder mit Holzschwert und Steckenpferd gespielt hatten, sondern drohte zu einem echten Krieg zu werden. Erzherzog Ferdinand, als Herrscher über Freiburg und Vorderösterreich, hatte die größte Strenge gegen die Aufrührer und ihre Anhänger befohlen. Man solle sie fangen, foltern und ohne Gnade erschlagen, man solle ihr Hab und Gut verbrennen und ihre Weiber und Kinder außer Landes jagen.

[zur Inhaltsübersicht]
    Teil 3 Neue Wege
    38 Liebfrauenwalde, Frühjahr 1525
    D en Winter über, bis in die Fastenzeit hinein, hielten die Bauern still, und Antonia beschäftigte mehr und mehr die Frage, woher Magdalena die Gewissheit nahm, ihre Mutter habe eine große Sünde begangen. Sie selbst erinnerte sich ihrer nur als ernste, gottesfürchtige Frau, von der der Vater später stets in großer Liebe

Weitere Kostenlose Bücher