Die Himmelsbraut
und Ritter Markwart von Holdenstein voller Hochachtung gesprochen hatte.
Dann aber gerieten diese Grübeleien in den Hintergrund, als Schlag auf Schlag neue Nachrichten über die Bauernunruhen ins Kloster drangen. Dabei verließ sich Antonia nicht mehr auf die Gerüchte, die der Pförtnerin zu Ohren kamen, sondern hielt sich an Peter, der bestens unterrichtet war und mit dem sie sich hin und wieder vor der inneren Klosterpforte traf. Nachdem sich jener Hans Müller eine Zeitlang auf der Feste Hohentwiel aufgehalten hatte, wo der verbannte Ulrich Herzog von Wirtemberg ein Bauernheer zur Rückeroberung seines Reiches aufgestellt hatte, war der Anführer des Stühlinger Haufens nun in den Schwarzwald zurückgekehrt. Längst hatte er seine Mannen mit den Villinger, Klettgauer und Hegauer Bauern vereint und suchte nun den Schulterschluss mit den dreißigtausend Mann starken Haufen von Oberschwaben.
Die Zeit der Verhandlungen schien endgültig vorbei. Nachdem die Bauern überall für ihre Sache und ihre Forderungen geworben hatten, waren von der Gegenseite eiligst Schiedsgerichte einberufen wurden, die die strittigen Angelegenheiten klären sollten. Doch was zunächst nach einem Erfolg für die Bauern ausgesehen hatte, stellte sich als arglistiger Winkelzug heraus: Die Riege der Fürsten und Grundherren, unter dem Dach des Schwäbischen Bundes vereint, hatte lediglich Zeit gewinnen und das Schlimmste verhüten wollen, indem man scheinbar auf die Forderungen der Bauern einging. Denn noch war der größte Teil der Heerführer und Landsknechte in den Italienkrieg eingebunden.
Ungeduld, Ohnmacht und schließlich Wut überkamen die Bauern, nachdem sie sich im Vertrauen auf gerechte Verträge friedlich zurückgezogen hatten und sich am Ende dann doch gar nichts verbessert hatte. So brachen zum Frühjahr im ganzen südlichen Reich die Aufstände erneut los. Jetzt indessen war der Schwäbische Bund zum Kampf gerüstet und hatte mit Georg Truchsess von Waldburg einen gnadenlosen Haudegen an die Spitze seines Heeres gesetzt, einer Armee von neuntausend schwerbewaffneten Landsknechten und weit über tausend gepanzerten Reitern.
«Drüben in Oberschwaben fließt schon Blut», hatte ihr Peter aufgeregt berichtet. «Jetzt zeigt sich die wahre Fratze der hohen Herren. Null und nichtig sind ihre Zugeständnisse, statt zu verhandeln, wollen sie die Bauern niedermetzeln.»
Antonia, die ihr Vorhaben, Magdalena nach Marienau wegzubringen, längst aufgegeben hatte und stattdessen auf die Ankunft ihrer Äbtissin zum Osterfest hoffte, fragte sich bang, wie lange es in ihrer Gegend wohl noch friedlich bliebe. Doch nur wenige Tage später, es war eine Woche vor Ostern, kam alles gänzlich anders.
Schon in der Nacht hatte eine merkwürdige Unruhe das Kloster erfüllt. Seit ihrer erneuten Sorge um Magdalena hatte Antonia einen leichten Schlaf, und so glaubte sie irgendwann, Stimmen gehört zu haben. Nicht aus dem Kreuzgang und nicht vom Novizenhaus her, sondern von draußen. Ihre Schwester im Bett neben ihr schlief währenddessen tief und fest.
Sie erhob sich, tappte leise durch die Dunkelheit in Richtung Fenster und setzte den Schemel darunter. Der Laden knarrte, als sie ihn aufschob, und Antonia hielt ob des Kraches erschreckt inne. Sie wollte Magdalena nicht aufwecken. Zoll für Zoll schob sie das Fenster auf, bis sie freie Sicht in die mondbeschienene, frostklare Nacht hatte.
Von hier aus konnte sie über den Klostergarten bis zum Pförtnerhaus und dem Klostertor blicken. Auch das Haus der Priorin war zu sehen, wenn man sich ein Stück weit hinauslehnte. Nach einer kurzen Zeit des Wartens bemerkte sie zwei dunkle Gestalten, die mit Körben oder ähnlichen Lasten bepackt durch den Garten huschten, alsbald gefolgt von zwei weiteren. Zwischendurch waren sie von Sträuchern und Mauerresten verdeckt, bis Antonia sie auf dem Weg zum Priorat wiederauftauchen sah. Dort wurden sie bereits erwartet, und Antonia glaubte in den ebenfalls dunkel gekleideten Gestalten auf der Freitreppe Camilla von Grüningen und ihre Großnichte, die bildhübsche Justina, zu erkennen. Was hatte das alles zu bedeuten?
Eine Zeitlang blieb sie noch am offenen Fenster stehen, doch nachdem sich die Tür hinter den Frauen geschlossen hatte, wurde es wieder so still, wie es nachts in einem Kloster zu sein hatte.
«Was tust du da?»
Antonia fuhr herum. Ihre Schwester war aufgewacht.
«Nichts weiter. Ich konnte nicht schlafen, und da habe ich frische Luft
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