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Die Himmelsbraut

Die Himmelsbraut

Titel: Die Himmelsbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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Freund.
    Keine Wegstunde später öffnete sich die Schlucht zu einem Tal, das allmählich ausladender und lichter wurde. Ihr Anführer deutete nach vorn, wo ein Bergmassiv den Weg zu versperren schien.
    «Jetzt geht’s erst richtig los», rief er den Frauen zu. «Die Steige dort hinauf in die Berge ist so steil, dass wir unsere Reitpferde vorspannen müssen. Seht Ihr das lange Gebäude? Da ist ein Rasthaus, wo wir auch unsre Tiere füttern und tränken können. Und eine Kapelle für Eure Gebete findet Ihr auch.»
    Camilla von Grüningen glitt vom Pferd und streckte ungeniert ihre Glieder.
    «Dann lasst uns zuerst zur Kapelle wandern und unser Stundengebet verrichten. Dem Allmächtigen zum Dank, dass er uns auf dieser Reise beschützt.» Sie schenkte dem Anführer ein breites Lächeln. «Bis später also, Hubertus.»
    «Jetzt wissen wir endlich, wie dieser stramme Bursche heißt», kicherte Ursel leise und erntete dafür einen bösen Blick von Agnes.
    Sie marschierten den Fußweg zu einem weiß getünchten Kirchlein hinauf, das in einen Wiesenhang gebaut war, die Priorin in flottem Schritt vorneweg. Außer ihnen fanden sich in der Kapelle, die dem heiligen Oswald geweiht war und einen überaus prächtigen Flügelaltar besaß, nur noch zwei Bauernweiber. Die starrten sie unwillig an, als fühlten sie sich in ihrem Gottesdienst gestört. Davon unbeirrt verrichteten sie die Psalmen und Gebete der Non, wie sie es auch in Marienau getan hätten, wenn auch alles ein wenig hastiger. Antonia wäre gern noch einige Zeit vor dem schönen Altar verharrt, doch die Priorin drängte sie nach draußen.
    «Ihr müsst doch alle sterben vor Hunger, nicht wahr?»
    Sie nickten zur Antwort. Antonia nahm nicht an, dass sie als Nonnen ein gewöhnliches Wirtshaus betreten würden, und tatsächlich hielt Camilla von Grüningen sie an, nach ihren Wagen Ausschau zu halten. Ohne Pferde, bewacht von einem ihrer Begleiter, entdeckten sie sie am äußersten Rand des weitläufigen Geländes vor der Reiseherberge. Es war ein sonniges Plätzchen dicht am Waldrand, weit genug entfernt vom Rasthaus und den übrigen Fuhrwerken.
    «Gesegnete Mahlzeit euch allen», rief die Priorin ihnen zu, nachdem die Laienschwestern die Proviantkörbe vom Wagen geholt hatten. «Die Tischlesung lassen wir für heute ausfallen.»
    Damit verschwand sie erhobenen Hauptes und mit geschürztem Rocksaum in Richtung Rasthaus. Eine Zeitlang herrschte verblüfftes Schweigen unter den Frauen.
    «Sie geht allein in eine Schankstube», brachte Elisabeth schließlich heraus.
    «Allein?» Ihr Wächter grinste. «Hubertus und Konrad sind doch bei ihr. Die werden ihr schon einen Platz frei gehalten habe. Ich heiß übrigens Pirmin. Ihr gebt mir doch sicherlich was ab von euren guten Gaben?»
     
    Es war bereits Nachmittag, und das Sonnenlicht hatte sich hoch auf die Berghänge zurückgezogen. Die Frauen saßen dicht beieinander im Gras, ihr Bewacher Pirmin hockte auf dem Kutschbock und schien zu dösen. Doch Antonia spürte sehr genau, dass er sie beobachtete. Schon während der Brotzeit hatte er das Gespräch mit ihr gesucht, hatte auf eine angenehme Weise kleine Scherze mit ihr gemacht und sie immer wieder angelächelt. Als sie jetzt den Kopf hob, blickte er ihr direkt in die Augen und zwinkerte ihr zu.
    Ein leichter Schauer durchfuhr ihre Brust. Pirmin war noch jung, ein hübscher Bursche, und er erinnerte sie an Phillip in seiner schlanken Gestalt, den hellbraunen Locken und in seiner unbekümmerten Art. Nur waren seine Augen blau statt braun. Verschämt senkte sie den Blick. Was war nur in sie gefahren? Sie war jetzt achtzehn Jahre alt, eine Braut Christi, lebte seit Jahren im Kloster. Für sie waren Männer einfach nur Menschen, in der Regel etwas grober geartet als Frauen, zu denen sie sich in keiner Weise hingezogen fühlen sollte. Und sie war sich mittlerweile sicher, dass dies auch nicht mehr geschehen würde. Warum brachte sie jetzt dieser wildfremde Kerl so aus der Fassung? Unwillkürlich stellte sie sich vor, wie ihre Hände seine bartlosen Wangen berührten, dabei seine lachenden Augen, seinen jungen Mund streiften. Plötzlich war es Phillips Mund, Phillips Gesicht …
    Hastig sprang sie auf und lief einige Schritte in Richtung Waldrand, verschränkte dabei die Hände in den langen Ärmeln des Mantels und betete zu Jesus Christus, er möge ihr diese Gedanken nehmen, dieses Flattern im Bauch, das Hämmern ihres Herzens. Zugleich wurde sie wütend. Wütend darüber, dass

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