Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
auch beharrlich durch ihre Kleider. Gar nicht mehr lange, dachte sie missmutig, und sie würde ebenso durchnässt sein, als wäre sie in ihren Kleidern ins Wasser gefallen. Sie sollten sich besser beeilen, nach Hause zu kommen, bevor sie am Ende noch beide krank wurden.
    Dennoch blieb ihre Mutter nach einem knappen Dutzend weiterer, rascher Schritte stehen, legte fast erschrocken den Kopf auf die Seite und lauschte einen Moment lang sichtbar konzentriert. Auch Arri verhielt mitten im Schritt und sah gebannt zu ihrer Mutter hin. Sie sagte nichts, aber deren angespannte Haltung entging ihr so wenig wie die fast unmerkliche Bewegung, mit der ihre rechte Hand unter den Umhang glitt. Arri wusste, dass sie dort ihr Schwert trug. Seit Grahls und Sarns unangekündigtem nächtlichen Besuch nahm sie die Waffe immer mit, wenn sie die Hütte verließ. Arri gegenüber hatte sie behauptet, sie täte es aus Furcht, das Schwert könne ihr gestohlen werden, und sicherlich entsprach das auch zu einem Teil der Wahrheit - aber vielleicht eben nur zu einem Teil, und möglicherweise auch nur zu einem kleinen Teil.
    »Was hast du?«, fragte sie.
    Sie hatte im Flüsterton gesprochen, doch ihre Mutter hob so erschrocken die Hand, dass Arri fast schuldbewusst zusammenfuhr, und drehte sich dann langsam mit geschlossenen Augen und schräg gelegtem Kopf einmal um sich selbst. Sie lauschte konzentriert, und Arri tat dasselbe. Alles, was sie hörte, waren das erschrockene Klopfen ihres Herzens und die gedämpften Geräusche des nächtlichen Waldes. Aber nur, dass sie nichts hörte, bedeutete nicht, dass da auch tatsächlich nichts war.
    »Ist. irgendetwas nicht in Ordnung?«, fragte sie schließlich, als ihre Mutter die Augen zwar wieder öffnete, aber keine Anstalten zu irgendeiner Erklärung machte und auch der Ausdruck auf ihrem Gesicht weiter so besorgt und angespannt blieb.
    Lea schüttelte den Kopf. Ihre rechte Hand kroch wieder unter dem Umhang hervor. »Nein. Ich dachte, ich hätte etwas gehört, aber ich muss mich wohl getäuscht haben.« Sie schüttelte noch einmal und heftiger den Kopf, und auf ihrem Gesicht erschien nun ein ärgerlicher Ausdruck, von dem Arri allerdings fast sicher war, dass er ihr selbst galt. »Ich sehe allmählich wohl schon Gespenster.«
    Sie straffte die Schultern, wie um ihren Weg fortzusetzen, machte aber nur einen einzigen Schritt und blieb dann abermals stehen. Sie hatte sich ausgezeichnet in der Gewalt. Der Ausdruck auf ihrem Gesicht blieb unverändert, und auch ihre rechte Hand machte jetzt nicht mehr diese verräterische Bewegung, aber Arri sah trotzdem, dass der Anteil von Sorge in ihrem Blick eher noch größer geworden war. Plötzlich musste sie wieder an den Fremden denken, den sie getroffen hatte (und zwar, ob das nun Zufall war oder nicht, nahezu genau an dieser Stelle), und mit einem Mal hatte auch sie das Gefühl, dass sie nicht mehr allein waren. Jemand beobachtete sie.
    Aber das konnte nicht sein, versuchte sie sich selbst in Gedanken zu beruhigen. Ganz egal, wie geschickt dieser mögliche Beobachter auch im Anschleichen und Heranpirschen sein mochte, Arri wusste, dass den scharfen Sinnen ihrer Mutter nicht der geringste verräterische Laut entgangen wäre.
    »So geht das nicht weiter«, seufzte ihre Mutter.
    »Was?«, fragte Arri, obwohl sie sicher war, dass die Worte nicht ihr gegolten hatten.
    Ihre Mutter antwortete denn auch nicht, sondern warf ihr nur einen seltsamen Blick zu und ging dann weiter, blieb aber nach wenigen Schritten schon wieder stehen und hob den Kopf, diesmal aber nicht, um sich erschrocken umzusehen. Für eine geraume Weile blickte sie konzentriert in den Himmel hinauf, der durch eine Lücke im Blätterdach über ihren Köpfen an dieser Stelle besonders deutlich zu sehen war. Die Nacht war vollkommen wolkenlos, und da der Mond zu einer kaum noch kleinfingerbreiten, blassen Sichel zusammengeschmolzen war, schienen die Sterne doppelt hell und klar über ihnen am Firmament zu funkeln; wie unzählige winzige Augen, die aufmerksam auf sie herabblickten.
    Eine geraume Weile stand sie einfach so da und sah zu den Sternen hinauf, und zumindest am Anfang tat Arri es ihr gleich. Ihre Mutter hatte sie auch einiges über die Sterne gelehrt. Sie hatte ihr erzählt, dass manche von ihnen Namen hatten und dass sie den Seefahrern ihres Volkes dabei geholfen hatten, ihren Weg durch die unendlichen Einöden des Meeres zu finden, und vor allem auch immer wieder unbeschadet nach Hause zu

Weitere Kostenlose Bücher