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Die Himmelsbraut

Die Himmelsbraut

Titel: Die Himmelsbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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auf.
    «Phillip! Endlich bist du da!»
    Die beiden Brüder umarmten sich, und Phillip musste an sich halten, nicht zu weinen.
    «Ist er bei sich?», fragte er mit belegter Stimme, während er ans Bett trat. Zwischen einer dicken Lage von Decken und Fellen sah das bartlose Gesicht des Vaters hervor. Phillip hätte ihn beinahe nicht erkannt, so eingefallen und wachsbleich waren die Wangen.
    Kilian wies auf den Schemel. «Setzt dich und halt seine Hand. Dann wird er spüren, dass du da bist.»
    Phillip erschrak, als er die eisige, knochendürre Hand zwischen seinen Fingern fühlte. War er womöglich doch schon tot? Da neigte sein Vater den Kopf zur Seite und öffnete die rot geränderten Augen.
    «Phillip? Bist du das?», hauchte er.
    «Ja, Vater. Ich bin bei Euch.»
    Markwart von Holderstein stieß rasselnd die Luft aus. «Gelobt sei Jesus Christus.»
    «In Ewigkeit. Amen», gab Phillip mit einem unterdrückten Schluchzen zurück. Dann riss er sich zusammen.
    «Habt Ihr Schmerzen?»
    «Nein, nur müde.»
    Fragend blickte Phillip auf seinen Bruder.
    «Der Medicus gibt ihm regelmäßig Mohnsaft. Damit schläft er viel und hat keine Schmerzen. Ich geh jetzt – ich glaub, Vater hat dir was zu sagen.»
    «Kilian?»
    «Ja, Vater?»
    «Die Tropfen – zur Stärkung …»
    Kilian reichte seinem Bruder ein Fläschchen vom Fenstersims. Mit zitternder Hand träufelte Phillip einige Tropfen auf die blutleeren Lippen des Sterbenskranken.
    «Wenn etwas ist, kannst du läuten.» Kilian deutete auf die Glocke nehmen dem Bettgestell. «Ich bin nebenan in Vaters Schreibzimmer.»
    «Ist der Medicus im Haus?»
    Kilian nickte. «Der Priester auch.» Damit verließ er die Kammer.
    Phillip glaubte schon, sein Vater sei wieder eingeschlafen, als er mit geschlossenen Augen leise zu sprechen begann.
    «Mein Sohn, ich muss dir etwas sagen … wegen Antonia … Es tut mir so leid, dass ich euch – auseinandergebracht hab … Sie glaubt, du wärst verheiratet.»
    Phillip starrte ihn mit offenem Mund an.
    «Aber warum das alles?», stieß er nach einer Pause hervor. «Und weshalb habt Ihr mir immer verheimlicht, wo sie ist?»
    «Weil sie fortsollte von dir, von uns allen … Wollte sie schützen, weil ich … weil ich große Schuld auf mich geladen hab.»
    «Was für eine Schuld, Vater?»
    «Dafür, was ihr geschehen ist.» Seine Stimme wurde kräftiger. «Sie musste leiden für meine Sünde in jungen Jahren. Ach, mein Sohn, bete für mich, wenn ich tot bin.»
    «Vater!»
    Markwart von Holdersteins Brust hob und senkte sich, als ob er im Innern einen schweren Kampf ausfocht. Dann kamen seine Worte rasch nacheinander, nur von krampfhaftem Einatmen unterbrochen.
    «Antonias Mutter … eine bildschöne Jungfer … damals, vor langer Zeit … War schon verlobt mit dem guten alten Albrecht … Aber ich hab sie geliebt, geliebt und begehrt … Das sechste Gebot … eine Todsünde …»
    Eine schreckliche Ahnung keimte in Phillip auf.
    «Bin mir sicher, Albrecht hat es geahnt … Aber er hat sie trotzdem zur Frau genommen, hat sie immer verehrt …»
    Verzweifelt rang er wieder nach Luft.
    «Hat es hingenommen … dass Bernward schon sieben Monate nach der Hochzeit … zur Welt kam.»
    Phillip hielt den Atem an. «Dann war Bernward dein Sohn?»
    «Mein Sohn und dein Bruder.»
    Ihm fiel ein Stein vom Herzen. Kurz hatte er befürchtet, Antonia könne seine Schwester sein, aber dieser Verdacht hatte sich Gott sei Dank zerschlagen. Zugleich begannen seine Gedanken fieberhaft zu arbeiten. So vieles erklärte sich damit. Dass sein Vater Bernward immer unterstützt und gefördert hatte. Dass er ihm ein Studium bezahlt hatte. Dass Bernward äußerlich so gar nichts von Albrecht von Oberthann gehabt hatte, dafür umso mehr von seinem eigenen Vater, mit seiner großen, kräftigen Statur und dem dunklen Haar.
    «Wer weiß noch davon?»
    Sein Vater hob den Kopf und starrte ihn an.
    «Das ist es ja», flüsterte er. «Einmal, im Streit, hab ich Wighart gedroht. Hab ihm gesagt, dass er des Geschlechts der Holdersteiner nicht würdig sei. Und dass – dass es einen würdigeren Erben gebe. Er war außer sich. Und dann dieser entsetzliche Überfall … Und du kamst mit Wigharts Dolch zu mir.»
    Kraftlos sank er wieder ins Kissen zurück.
    «Da wusste ich, dass ich Schuld war an dem Tod von Antonias Vater und Bruder – am Tod meines eigenen Sohnes.»
    «Nein, Vater, nicht Ihr. Niemals! Einzig und allein Wighart.» Phillip schossen die Tränen in die

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