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Die Himmelsbraut

Die Himmelsbraut

Titel: Die Himmelsbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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Widersinnige war aber, dass er mit Papst und Kirche auf Kriegsfuß stand. Aber er brauchte eben jeden Heller. Zum einen für das Hörgeld, zum andern für das Kostgeld an Doctor Andreas Molitoris, Lehrkraft und Dekan der Artistenfakultät, der ihm und zwei weiteren Scholaren in seiner kleinen Magisterburse Unterkunft gewährte. Dass er hier umsonst wohnen durfte, sogar in einem eigenen Zimmer, hatte er Graf Wilhelm zu verdanken. Er und Molitoris waren gute Freunde aus Studienzeiten, und ob der junge Graf dem Dekan hierfür irgendwelche Vergünstigungen zukommen ließ, war nicht herauszubekommen. Wann immer Phillip ihn danach fragte, pflegte Molitoris, der ansonsten ein äußerst redseliger Mensch war, sich auszuschweigen.
    Auch wenn Phillip oft nicht wusste, wovon er den nächsten Monat leben sollte, hatte er nie bereut, dass er sich im vorletzten Herbst ins Matrikelbuch der Albertina eingetragen hatte. Das Studium der freien Künste fiel ihm leicht, leichter als den meisten seiner Gefährten, die oft kaum besser Latein konnten als sein Bruder Wighart. Schon im August würde er sein erstes Examen, das Baccalaureat, absolvieren und ein Jahr später, das hatte er sich geschworen, das zum Magister Artium. Danach würde er selbst lehren und nebenher die Jurisprudenz studieren. Doch bereits als Baccalaureus durfte er als Hilfskraft die Studienanfänger unterrichten und wäre somit die ungeliebte Chorsingerei endlich los.
    Die kleine Stadt Freiburg hatte ihm in ihrer Lebendigkeit, ihrer beschaulichen Lage am Fuße des Schwarzwalds vom ersten Tag an gefallen. Und wenn es ihm in den Gassen zu eng und zu laut wurde, konnte er jederzeit hinaus ins herrliche Umland. Nein, er hatte seinen Entschluss, nach Freiburg zu kommen, noch keinen Tag bereut. Auch wenn Egbert ständig davon redete, man müsse nach Straßburg oder Basel wechseln, da nur dort die wahren großen Geister zu finden seien wie Erasmus von Rotterdam und Paracelsus, Oekolampad und Martin Butzer. Dabei war Egbert – er unterdrückte ein Lachen – selbst kein allzu großes Licht im Studium.
    «Was grinst du da?», unterbrach Egbert seinen Gedankengang.
    «Ach, ich dachte gerade nur an meine miserablen Sangeskünste. – Au!»
    Er fasste sich an die schmerzenden Schläfen.
    «Oje, alter Knabe, dich hat’s wahrhaftig schwer erwischt.» Egbert schleppte ihn zu dem einzigen Stuhl im Zimmer, auf dem Phillip sich niedersinken ließ wie ein Mehlsack. «Gib acht», hörte er ihn sagen. «Ich hol uns in der Schenke gegenüber ein Krüglein Roten. Danach wird’s dir gleich bessergehen.»
    So, wie ihm jetzt schwindelte, bezweifelte Phillip den Erfolg dieser Art Rezeptur. Nachdem sein Freund zur Tür hinaus war, zog er sich das Hemd über den Kopf, stellte sich splitternackt an seinen Waschtisch und schrubbte sich den ganzen Körper mit kaltem Wasser ab. Er spürte, wie sich der Nebel in seinem Kopf langsam zu lichten begann und dabei die Erinnerung an den gestrigen Tag mit seinem fatalen Ausgang zurückkehrte.
    Es hatte damit begonnen, dass Egbert ihn gebeten hatte, ein Pferd für ihn zur Probe zu reiten, einen hübschen Fliegenschimmel, den er vielleicht kaufen wollte. Das Tier war angeblich gut eingeritten, doch Egberts Ansicht nach zu teuer. Da es ein Samstag war und somit die Vorlesungen später begannen als sonst, hatte Phillip den Wallach gleich am frühen Morgen aus dem Stall des Rosshändlers geholt und gesattelt. Er wollte mit dem Tier ein Stück die Dreisamwiesen hinunter und dann vielleicht noch in den Wald. Er hatte es genossen, mal wieder auf einem Pferd zu sitzen, denn im Gegensatz zu Egbert und den anderen Studenten, die von adligem Stand waren, hatte er kein eigenes zur Verfügung.
    Sehr schnell war ihm klargeworden, dass der Schimmel nicht nur schreckhaft war, sondern eine Heidenangst vor Hunden hatte. Zur Jagd, wie es Egbert vorhatte, würde er daher kaum taugen. An der Brücke vor dem Obertor nämlich war er auf ein paar Kinder getroffen, die mit einem jungen Hund herumtobten. Der Schimmel hatte sich kaum beruhigen lassen, wäre mit ihm ums Haar rückwärts in die Dreisam gestolpert. Kaum hatte er ihn wieder unter Kontrolle gehabt, war ihm eine seltsame Prozession am anderen Flussufer ins Auge gefallen. Ein halbes Dutzend schwarz-weiß gekleideter Nonnen marschierte dicht hinter zwei Fuhrwerken her, flankiert von drei bewaffneten Reisigen. Zunächst stumm, dann in lautem Chorgesang hielten sie den Kopf gesenkt wie bei einer Leichenprozession. Nur die

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