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Die Himmelsbraut

Die Himmelsbraut

Titel: Die Himmelsbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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die Klausur zurück. Nach dem Mittagessen nahm sie Mechthild beiseite.
    «Dir als Pförtnerin kommt doch einiges zu Ohren von dem, was draußen vor sich geht!», flüsterte sie. «Hast du von dem Bauernlärm hier auf dem Wald gehört?»
    Die Nonne zuckte die Schultern. «Da wird viel geredet. Ich bin alt und schenk nicht mehr jedem Hennenfurz Glauben.»
    «Dann erzähl mir, was geredet wird. Bitte.»
    «Wie du willst. Aber sag hinterher nicht,
ich
hätte diese Gerüchte in die Welt gesetzt.» Sie rückte ihren Nonnenschleier zurecht. «Es werden wohl immer mehr. Weit über dreitausend Mann hat dieser Hans Müller von Bulgenbach angeblich schon um sich geschart, und sie bilden Regimenter wie im Landsknechtsheer, mit Hauptleuten und Fähnrichen, Feldweibeln und Proviantmeistern – was weiß ich.» Sie schnaubte. «Jedenfalls sind sie voller Hass und Gewalt, schmieden ihre Geräte zu Waffen, hängen jeden Ablasskrämer, jeden Pfaffen am nächsten Baum auf, metzeln alles nieder, was sich ihnen in den Weg stellt. Furtwangen haben sie schon angegriffen und Donaueschingen, auch drüben in Hüfingen waren sie schon, aber vor allem rächen sie sich an den Klöstern, die ihre Grundherren sind. Es heißt, dass das reiche Sankt Blasien schon in der Hand der Bauern sei und die Benediktiner geflohen.»
    «Sag ehrlich, Mechthild, glaubst du, dass Liebfrauenwalde in Gefahr ist?»
    «Bei diesem Wetter werden die Ratten wohl in ihren Löchern bleiben, aber man weiß ja nie. Um mich hab ich keine Angst, mein Lebensrad wird ohnehin bald stillstehen. Aber ihr Jungen … Wir können nur beten, dass keine von diesen Horden auf unser abgelegenes Waldkloster trifft. Die baufälligen Mauern rundum würden nicht mal dem kleinsten Ansturm standhalten, das kannst mir glauben.»

37 Freiburg, im Winter 1524 / 1525
    T üchtig, tüchtig, Junker Phillip.» Sein Wirts- und Kostherr Andreas Molitoris klopfte ihm kräftig auf die Schulter. «Erst den Zettel für die Arithmetik, jetzt den für die Geometrie. Wenn Ihr weiter so vorangaloppiert, habt Ihr nächsten Sommer Euren Magistertitel. Prosit!»
    Phillip freute sich aufrichtig über die anerkennenden Worte und erhob ebenfalls seinen Weinbecher.
    «Prosit, die Herren Professoren!»
    Ganz und gar zufällig war er in diese Runde geraten, als er kurz zuvor bei Schneegestöber vor dem Eingang zum Roten Bären fast mit Theobald Bapst, dem neuen Dekan der Artistenfakultät, zusammengeprallt wäre, der ihn in bester Laune auf einen Trunk eingeladen hatte. Normalerweise gehörte Phillip nicht zu denen, die die Nähe von Professoren und Amtsträgern suchten, um sich dort lieb Kind zu machen. Aber er hatte ein dringendes Anliegen: Er brauchte Arbeit. Wenn er als Hilfskraft die Studienanfänger in Latein oder Rhetorik unterrichten könnte, würde ihm das aus seiner ewig klammen Haushaltslage heraushelfen.
    Die halbe Artistenehrbarkeit hatte sich da im Nebenraum des Roten Bären versammelt. Außer Molitoris und Bapst waren da noch sein Prüfer Derrer, der vormalige Dekan Bedrotus, der Bursenverwalter und Grammatikmeister Fladron, der Griechischlehrer Latomus und der junge Professor Austrius. Latomus und Austrius hießen eigentlich Gräber und Östreicher, so wie Molitoris schlicht als Müller auf die Welt gekommen war. Phillip musste innerlich grinsen: Sollte er es einmal bis zum Professor schaffen, so würde er sich Philippus Saxumbellum statt Holderstein nennen.
    Die Runde prostete ihm gut gelaunt zu.
    «Was nur beweist, wie gut es dem jungen Holderstein tut, nicht mehr mit dieser Bande von Schluckspechten durch die Schenken zu ziehen», lachte Theobald Bapst. «A propositum: Was ist eigentlich mit Eurem Busenfreund Egbert von Rainhausen? Er scheint sich für immer vom Acker gemacht zu haben. Mal heißt es, er kämpfe für unseren Kaiser bei den Italienfeldzügen, dann wieder, er habe sich der Sache dieser Bauernschurken ergeben. Nun ja,
variatio delectat
, wie der alte Cicero schon sagte. Das Leben an der Alma Mater ist einem Burschen wie Rainhausen wohl zu fade.»
    «Ich habe nie wieder von ihm gehört. Leider …», sagte Phillip. Das war die bittere Wahrheit und ersparte ihm, vor diesen Herren zuzugeben, dass der Dekan mit seiner zweiten Vermutung ins Schwarze getroffen hatte.
    «Eines jedenfalls steht fest», griff der junge Austrius den Faden wieder auf. «Die Bauern haben den Bogen überspannt. Mögen einige ihrer Forderungen auch begründet sein, so gibt ihnen das noch lange nicht das Recht, die

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