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Die Himmelsbraut

Die Himmelsbraut

Titel: Die Himmelsbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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Zutrinken gefrönt.
    «In der Schankstube soll ich schlafen? Bei all den Mannsbildern?»
    «Nein, in meiner Kammer.»
    «Niemals!»
    Er ließ sie los. «Wie du willst. Aber sieh dich nur um. Vielleicht hast du in deinem Kloster vergessen, wie es unter besoffenen Kerlen zugeht.»
    Antonia biss sich auf die Lippen. Sie hatte die Wahl zwischen Pest und Aussatz. Schließlich nickte sie.
    «Dann komm. Und lass uns noch ein bisschen feiern.»
    Stumm saß sie wenig später an seiner Seite in der Wirtsstube und dachte mit Schrecken daran, worauf sie sich eingelassen hatte. Hatte der Wächter heute Mittag nicht gesagt, Hans Müllers Herzliebchen sei auf und davon? Alle hier schienen jedenfalls zu glauben, sie sei sein neues Mädchen.
    Vom Abendessen und ihrem Krug Bier rührte sie nichts an, gab vor, dass dies gegen die Fastenregel einer einzigen Mahlzeit am Tage verstoße. Umso trinkfreudiger zeigte sich der Hauptmann, er scherzte und lachte und sang, ganz offensichtlich schon in der Vorfreude auf die bevorstehende Nacht. Peter hingegen, den Hans Müller zum Umtrunk an ihren Tisch gewinkt hatte, wurde gleich ihr immer stiller. Er schüttete sein Bier in sich hinein, starrte mit glasigen Augen vor sich hin, wenn er nicht gerade wütende Blicke in Richtung seines Hauptmanns warf.
    «Seid bloß auf der Hut, Schwester Antonia», zischte er plötzlich. «Der Mann ist als rechter Stier verschrien.»
    Dann ließ er seinen Krug fallen und stürzte mit einem unterdrückten Würgen hinaus in die Dunkelheit.
    «Der Junge hat das Saufen noch nicht gelernt», lachte Hans Müller.
    «Ich möchte schlafen gehen, mir ist nicht wohl.»
    «Nur zu, Antonia. Ich komme nach. Am Aufgang der Stiege findest du eine Lampe, die nimm mit in die Kammer.»
    Dort angekommen, legte sie sich vollständig angekleidet in das breite Bett, drehte das Licht herunter und zog sich ihre Decke bis zum Hals. Ihr Herz machte schmerzhafte Sprünge vor Angst, während sie in die Dunkelheit hinaus lauschte und ihre Stoßgebete zu Mutter Maria und der heiligen Elisabeth schickte. Die Zeit schien stillzustehen. Ein Trinklied nach dem andern grölten die Männer drunten in der Schankstube, und nichts geschah. Fast schon war sie eingeschlafen, als schwere Schritte sie auffahren ließen. Rasch drehte sie sich zur Wand und zog die Decke über den Kopf.
    «Schläfst du, Antonia?», hörte sie den Hauptmann leise fragen, während das Rascheln von Stoff verriet, dass er sich entkleidete. Unwillkürlich ballte sie die Fäuste. Sie würde sich mit Händen und Füßen wehren, würde eher sterben, als sich von diesem Mann anfassen lassen.
     
    Drei Tage später lagerten sie vor dem Städtchen Neustadt auf dem Schwarzwald, das sich nach kurzen Verhandlungen dem Artikelbrief beugte und in die Bruderschaft der Bauern begab. In nur wenigen Tagen würden sie Freiburg erreichen, sich dort mit den badischen Haufen vereinigen und auch die vorderösterreichische Universitätsstadt in ihren Bund zwingen.
    Da preschte um Mittag ein Bote vor den Wagen des Obersten Hauptmanns und brachte schlechte Nachricht: Der verhasste Truchsess von Waldburg zog im Namen der Fürsten und Grundherren mit seinem mächtigen Heer gegen die Aufrührer am Bodensee, und die dortigen Bauern forderten Hans Müller nun zum Beistand auf.
    Noch am selben Tag gab der Hauptmann den Befehl, die Zelte abzubrechen und nach Osten zu marschieren, um den Brüdern in Oberschwaben beizustehen.

41 Von Freiburg nach Holderstein, Ende April 1525
    P hillip schrak aus seinen Studien über den geometrischen Aufbau des Universums, als es heftig gegen seine Zimmertür klopfte. Es war die Dienstmagd des Hauses.
    «Verzeiht vielmals, Junker Phillip, wenn ich Euch störe. Aber ein reitender Bote hat dieses Schreiben gebracht. Es wär sehr dringend.»
    «Ist schon recht, Resi. Hab Dank.»
    Er nahm ihr den Brief ab, der das Siegel von Burg Holderstein trug. Da hatte sein Vater ihm aber wahrhaftig schnell geantwortet. Vor gut einer Woche erst hatte er ihm von seinen Erfolgen im Studium geschrieben und dass er zu Pfingsten endlich wieder einmal nach Hause kommen wolle.
    Nachdem er das Siegel erbrochen hatte, bemerkte er sofort, dass es nicht seines Vaters Handschrift war. Es waren nur wenige Worte, von ungeübter Hand hastig niedergeschrieben:
    Lieber Junker Phillip, guter Freund! Ich habe Euch die traurige Mitteilung zu machen, dass Euer Vater todkrank darniederliegt. Wenn Ihr ihn noch lebend, so Gott will, wiedersehen wollt, so zögert nicht,

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