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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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machte; aber auf eine vollkommen andere Art, als sie es jemals kennen gelernt hatte. Arri wollte den Arm schreiend zurückziehen und Dragosz am liebsten die andere Hand ins Gesicht schlagen; aber zugleich sehnte sie sich auch nach nichts mehr als danach, dass diese Berührung anhielt; und er vielleicht nicht nur ihr Handgelenk streichelte.
    »Ganz plötzlich stand deine Mutter vor mir«, fuhr Dragosz fort. Er lächelte gequält. »Eine Frau. Eine wunderschöne Frau, verstehst du?«
    »Nein«, antwortete Arri wahrheitsgemäß.
    »Bei meinem Volk«, sagte Dragosz, »sind Frauen eben. Frauen.«
    »Bei unserem auch«, erwiderte Arri trocken.
    »Nicht so«, sagte Dragosz. »Kein Weib.«, war es Zufall, dachte Arri, dass er plötzlich dieses Wort gebrauchte?, ». unseres Volkes würde ein Schwert tragen. Deine Mutter hat ein Schwert getragen. und beim großen Donnergott, nicht nur als Zierrat. Es hätte nicht viel gefehlt, und sie hätte mich getötet.«
    »Weil du überrascht warst?«, fragte Arri.
    »Weil sie so gut war«, antwortete Dragosz mit einer verlegenen Grimasse. »Du hast Recht: Ich habe sie nicht ernst genommen. Im ersten Moment. Im zweiten war ich überrascht, und im dritten und all den Momenten danach hatte ich alle Hände voll damit zu tun, am Leben zu bleiben.« Er lachte. »Ist es wahr, dass deine Mutter früher Priesterin war?«
    »Ja.«
    »Dann möchte ich die Götter, denen sie gedient hat, nicht zu Feinden haben«, sagte Dragosz ernst. »Hast du deine Mutter jemals kämpfen sehen?«
    Arri wollte den Kopf schütteln, aber dann erschien plötzlich ein Bild vor ihrem inneren Auge: Sie sah ihre Mutter und das Schwert, das plötzlich in ihrer Hand erschien und den Mann enthauptete, der Runa getötet hatte; so schnell, dass sie die Bewegung nicht einmal wirklich sah. Sie sagte nichts, aber dieses nichts war Dragosz offenbar Antwort genug.
    »Sie hat mich besiegt«, gestand Dragosz rundheraus. »Zuerst habe ich sie unterschätzt, dann war ich überrascht, und dann hatte ich ihr Schwert an der Kehle.«
    »Aber nicht sehr lange«, vermutete Arri.
    »Länger als mir lieb war«, sagte Dragosz mit übertriebener Zerknirschung. »Vielleicht nur ein paar Augenblicke, aber sie sind nicht besonders lustig, wenn du ein Schwert an der Kehle hast und die Wärme spürst, mit der dein eigenes Blut an deinem Hals herunterläuft.«
    »Aber sie hat dich nicht getötet«, bemerkte Arri überflüssigerweise.
    »Viel hat allerdings nicht gefehlt.« Dragosz strich sich mit der freien Hand über die Kehle und verzog die Lippen, als reiche allein die Erinnerung aus, um ihn die Schwertklinge wieder spüren zu lassen. Seine andere Hand blieb weiter auf ihrem Arm liegen; oder auch nicht - seine Fingerspitzen strichen sanft und anscheinend beiläufig über ihre Haut, und eigentlich hätte die Berührung allmählich unangenehm werden müssen, denn seine Fingerspitzen waren rau und so hart wie altes Holz und strichen immer wieder über dieselbe Stelle, aber das genaue Gegenteil war der Fall.
    »Und wieso hat sie dich nicht getötet?«
    »So genau weiß ich das selbst nicht«, gestand Dragosz. »Ich nehme an, ein einziges falsches Wort hätte genügt, und sie hätte es getan.« Er nahm endlich die Hand herunter - die von seinem Hals, nicht die von ihrem Arm - und lächelte erneut gequält. »Wahrscheinlich hat sie die Geschichte nicht geglaubt, die dieser.?«
    »Grahl.«
    »Grahl.«, Dragosz nickte, ». erzählt hat. Wäre es anders gewesen, wäre es vielleicht übel für mich ausgegangen.« Plötzlich grinste er. »Ich weiß gar nicht, warum ich dir das erzähle. Wenn meine Leute erfahren, dass ich von einer Frau besiegt worden bin, bin ich erledigt.«
    »Du meinst, ich habe dich jetzt in der Hand?«, fragte Arri mit einem treuherzigen Blick.
    »Ja«, seufzte Dragosz. »Dumm von mir.«
    »Mach dir keine Sorgen«, beruhigte ihn Arri. »Ich werde dich nicht verraten - jedenfalls nicht, so lange du tust, was ich von dir verlange.«
    »Wieso überrascht mich nicht, dass du das sagst?«, murrte Dragosz. Sein Gesicht verfinsterte sich, aber seine Fingerspitzen spielten weiter mit ihrem Handgelenk und schienen jetzt den Takt zu einem lautlosen Lied zu trommeln. »Habe ich schon erwähnt, dass du deiner Mutter sehr ähnlich bist?«
    »Ein oder zwei Mal.« Plötzlich spürte Arri, wie kalt es wirklich geworden war. Ein eisiger Schauer lief über ihren Rücken, und sie bekam eine Gänsehaut. Dragosz zog sie ein wenig dichter an sich heran und

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